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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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verständnisvoll und legte ihre kalte Hand auf Lucindas. »Entschuldige, ich möchte dich nicht drängen, wenn es dir schwerfällt, über sie zu sprechen. Es ist wohl nicht einfach, mit ihr zurechtzukommen?«
    »Ja, manchmal«, bestätigte Lucinda. »Sie hört mir gar nicht richtig zu.« Sie legte die Stirn in Falten, versuchte sich zu erinnern. »Was sie gesagt hat? Gott, sie redet die ganze Zeit, aber sie sagt nie wirklich was. Ah ja. Sie sagte, sie hätte gar nicht gewusst, dass wir einen reichen Verwandten haben, und wir sollten ihn ja nicht verschrecken. Ooh«, machte sie und spürte den lustvollen Kitzel des Verbotenen, »ich würde Ihnen am liebsten alles erzählen.«
    »Dann tu das doch, Liebes«, sagte Mrs. Needle lächelnd. »Wir werden so gute Freundinnen sein! Ich verspreche dir, eine bessere Zuhörerin als mich wirst du nirgends finden.«
    Lucinda redete und redete und offenbarte mehr, als sie jemals im Leben einem Menschen erzählt hatte. Sie wusste gar nicht, warum sie heute so viel erzählen wollte, aber es kam ihr ganz natürlich vor, alle möglichen Geheimnisse zu verraten, und während sich draußen vor dem Fenster der Himmel von Dunkelrot zu Schwarz verfärbte, saßen die beiden wie alte Freundinnen in dem Zimmer zusammen, das den Duft weißer Lilien und ganz schwach den Geruch von Blut verströmte.

10
    BANANENFRESSER
    N ach dem Besuch des Seeungeheuers Eliot war Tyler erst einmal erschöpft, aber als er auf dem Bett lag und fühlte, wie der Nachmittag immer heißer wurde, begriff er nach wenigen Minuten, dass ihm das Einschlafen schwerer fallen würde als früher in Kindertagen am Abend vor Weihnachten. Wie konnte er einfach hier liegen? Er war mitten im größten Abenteuer, das je ein Junge erlebt hatte – wie direkt aus dem Film mit den spektakulärsten Spezialeffekten des Jahres. Dagegen war ein spitzenmäßiges Videospiel wie Deep End nicht viel besser als Pong oder sonst etwas Vorgeschichtliches. Drachen! Einhörner! Seeschlangen!
    Wie, wenn es hier auch richtige Dinosaurier gäbe? Oder außerirdische Monster? Und wo waren sie alle hergekommen?
    Ein Kratzen am Fenster riss ihn aus seinen Gedanken. Etwas hockte auf dem Fensterbrett, ein grauweißes Bündel mit einem rosigen Gesicht und zwei großen Augen.
    Der Affe! Der fliegende Affe!
    Tyler ging langsam und vorsichtig zum Fenster, um ihn nicht zu verschrecken. Das Tierchen erwiderte seinen Blick und ließ sich nicht stören. Es war nicht sehr groß, keine dreißig Zentimeter, und hatte einen grünlich grauen Rücken, einen hellen Bauch und eine hochstehende graugrüne »Fellmütze« auf seinem runden Köpfchen, die an eine Frisur aus einem zum Piepen antiquierten Musikvideo der achtziger Jahre erinnerte. Das Erstaunlichste an ihm waren natürlich die Flügel, obwohl sie im Moment zusammengelegt und schwer zu erkennen waren. Es hatte kein eigenes Flügelpaar auf dem Rücken wie ein Engel (oder wie die einzigen fliegenden Affen, von denen er wusste, die im Zauberer von Oz), sondern sie waren eher wie bei einer Fledermaus zwischen Armen und Knien gespannt.
    Wie hatte Onkel Gideon es genannt?
    »Zaza?«, sagte er leise. Das Äffchen legte den Kopf schief und starrte ihn an, als ob er von ihnen beiden das befremdlichere Geschöpf wäre. Tyler hob die Hand, um die Scheibe zu berühren. »Zaza?«
    Das Äffchen ließ sich so unerwartet nach hinten vom Fensterbrett kippen, dass Tylers Herz einen Moment aussetzte, doch die kleine Äffin breitete nur die Flügel aus und schwebte in einem gemächlichen Bogen auf den Kirschbaum unter Lucindas Fenster. Dort ließ sie sich kopfunter von einem Ast hängen und beobachtete ihn weiter mit ihren glänzenden dunklen Äuglein, als ob sie auf etwas wartete.
    Sie schien zu wollen, dass Tyler ihr folgte.

    Er wusste nicht, wie er durch das verwirrende Labyrinth von Treppen und Fluren nach unten ins Erdgeschoss und von dort nach draußen fand – er schien mit dem Haus besser klarzukommen, wenn er nicht zu viel darüber nachdachte –, aber wenige Minuten später stand er unter dem Kirschbaumast und blickte zu dem geflügelten Affen auf. Das trockene Gras knisterte unter seinen Füßen, und es surrte und schwirrte allerlei durch die heiße Luft.
    »Heißt du tatsächlich so, hm? Zaza? Ein komischer Name.«
    Die Äffin gähnte, als könnte Tyler von ihr aus reden, was er wollte: Sie war nicht so unhöflich, sich dazu zu äußern. Auf einmal ließ sie sich überraschend vom Baum auf seine Schulter fallen. Tyler

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