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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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kämmen.«
    Tyler verdrehte die Augen, machte ihr aber Platz. »Sieh zu, dass es nicht ewig dauert. Mann, du solltest mal die ganzen irren Sachen sehen, die es auf dieser Farm gibt, Luce. Ich hab ein paar Stunden mit Ragnar die Runde gemacht – du weißt schon, der Typ mit dem Bart.«
    »Hör gefälligst auf, so rumzuhopsen, oder warte draußen, ja?«
    »Ich mag Ragnar. Aber diesen Colin, den hab ich echt gefressen.«
    »Stänker nicht immer an Colin rum. Er hat dir doch nichts getan, oder?«
    »Warum? Magst du ihn etwa?« Tyler blieb in der Tür stehen und sah sie entsetzt an. »Na, bravo! Meine Schwester ist in den Aushilfsschurken vom Dienst verknallt.«
    »Tyler! Er ist kein Schurke. Sei einfach still. Ich hab Kopfweh.«
    »Komm schon, Luce!« Jetzt sprang er im Flur auf und ab.
    »Ich komme gleich!« Sie knallte die Tür zu, aber die Einzige, der das etwas ausmachte, war sie selber.

    Normalerweise hätte das dafür gesorgt, dass sie sich stundenlang anschwiegen, aber während sie in der heißen Sonne auf dem Pferdewagen saßen, redete Tyler unentwegt auf sie ein. Zuerst machte sie das nur gereizter, als sie ohnehin schon war, aber dann merkte sie, dass Tyler ausnahmsweise einmal wirklich zu kommunizieren versuchte. Es war fast, als wäre ihr kleiner Bruder von einem Körperfresser ersetzt worden.
    »Es laufen hier so unheimlich viele Sachen!«, sagte er. »Ich hab versucht, dich zu wecken, bevor wir am Morgen los sind, aber du hast voll geschnarcht. Es war so cool! Ragnar hat mich die Greifen füttern lassen. Sie sind ganz klein. Es sind keine Eltern da. Sie haben was von Vögeln, Adlerschnäbel und so, aber ihre Körper sind völlig anders. Ragnar hat gesagt, die Leute hätten früher gemeint, sie wären halb Löwe, aber bloß deshalb, weil sie so gelb sind wie Löwen und dieses komische flauschige Fell hinten haben, wo die Federn aufhören.«
    »Und warum will uns niemand verraten, wo sie herkommen? Wieso die Geheimniskrämerei?«
    Mr. Walkwell drehte sich halb auf seinem Bock um, als wollte er etwas sagen, doch stattdessen schnalzte er nur mit den Zügeln und knurrte dem Pferd etwas zu.
    »Ich weiß«, sagte Tyler leise. »Das hab ich Ragnar auch gefragt. Er sagt bloß, das ist Onkel Gideons Sache. Aber es muss irgend so ein DNA-Ding sein, denn wieso hätten sie sonst Greifenjunge, aber keine Mutter?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Und ich hab auch noch andere Sachen rausgefunden.« Er flüsterte jetzt. »Erzähl ich dir später. Auf der Farm spukt’s.«
    Wenn Lucinda mit ihren Kopfschmerzen etwas nicht hören wollte, dann das.

    Standard Valley war nicht das, was Lucinda unter einer Stadt verstand. Es gab nur zwei Hauptstraßen und ein einziges Einkaufsviertel – falls man eine Tankstelle, eine Futtermittel- und Eisenwarenhandlung, eine Bank, einen Lebensmittelladen und einen Imbiss, alle in einer Reihe gegenüber dem Bahnhof, als »Einkaufsviertel« bezeichnen konnte. Lucinda fand es deprimierend, aber wenigstens war die Sonne hinter dunklen Wolken verschwunden. Es war immer noch drückend heiß, doch die gleißende Helligkeit war weg, und sie meinte sogar, etwas wie Regen in der Luft schnuppern zu können.
    Als der Pferdewagen in die Ortsmitte gerumpelt kam, blickten ein paar Männer auf, die vor einem neben der Tankstelle parkenden Pickup standen. Einer von ihnen, ein grauhaariger Mann mit dickem Bauch und weit zurückgeschobener Baseballmütze, grüßte breit grinsend und rief: »Du fährst ja immer noch das Modell vom letzten Jahr!«
    Zu Lucindas Überraschung gab Mr. Walkwell zurück: »Dafür riecht’s bei mir aus dem Auspuff nach Heu!« Und dann lächelte er tatsächlich. Sie brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass der maulfaule, knurrige Walkwell sich nicht nur verhalten hatte, als würde er den Mann kennen, er hatte sich sogar einen Scherz erlaubt.
    »Wer ist das?«, fragte sie.
    »Hartman«, sagte Mr. Walkwell. »Ihm gehört die Tankstelle. Ich habe im Leben schon üblere Burschen als ihn kennengelernt.« Was wohl bedeutete, dass er ihn irgendwie mochte.
    »Sieh mal!«, rief Tyler, als sie vor der Futtermittel- und Eisenwarenhandlung anhielten. »Eine Stange, wo man Pferde anbindet! Wie in einem Cowboyfilm!«
    Lucinda, die gerade den letzten Schluck aus einer Wasserflasche trank, interessierte sich mehr dafür, wo sie Lipglossund vielleicht noch Sonnencreme herbekam. Ihre Lippen waren nach nur zwei Tagen schon trocken und rissig, und sie konnte sich blühend vorstellen,

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