Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
Vom Netzwerk:
aber die altmodischen elektrischen Lampen, die er überall auf der Farm gesehen hatte, hingen auch in diesem großen Saal, hoch oben an den Dachbalken wie auch an langen Kabeln über Sitzgruppen mit dick gepolsterten Sesseln und Sofas. Tyler hatte das erregende Gefühl, dass die ganze Anlage tatsächlich ein Palast war, wenn nicht gar eine vergessene alte Stadt. Wo man hinging, stieß man auf etwas Verrücktes und Wunderbares. Er hätte nie gedacht, dass es an einem Ort so viele Bücher geben könnte – dies hier war ein Bücherpalast, ein ganzes Reich von Büchern.
    Schade, dass sie so viel Platz dafür verschwendet haben, dachte Tyler. Es hätte ein echt krasser Spielraum sein können.
    Bücher waren schließlich voll langweilig, und gewöhnlich gab er sich so wenig wie möglich damit ab, vor allem deshalb, weil seine Mutter ständig davon redete, dass Kinder, die lasen, besser waren als die anderen, die nicht lasen – besser als so stumpfsinnige Videospieler wie ihr eigener Sohn, sollte das heißen. Aber Tyler wusste das besser. GameBoss und Fernsehen waren viel, viel spannender als fast jedes Buch, besonders als diese alten Bücher hier ringsherum, von denen die meisten bestimmt noch nicht einmal Bilder hatten.
    Trotzdem, der Raum selbst, musste er zugeben, war ziemlich cool.
    Er ging ein kleines Stück den breiten Mittelgang hinunter, bis er unter der Kuppel in der Dachmitte stand. Auch die Kuppel hatte kleine Fenster, und sie war innen mit allerlei sonderbaren Sachen bemalt, Tieren, Bäumen und fremden Buchstaben, die er nicht lesen konnte. Er schritt darunter auf und ab, rief empor und lauschte auf das Echo, das von der hohen Decke und der Kuppel zurückgeworfen wurde.
    Draußen verschwand die Sonne hinter einer Wolke. Es wurde finster, und mit einem Mal gefiel der Raum Tyler gar nicht mehr so gut. Er fing an, Lampen anzuknipsen, wobei er auf Sessel steigen musste, um einige der hohen Schalter anden Wänden zu erreichen. Staub stob von den Polstern auf, und er musste niesen. Nicht alle Schalter funktionierten, doch als genügend Lampen ein warmes Licht spendeten, wirkte die Bibliothek wieder einladend und gemütlich. Tyler fing an, Staub von den Sofas zu bürsten. Er fühlte sich ein wenig wie Schneewittchen, als er sie ausprobierte. Wenn ihm eines gefiel, streckte er sich der Länge nach darauf aus und legte seine schmutzigen Sneaker auf die Polsterlehne, dann schob er sich die Hände hinter den Kopf und sah sich mit dem Gefühl um, Herr über ein ganzes Haus zu sein.
    Könnte man sich dran gewöhnen, dachte er bei sich. Da sah er sich einem durchdringend blickenden Augenpaar gegenüber.
    Mit einem Schrei sprang er auf. Im nächsten Moment musste er über sich lachen, obwohl sein Herz immer noch raste. »Du Pfeife!«, sagte er laut. Was ihn erschreckt hatte, war nur das blöde alte Gemälde eines Mannes, der von der Wand auf ihn herabsah und dessen stechende Augen im Schein der Glühbirnen fast lebendig wirkten.
    Es war nicht Onkel Gideon. Der Mann auf dem Bild hatte zwar ungefähr dessen Alter, aber seine Kleidung war richtig altmodisch, ein langer Mantel mit hohem weißen Kragen, und auch sein Gesicht war anders geschnitten. Vielleicht der Typ, der das Farmhaus gebaut hatte? Wie hatte er noch mal geheißen – Octavio irgendwas? Ja, das war es, Octavio Tinker. Der musste es sein, beschloss Tyler. Der Mann, der für dieses ganze verrückte Anwesen verantwortlich war.
    Der Mann auf dem Bild sah in der Tat ein wenig wie ein spleeniger Wissenschaftler aus. Seine dunkelgrauen Haare standen ihm über den Ohren ab wie kleine Flügel, und seine Schnurrbartspitzen kringelten sich wie bei einer Witzfigur. Tyler konnte sich gut vorstellen, wie er sie zwischen den Fingern zwirbelte und sagte: »Und jetzt … zittert vor meinem Todesstrahl!«
    Aber er sah nicht komplett wie ein Schurke aus. Ein Hund saß entspannt zu seinen Füßen, ein kleiner schwarzweißer, dessen Rasse Tyler nicht kannte, und Octavio hielt einen Gegenstand in der Hand, der zwar mysteriös, aber nicht besonders bedrohlich wirkte, ein auffälliges Konstrukt aus goldglänzendem Metall, braunem Holz und gläsernen Linsen.
    Tyler trat vor das Bild und beäugte das Ding, aber er wurde nicht schlau daraus – es sah aus wie etwas aus einer Kindergeschichte, irgendein magisches Sehgerät.
    Wahrscheinlich bloß ein altmodisches Mikroskop, dachte sich Tyler. In früheren Zeiten haben sie das wahrscheinlich für die coolste Erfindung überhaupt

Weitere Kostenlose Bücher