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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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wobei sie mit dem weiblichen Drachen bis jetzt auch kein rechtes Glück gehabt hatte. Die Vorstellung, dass seine Mutter bei etwas versagen könnte, flößte Colin ein seltsam schwankendes Gefühl ein, halb freudig, halb erschrocken.
    Auf Anweisung seiner Mutter hin kam Caesar aus Gideons Gemächern herunter, um die beiden Jenkins-Kinder auf ihre Zimmer zu bringen. Colin mied den gebückten alten Schwarzen. Er hatte einmal den Fehler begangen, Caesar als Diener zu bezeichnen – wie sonst sollte man jemanden nennen, der Gideon alles aufs Zimmer brachte, ihm allabendlich das Bett aufschlug, ihm die Badewanne einlaufen ließ und die Kleider zusammenlegte? –, aber Caesar hatte ihm das übelgenommen. Als der Mann sich aufrichtete, hatte Colin feststellen müssen, dass Caesar in Wirklichkeit recht groß war und ziemlich furchteinflößend sein konnte.
    »Nenn mich nie wieder so!«, hatte Caesar gesagt, und sein müdes, faltiges Gesicht hatte einen völlig anderen Ausdruck angenommen. »Ich arbeite für Gideon, weil ich außer Arbeit nichts kenne und weil ich ihm von früher einen großen Gefallen schuldig bin, aber ich bin niemandes Diener. Nie wieder, hörst du, Junge? Hörst du?«
    Colin hatte damals nur »ja« piepsen können. Seitdem tat er sein Bestes, um dem Kerl aus den Weg zu gehen.
    »Kommt, Kinder«, sagte Caesar jetzt, während er Tyler und Lucinda wegbrachte. »Müsst müde sein, ihr zwei. Habt echt was erlebt, echt was erlebt. Auf der Ordinary Farm geht’s anders zu als anderswo, das habt ihr jetzt gemerkt. Da kann jeder von müde werden. Kommt, ab ins Bett!«
    Als sie fort waren, stand Colin in der stillen Diele, zu aufgewühlt zum Schlafen, zu voll von bitteren Gedanken. Gideon hatte sich tatsächlich nicht entblödet zu sagen, Colin würde es genießen, diesen Sommer »Gleichaltrige« auf der Farm zu haben. Als ob diese Kinder sich in irgendeiner Weise mit ihm vergleichen könnten! Als ob er ein Kind wäre und nicht in jeder Hinsicht außer der rechtlichen ein Erwachsener! Denn das musste man sein als Jugendlicher, wenn man keinen Vater hatte und eine Mutter, die niemals über ihr früheres Leben sprach und den eigenen Sohn mehr wie einen Assistenten behandelte. Unter dem Strich hoffte er, dass Gideon ein für allemal gelernt hatte, wem er trauen konnte und wem ganz offensichtlich nicht.
    Colin Needles Aufmerksamkeit wurde plötzlich von einem weißen Rechteck erregt, das auf einem Silbertablett lag. Es war das Tablett, auf dem Caesar die Post und andere Papiere nach oben brachte, die Gideon sehen musste. Den Alten hatten die Ereignisse des Abends offensichtlich durcheinandergebracht, und er hatte das Tablett mit einem Häuflein noch nicht ausgehändigter Briefe auf einem Tisch liegenlassen, der nahe der Tür zur Küche stand. Colin schlich heran, um die Kuverts durchzuschauen.
    Futterrechnungen. Materialrechnungen. Eine Postkarte für die Blagen von ihrer Mutter und zwei Briefe von einem Anwalt – Colin kannte den Namen nicht, obwohl es keineswegs das erste Mal war, dass er in Gideons Korrespondenz herumschnüffelte. Noch mehr Rechnungen. Finanzamt – das mussten Steuern sein. Viel Geld ging weg, wie üblich, aber nichts kam herein. Kein Wunder, dass Gideon vor Stress und Sorge immer halb wahnsinnig war. Ah, aber was war das? Colins Herz schlug schneller, als er das graue Kuvert erkannte. Auf einen dieser Briefe hatte er gewartet, gehofft.
    Er spitzte die Ohren, um sich zu vergewissern, dass niemand kam, dann nahm er den Brief. Der Absender in der Ecke bestätigte, was er vermutet hatte: Jude Modesto Antiquities, Santa Barbara, California. Er war von dem Antiquitätenhändler, mit dem Gideon immer so geheimnisvoll tat, obwohl Colin ihr Arrangement längst durchschaut hatte. Aber viel wichtiger für ihn waren die Informationen, die er enthielt, darunter die Emailadresse des Mannes.
    Colins Mutter und Caesar waren immer noch oben. Die Köchin Sarah und ihre Helferinnen würden hier sehr bald mit den Essensvorbereitungen beginnen. Ihm blieben höchstens Minuten. Colin steckte sich das graue Kuvert unter den Pullover und eilte in die leere Küche und geradewegs zum Wasserkessel.
    Ein wenig Dampf, und der zugeklebte Briefumschlag ging so sauber auf wie eine der hellen Blumen im Garten seiner Mutter, wenn sie in der Frühlingssonne ihre Blütenblätter entfalten. Colin zog den Brief heraus und las ihn hastig durch:
    Lieber Mr. Goldring,
    selbstverständlich wäre mir ein Treffen mit Ihnen recht, mehr

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