Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
fürchten.«
»Wir vielleicht nicht?«
»Sie wußte um die Gefahr, Jaxom, ehe die Menschen auf Pern eine Ahnung davon hatten.«
Instinktiv wandten sich beide nach Osten, dem unheilvollen Stern zu.
»Was schließt du daraus?« fuhr Menolly geheimnisvoll fort.
»Ich? Gar nichts. Warum?«
»Feuer-Echsen besitzen ein Erinnerungsvermögen.«
»Jetzt hör aber auf, Menolly! Du willst mir doch nicht weismachen, daß Feuer-Echsen weiter in die Vergangenheit blicken als die Menschen?«
»Hast du eine bessere Erklärung?« fragte Menolly streitlustig.
»Nein, aber das bedeutet nicht, daß es keine bessere gibt.« Jaxom grinste sie an. Dann verdüsterte sich seine Miene mit einemmal. »Du – wenn nun einige der Echsen da droben aus dem Süd-Weyr stammen?«
»Das bereitet mir weniger Kummer. Erstens sitzen sie auf dem Dach und nicht im Saal. Und zweitens können sie nur das in Bilder fassen, was sie verstanden haben.« Menolly lachte leise, eine Angewohnheit, die sie von den schrill kichernden Mädchen aus den vornehmen Familien wohltuend unterschied. »Stell dir mal vor, was für ein Quatsch herauskommt, wenn ein Mann wie T’kul Wansors Gleichungen, übermittelt von einer Feuer-Echse, auszuwerten versucht!«
Jaxom selbst kannte den einstigen Weyrführer vom Hochland kaum, aber er hatte genug von Lytol und N’ton gehört und wußte, daß der Alte sich stur gegen jeden Fortschritt verschloß. Nun, vielleicht hatte der lange Aufenthalt im Süden seinen Starrsinn ein wenig gemildert.
»Sieh mal, ich bin nicht die einzige, die sich Sorgen macht«, fuhr Menolly fort. »Mirrim empfindet ähnlich. Und wenn jemand etwas von Feuer-Echsen versteht, dann ist es Mirrim.«
»Na, setz dich nicht herunter – für eine schlichte Harfnerin gehst du recht geschickt mit ihnen um.«
»Vielen Dank, Baron.« Sie verneigte sich tief. »Hör mal, könntest du rauskriegen, was die Echsen Ruth erzählen?«
»Reden sie denn nicht mit Mirrims grünem Drachen?« Im Moment war Jaxom nicht scharf darauf, sich mehr als nötig mit Feuer-Echsen zu beschäftigen.
»Drachen vergessen alles. Das weißt du. Aber Ruth ist anders…«
»Ganz anders.«
Menolly entging sein trotziger Tonfall nicht. »Was ist dir heute über die Leber gelaufen? War etwa Baron Groghe bei Lytol?«
»Baron Groghe? Weshalb denn?«
In Menollys Augen funkelte der Schalk. Sie winkte ihn näher und flüsterte ihm zu: »Ich glaube, Baron Groghe hat seine dritte Tochter – die häßliche mit dem flachen Busen – als Braut für dich auserkoren.«
Jaxom stöhnte entsetzt.
»Keine Sorge! Robinton will ihm das ausreden. Dieses Unglück tut er dir nicht an.« Menolly musterte ihn belustigt.
»Aber wenn du schon eine Auserwählte hast, wird es Zeit, daß du den Mund auftust.«
Jaxom war wütend, eigentlich nicht auf Menolly, sondern wegen der Neuigkeit, die sie ihm übermittelt hatte; aber es fiel schwer, Botschaft und Botin auseinanderzuhalten.
»Eine Frau hat mir gerade noch gefehlt!«
»Oh? Schon versorgt?«
»Menolly!«
»Schau nicht so empört! Wir Harfner wissen um die Schwächen des Fleisches. Du bist gut gewachsen und siehst prima aus, Jaxom. Und Lytol hat den Auftrag, dich in allen Dingen zu unterweisen…«
»Menolly!«
»Jaxom!« Sie ahmte ihn perfekt nach. »Läßt dir Lytol nie so viel Spielraum, daß du dich mal amüsieren kannst? Ehrlich, Jaxom…« Ihr Tonfall verriet jetzt Ungeduld. »Ich schätze Lytol und Robinton, und ich mag auch F’lar, Lessa und Fandarel – aber was machen sie aus dir? Ein blasses Abbild ihrer selbst! Wo bleibt Jaxom!«
Ehe ihm eine passende Antwort auf diese Unverschämtheit einfiel, fuhr sie mit zusammengekniffenen Augen fort: »Man sagt, der Drache sei wie ein Reiter. Kommt es daher, daß Ruth so – anders ist?«
Mit dieser rätselhaften Frage ließ sie ihn stehen und schlenderte zu den anderen zurück.
Jaxom war empört über die neue Kränkung. Jeder beleidigte ihn. Am liebsten hätte er Ruth bestiegen und wäre weggeflogen.
»Wie ein bockiges Kind!« N’tons Worte fielen ihm wieder ein. Mit einem Seufzer lagerte er sich ins Gras. Nein, er würde nicht ein zweitesmal die Flucht ergreifen. Er mußte Reife beweisen. Menolly sollte nicht die Befriedigung erleben, daß ihre herausfordernden Worte ihn getroffen hatten.
Er starrte zum Fluß hin, wo sein Freund in der Sonne lag, und überlegte: Warum ist Ruth anders? Ist der Drache wirklich wie sein Reiter? Gewiß, sie hatten einige Besonderheiten gemeinsam. Seine Geburt
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