Die Drachenreiter von Pern 12 - Die Delfine von Pern
so darüber nachdenke, hat auch ein sehr wohlgenährtes Herdentier eine Fettschicht. Ich nehme an, es ist in Ordnung. Oh, na ja, mehr als beißen kann er ja nicht.« Einen ununterbrochenen Monolog vor sich hinmurmelnd - den T'lion klugerweise nicht unterbrach - und unter finsteren Bemerkungen über diese äußerst ungewöhnliche Behandlung, schmierte Persellan Taubkraut auf die Ränder der Wunde. »Weiß nicht, ob das Zeugs tief genug eindringt, um irgendwas zu bewirken, aber der Bauernmeister benutzt es immer bei verletztem Vieh, und so sehe ich keinen Grund, warum ich es nicht bei einem Meerestier verwenden sollte.« Zunächst tupfte er es nur zaghaft auf, doch als er sah, daß sein Patient während der Prozedur weder zuckte noch zappelte, wurden seine Bewegungen sicherer.
T'lion half, als er sah, was zu tun war, und mit seinen schmaleren Fingern konnte er die Paste auch dort auftragen, wo die Wunde eng zusammenlief.
»So etwas Verrücktes hab ich mein Lebtag noch nicht gemacht«, brummte Persellan, während er mit der langen, dünnen Nadel, die er sonst für Drachenwunden verwendete, schon zum ersten Stich bereit war. »Noch nie habe ich von etwas so Absurdem gehört, wie einen Fisch zu nähen…«
»Boojie ist kein Fisch«, korrigierte T'lion, doch er lächelte.
»Er ist ein Säuger.«
»Leg die Hände bitte auf beide Seiten der Wunde und versuch, die Wundränder zusammenzudrücken.«
Persellan hatte T'lion keine leichte Aufgabe zugeteilt, und obwohl der Heiler flink arbeitete, krampften sich T'lions Muskeln gegen Ende der Prozedur protestierend zusammen. Doch gemeinsam gelang es den beiden Menschen, die Wunde zu schließen.
»Drei Hände lang…«, sagte Persellan, der die Naht maß, und schüttelte den Kopf. »Ich glaube kaum, daß er das überlebt.
Allein der Schock… Wenn auch Salzwasserwunden gut heilen…« Wieder schüttelte er den Kopf, während er sich das Blut von den Händen schrubbte und dann seinem ebenso blutverschmierten Helfer die Bürste reichte. Er wusch die Nadel und steckte sie wieder in ihre Lederhülle, dann verstaute er sie zusammen mit dem Rest des feinen, starken Zwirns, den er benutzt hatte, in der durchnäßten Heilertasche.
»Was sollen wir jetzt mit Boojie anfangen, T'lion? Ihn hier im flachen Wasser pflegen? Vom Gürtel an abwärts bin ich schon ganz aufgequollen.«
»Afo, was nun?« fragte T'lion, der das Leittier in dem Kreis von zuschauenden Delphinen erblickte, die um den noch immer Boojie in den Klauen haltenden Gadareth versammelt waren.
»Ihr macht gut. Sag Drachen, Boojie loslassen. Wir pflegen ihn.« Mit einer Folge scharfer Pfiffe rief sie ihre Helfer herbei, darunter Gar, Jim und Tana, während Gadareth die Vorderbeine behutsam ins Wasser sinken ließ, bis Boojies Körper frei schwamm. T'lion bemerkte erleichtert eine schwache Flossenbewegung, mit der Boojie erschöpft auf seine Freilassung reagierte. Seine Schulenkameraden sorgten dafür, daß er über Wasser blieb und richteten ihn zum Meer hin aus.
»Dangke! Dangke! Dangke!« ertönte es unerwartet im Chor, als die Gruppe sich langsam zum Meer hinaus in Bewegung setzte.
»Wird er wieder gesund, Natua?«
Die Antwort war ein kleiner Sprung, den T'lion als Bejahung deutete. Sowohl er als auch Persellan schauten schweigend zu, bis die Rückenfinnen von Patient und Helfern kaum mehr zu sehen waren.
»Nie im Leben hab ich so was gemacht«, brummte Persellan, als er aus dem Wasser watete. Nur ein paar Schritte ging er den Strand hinauf, dann ließ er sich der Länge nach in den warmen Sand fallen. »Und ich weiß nicht einmal, ob es was nützt. Aber ich habe mein Bestes getan.«
»Ja, wirklich, Heiler, und dafür bin ich Ihnen sehr dankbar«, antwortete T'lion.
Gaddie, du warst großartig.
Ich weiß. Auch ich habe so etwas noch nie gemacht. Aber der Delphin ist am Leben. Wir alle haben es gut gemacht. Sag das dem Heiler.
»Gadareth sagt auch, Sie hätten es gut gemacht, Persellan«, murmelte T'lion mit müdem Lächeln. Ein Schnarchen war die Antwort. Ein Nickerchen schien dem Jungen eine gute Idee, aber er hatte noch soviel Verstand, zwei der großen Blätter abzupflücken, die man oft benützte, um sich vor den niederbrennenden Sonnenstrahlen zu schützen. Eines legte er auf Persellans Kopf und Gesicht, das zweite nahm er für sich.
Gadareth rollte sich mit sorgsam an den Rücken gelegten Flügeln mehrmals im warmen Sand hin und her, bevor auch er den Kopf auf die Vorderbeine legte und sich in der Sonne
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