Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
eigene Flöte aus den Kindertagen. Er schmunzelte, als seine Finger Mühe hatten, die Löcher zu bedecken, denn die Flöte war für die Hände eines Kindes bestimmt. Dann spielte er eine schnelle Tonfolge und sah Sebell auffordernd an. Der Junge grinste verschmitzt und wiederholte die Melodie fehlerfrei.
»Und wie ist es damit?« Robinton spielte ein kompliziertes Arpeggio.
Das Lächeln des Knaben zog sich in die Breite, als er die Flöte an die Lippen setzte und die Weise perfekt imitierte.
»Welche Lehrballade gefällt dir am besten?« fragte Robinton.
Der Junge begann mit der Ballade über die Pflichten, kein simples Stück, und Robinton begleitete ihn, indem er auf seiner Flöte Variationen der Melodie improvisierte. Sebells Augen funkelten angesichts der Herausforderung, und das Lied endete mit einem wahrhaft furiosen Finale, denn Sebell flocht eigene Modulationen ein.
Robinton lächelte erfreut. »Könntest du die Ballade jetzt singen, während ich dazu spiele?«
Der Knabensopran klang glockenrein, und man merkte, dass die Stimme bereits geschult worden war. Sebell kannte zumindest die Grundzüge der Atemtechnik. Der Text wurde mit exakt dem richtigen Maß an Betonung und Gefühl vorgetragen. Shonagar würde aus dem Häuschen sein über diesen neuen viel versprechenden Schüler.
»Man merkt, dass er mit dir verwandt ist, Rantou.«
»Er ist auch mit dir verwandt, Meister Robinton.«
»Ja, sicher, daran hatte ich noch gar nicht gedacht!« Robinton verdrängte den plötzlich aufkeimenden Wunsch, Sebell wäre sein Sohn und nicht der arme zurückgebliebene Camo. »Wir beide sind miteinander verwandt«, bekräftigte er und streckte dem Jungen die Hand entgegen. »Die Harfnerhalle nimmt dich mit Freuden auf, Sebell. Wir können uns glücklich schätzen, ein neues Talent ausbilden zu dürfen.«
»Selbstverständlich erwartet er keine Bevorzugung, auch wenn er dein Verwandter ist, Meister Robinton«, warf Rantou ein.
»Ich täte ihm gewiss keinen Gefallen, wenn ich ihn bevorzugen würde«, entgegnete Robinton.
In diesem Augenblick brachte Silvina die Erfrischungen. Sebell schielte nach den Keksen und schluckte.
»Silvina, ich möchte dir Sebell vorstellen, Rantous Enkel. Sie kommen aus der Heimatburg meiner Mutter und sind mit mir verwandt«, sagte Robinton.
Silvina stellte das Tablett auf den Tisch und streckte die Hand nach Sebell aus. Der sprang von seinem Sitz hoch und machte eine schüchterne Verbeugung, ehe er die Hand ergriff.
»Ein neuer Lehrling?« fragte Silvina interessiert.
»Und ein neuer Sopran, den Shonagar ausbilden kann. Der Junge spielt auch ausgezeichnet Flöte«, erzählte Robinton stolz. Vor Freude über diesen talentierten Neuzugang zauste er die weißblonden Haare des Buben. »Als ich Rantou kennen lernte, war ich jünger als Sebell …«
»Ihr seid Verwandte der Meistersängerin Merelan?« vergewisserte sich Silvina, während sie Klah ausschenkte und die Süßwürze herumreichte.
»Ja, und wir waren sehr stolz auf sie«, antwortete Rantou mit schlichter Würde.
»Und das zu Recht«, räumte Silvina ein. Sie bedachte den neuen Lehrling der Harfnerhalle mit einem wohlwollenden Lächeln, und befangen lächelte der Junge zurück, als sie ihm den Teller mit Keksen hinhielt.
Sebell zog in die Harfnerhalle, ein ruhiger Junge, doch extrem wissbegierig, wenn es um Musik ging. Er schloss sich eng an Robinton an und folgte ihm wie ein Schatten. Nach einer Weile begann er mit Camo zu spielen. Er zeigte ihm, wie man einen Trommelstock hielt und damit die kleine Trommel bearbeitete, die Robinton für seinen Sohn gebaut hatte. Wenn Robinton die beiden Jungen zusammen sah, versetzte es ihm jedes Mal einen Stich ins Herz.
»Der Junge ist sehr lieb zu Camo«, erzählte Silvina ihm eines Abends. »Er ist gar nicht wie die anderen Lehrlinge, die immer irgendwelchen Schabernack aushecken, und den kleinen Camo scheint er aufrichtig gern zu haben.« Sie unterbrach sich und sah Robinton an. »Weißt du, Rob, in Sebell hast du einen Sohn ganz nach deinem Herzen. Und Sebell ist nicht der einzige Lehrling, der dich vergöttert. Gib ihnen ruhig die Liebe, die Camo nicht erwidern kann. Die anderen Jungen haben deine Zuneigung verdient, jeder auf seine Weise, und du nimmst Camo ja nichts weg.«
»Ich wünschte mir, ich könnte etwas für unser Kind tun«, seufzte Robinton.
»Du tust schon sehr viel für Camo. Er liebt dich. Wenn er deine Stimme hört, fängt er gleich an zu lächeln.«
Er sah ein, dass
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