Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachenreiter von Pern 04 - Drachensinger

Die Drachenreiter von Pern 04 - Drachensinger

Titel: Die Drachenreiter von Pern 04 - Drachensinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
Vom Netzwerk:
sein. Sing mir etwas vor!«
    »Was, Sir?« Sie wollte die Gitarre von der Schulter nehmen.
    »Die brauchen wir nicht«, wehrte er ungeduldig ab. »Was bei mir zählt, ist einzig und allein die Stimme. Ich mag es nicht, wenn unsaubere Töne durch eine schöne Begleitung vertuscht werden … Es ist die Stimme, mit der wir uns verständigen, die Stimme, mit der wir an das Innere anderer Menschen heranzukommen versuchen, die Stimme, die Gefühlsregungen weckt: Tränen, Lachen, Vernunft. Deine Stimme ist das wichtigste, vielseitigste, erstaunlichste Instrument, das es gibt. Und wenn du diese Stimme nicht richtig, nicht nutzbringend einzusetzen verstehst, kannst du ebensogut zu deiner kleinen Klitsche am Meer zurückkehren.«
    Menolly war so fasziniert von dem vollen Klang und der Farbigkeit seiner Stimme, daß sie kaum auf den Inhalt achtete.
    »Nun?« fragte er.
    Sie blinzelte, merkte jetzt erst, daß er auf ihren Gesang wartete, und holte tief Luft.
    »Nein, nicht so! Unfug! Du atmest von hier …« Und er spannte die Finger um seinen faßförmigen Bauch. »Durch die Nase, so …« Er sog die Luft ein, bis der ohnehin mächtige Brustkorb noch größer wirkte. »Dann die Luftröhre hinunter – zum Bauch …« Seine Stimme war mit einemmal eine ganze Oktave tiefer. »Wenn du richtig atmest, kommt die Luft zum Singen vom Bauch her.«
    Sie atmete, wie er es vorgemacht hatte, stieß die Luft aber wieder aus, weil sie nicht recht wußte, was sie singen sollte.
    »Bei der Burg, die uns schützen möge!« Und er rollte die Augen nach oben, als käme von dort die Geduld, um die er flehte. »Das Mädchen sitzt einfach da! Sing, Menolly!«
    Menolly wollte ja, aber er unterbrach sie ständig. Sie merkte, daß sie im Sitzen nicht gut durchatmen konnte, erhob sich und begann die Ballade, welche die Lehrlinge am Vormittag geübt hatten. Einen Moment lang hegte sie den Wunsch, laut und kräftig loszuschmettern, um ihm zu zeigen, daß nicht er allein einen Raum mit seiner Stimme ausfüllen konnte, doch dann besann sie sich auf Petirons Ratschläge und gab ihrer Stimme mehr Fülle als Lautstärke.
    Er schaute sie nur an.
    Sie hielt den letzten Ton, ließ ihn verklingen, als entfernte sich der Sänger, und dann sank sie auf den Hocker. Sie zitterte, und ihre Füße begannen dumpf zu pochen.
    Meister Shonagar saß immer noch da, die massigen Kinnfalten auf die Brust gedrückt. Dann hob er den Kopf und starrte sie an, die buschigen Brauen zu einer Hecke zusammengezogen.
    »Und du bleibst dabei, daß Petiron deine Stimme nicht ausgebildet hat?«
    »Nicht so wie Sie!« Mechanisch preßte Menolly beide Hände gegen den flachen Bauch. »Er hat mir nur immer gesagt, ich solle mit dem Herzen singen.« Shonagar zog die Brauen noch stärker zusammen. »Ich meine – ich kann lauter singen, wenn ich will«, fügte sie hastig hinzu.
    Er hob den Finger und stocherte damit umher. »Röhren kann jeder Idiot. Röhren kann selbst Camo. Aber das hat mit Gesang nichts zu tun.«
    »Petiron hat immer gesagt: ›Wenn du laut singst, hören sie nur Lärm, nicht aber den Klang und den Sinn!‹«
    »So? Das hat er dir gesagt? Meine Worte! Genau meine Worte! Also habe ich nicht ganz umsonst gepredigt.« Der letzte Satz war fast ein Selbstgespräch. »Petiron war klug genug, seine Grenzen zu erkennen.«
    Insgeheim sträubte sich Menolly gegen diese Herabsetzung. Prinzessin am Fenstersims begann zu zischen, und Rocky und Taucher unterstützten sie.
    Meister Shonagar hob den Kopf und betrachtete die Tiere verblüfft.
    »So?«
    Er richtete seinen scharfen Blick auf Menolly.
    »Diese hübschen Geschöpfe drücken aus, was die Herrin fühlt? Und du hast Petiron geliebt und willst kein böses Wort über ihn hören?«
    Er beugte sich leicht vor und stach mit dem Zeigefinger in ihre Richtung.
    »Paß auf, Menolly, du schnelle Läuferin! Wir alle haben unsere Grenzen, und weise ist der, der sie erkennt.«
    Er ließ sich zurückplumpsen.
    »Ich wollte den verstorbenen Petiron nicht beleidigen. Für mich war das ein Lob.«
    Er hielt den Kopf wieder schräg.
    »Dir konnte gar nichts Besseres zustoßen, denn Petiron pfuschte nicht herum, sondern wartete ab, bis ich deine Stimmausbildung übernehmen würde. Bis ich das Naturtalent schleifen und verfeinern und eine schöne, klare Singstimme daraus machen würde.«
    Der Meister atmete tief aus.
    Jetzt erst, da seine Grimassen sie nicht mehr ablenkten, begriff Menolly den Sinn seiner Worte.
    »Sie meinen – ich kann

Weitere Kostenlose Bücher