Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
sie zugerichtet haben.«
»Recht haben sie!«, räumte Azury ein. »Ich werde die Situation selbst in Augenschein nehmen.« Rasch hob er die Hand. »Das soll nicht heißen, dass ich an Ihren Worten zweifle, aber einen Burgherrn seines Amtes zu entheben … das kann einen schon nervös machen.«
»Sicher, aber eine Burg nicht auf den baldigen Fädenregen vorzubereiten, ist vielleicht noch nervenaufreibender«, hielt Bridgely ihm entgegen.
»In diesem Punkt pflichte ich Ihnen bei«, gab Azury zu. Er blickte über seine Schulter und bat einen der Bediensteten, er möge ihm seine Reitmontur bringen. »Jamson gebärdet sich zögerlich, sagen Sie? Braucht man für eine Amtsenthebung denn nicht ein einstimmiges Urteil?«
»Ja«, bestätigte Bridgely und kniff die Lippen zusammen.
Azury schmunzelte und dankte dem Burschen, der ihm seine Reitkleidung reichte. »Dann sollte ich vielleicht persönlich diesen Zweifler aufsuchen und ein Gespräch mit ihm führen.«
»Glauben Sie, Sie könnten Jamson umstimmen?«
Azury stieg in seine Stiefel. »Er ist zwar ein Dickschädel, aber wir werden ja sehen. Tashvi, Bastom und Franco sind für ein Verfahren, und Paulin schäumt vor Wut auf Chalkin … Wer bleibt da noch übrig? Richud von Ista? Nun, der schließt sich immer der Mehrheit an.« Er stand auf. »Und jetzt lassen Sie uns aufbrechen, ehe ich in meinem eigenen Schweiß ertrinke.«
Azury sprach mit jedem einzelnen der vierzehn Flüchtlinge, die noch im Benden-Weyr untergebracht waren, weil sie aufgrund von Verletzungen oder Entkräftung nicht transportiert werden konnten. Danach knöpfte er sich drei der Wachposten vor.
»Besonders mitteilsam waren sie nicht«, berichtete er hinterher, während in seinen blauen Augen ein gefährlicher Funke glomm. »Aber sie werden noch früh genug erleben, wie Chalkin ihnen ihre Loyalität dankt. Sie behaupten, sie seien von den Pächtern, die sich wie tollwütige Bestien gebärdeten, so bedrängt worden, dass sie die Leute festsetzen und Chalkins weitere Befehle abwarten mussten.« Er grinste humorlos.
»Das widerspricht dem, was die Pächter aussagen«, entgegnete M'shall.
»Zweifellos«, versetzte Azury trocken. »Mich wundert nur, dass die Grenzwächter diesen Ansturm unbeschadet überstanden, während die Pächter zum Teil schwer verletzt wurden. Hier steht wieder einmal Aussage gegen Aussage, doch jeder, der Augen im Kopf hat, kann die Wahrheit erkennen.«
»Gut gesagt«, fand Bridgely »Ich denke, wir sollten uns jetzt mit Richud unterhalten.«
Der Burgherr von Ista war nicht daheim, weil er zum Fischen aufs Meer hinausgefahren war. Die Angelei gehörte zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.
Der Hafenmeister konnte nicht sagen, in welcher Richtung sie nach Lord Richud suchen sollten.
»Aber sein Boot wird von Delphinen begleitet … Sie könnten mit den Drachen Kreise ziehen, vielleicht entdecken Sie ihn dann. Er segelt eine kleine Schaluppe mit einem roten Segel, die ständig von Delphinen umgeben ist. Richud behauptet steif und fest, er könne sich mit ihnen verständigen. Vielleicht stimmt das sogar.« Der ältere Mann kratzte sich den Kopf und schmunzelte über diese märchenhafte Vorstellung.
»In den alten Berichten kann man nachlesen, dass die Delphine tatsächlich die Sprache der Menschen beherrschen«, erwiderte Azury. »Meine Fischer halten in den Großen Strömungen ständig nach Delphinen Ausschau.«
»Na ja, wer's glaubt …«, entgegnete der Hafenmeister gleichmütig und kehrte an seine Arbeit zurück, die darin bestand, die Fischkörbe aus Weidengeflecht zu zählen, die man während der vergangenen Siebenspanne am Kai abgeladen hatte.
Craigath flog mit seinen Passagieren in einer spiralförmigen Bahn aufs Meer hinaus. Er war es, der die Schaluppe erspähte und hielt mit gewaltigem Schwingenschlag darauf zu.
Trotz des breiten Sicherheitsgurts klammerte sich Azury an Bridgely, der vor ihm saß. Bridgely wiederum befürchtete, er könnte mit seinem eigenen schraubstockartigen Griff dem Drachenreiter blaue Flecken zufügen.
M'shall blickte sich grinsend zu seinen beiden Passagieren um. Die Worte, die er sprach, wurden ihm von dem pfeifenden Wind, der sie während des Sturzflugs umbrauste, von den Lippen gerissen. Bridgely sah, wie das Meer näher und näher kam und lehnte sich leicht nach hinten. Er war oft genug auf einem Drachen geritten, um nicht von deren Kapriolen erschreckt zu werden, doch noch nie war er in einem solchen Tempo und in einem so steilen
Weitere Kostenlose Bücher