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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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gehalten. Mann, wären die ausgeflippt, wenn sie einen GameBoss gesehen hätten!
    Interessant allerdings war der eindringliche Blick, mit dem der Mann auf dem Bild nicht den Betrachter fixierte, wie Tyler zuerst angenommen hatte, sondern etwas … dahinter. Tyler drehte sich um, weil er sich fragte, ob vielleicht ein anderes Porträt an der Wand gegenüber den Blick erwiderte, aber er sah nur eine sehr schlichte dunkle Tür zwischen zwei hohen Bücherregalen.
    Sowie Tyler auf die Tür zuging, spürte er ein leises Kribbeln im Nacken, als ob der alte Octavio hinter ihm aus dem Bilderrahmen steigen könnte. Er wusste, dass das kompletter Quatsch war, aber er sah sich trotzdem um. Der schnurrbärtige Wissenschaftler hatte sein Gemälde nicht verlassen und starrte mit grimmiger Belustigung ins Weite.
    Ein alter Messingschlüssel mit einer daranhängenden Garnschlaufe steckte schon im Schlüsselloch, als ob jemand die Tür gerade erst abgeschlossen hätte. Tyler machte sie vorsichtig auf, halb in der Erwartung, einen Leichnam dahinter zu finden(oder einen halbtoten mörderischen Zombie oder sonst etwas, das in einem Horrorfilm vorkommen würde). Stattdessen blickte er in ein halbwegs normales altes Schlafzimmer mit einem Himmelbett und einer großen Waschkommode. Er ging ein paar Schritte hinein und blieb stehen. Hier drin lag nur wenig Staub, und die Luft schien anders zu sein als in der Bibliothek direkt nebenan – stickig und beklemmend.
    Die Waschkommode hatte ein altes Marmorbecken und einen Krug für Wasser. Hinter dem Becken fassten Mahagonisäulchen einen großen Spiegel ein. Tyler trat an die Schüssel, angezogen von etwas, das er nicht gleich benennen konnte – bis er es sah: Das Zimmer im Spiegel glich nicht exakt dem, in dem er sich befand. Hier, wo Tyler stand, schien kein Licht mehr durch das Fenster hoch oben an der Wand gegenüber dem Bett. Aber im Kommodenspiegel war das Zimmer heller, und er konnte erkennen, dass der Himmel draußen vorm Fenster noch nachmittagsblau war.
    Ein eisiger Schauder lief ihm über den Rücken, und seine Kopfhaut prickelte.
    Er trat dichter an den Spiegel heran, wurde aber plötzlich von etwas am Boden abgelenkt, das unter der Waschkommode hervorlugte. Tyler bückte sich und hob es auf. Es war ein abgerissenes altes Stück Papier, fleckig und mit zerfetzten Kanten. Es war in einer mageren, altmodischen Handschrift beschrieben, aber um es zu lesen, war es zu dunkel. Er sah wieder auf. Das Licht im Spiegel war immer noch anders. Er streckte die Hand nach dem Spiegel aus, und sein Spiegelbild machte es genauso.
    Der gespiegelte Tyler hatte eine Uhr um, die Taucheruhr, die sein Vater ihm zum zwölften Geburtstag geschenkt hatte, mit all den Zifferblättern und Extras, die er noch gar nicht zu benutzen gelernt hatte.
    Aber er hatte die Uhr auf dem Tisch in seinem Zimmer liegengelassen. Er hatte nichts am Handgelenk als Sommersprossen.
    Das Blut dröhnte ihm in den Ohren. Tyler hob den anderen Arm, und der Tyler im Spiegel tat das gleiche, völlig synchron. Der Tyler hier und jetzt hielt das Stück Papier in der Hand; die Hand des Spiegelbilds war leer.
    Mit offenem Mund glotzte er den Spiegel an, und dabei sah er noch etwas. In der gespiegelten Tür hinter ihm stand jemand in einem dunklen Kapuzenmantel und beobachtete ihn.
    Vor Schreck stieß Tyler einen schrillen Schrei aus, der in dem kleinen Zimmer kurz und trocken widerhallte. Als er herumwirbelte, war niemand zu sehen. Er stürzte aus dem Spukzimmer in den Bibliotheksgang und blieb stehen, um nach Schritten zu lauschen, nach irgendeinem Hinweis darauf, dass die Erscheinung im Kommodenspiegel tatsächlich in diesem Moment hier bei ihm war und es auf ihn abgesehen hatte. Krallenfinger klammerten sich in seinen Nacken.
    Als er endlich zu kreischen aufhörte und weder Werwolf noch Vampir ihn gepackt hatte, rappelte Tyler sich auf – er hatte mit den Händen überm Kopf am Boden gelegen – und entdeckte eine höchst verängstigte Zaza, die am nächsten Bücherregal hing und deren große Augen deutlich verrieten, dass sie noch nie zuvor einen Jungen bei einem totalen Schissanfall erlebt hatte.
    »Also du warst das, hm?« Tyler versuchte zu lachen, auch wenn außer dem Affen niemand da war, dem er damit etwas vormachen konnte. »Du alter Bananenfresser. Hätte ich mir ja denken können. Schmeißt sich einem an den Hals …«
    Aber falls die fliegende Äffin nicht hin und wieder auch einen Kapuzenmantel trug, erklärte das

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