Die Drachenschwestern (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
mal, bist du auf Drogen oder so? Du bist direkt auf mich zu und vor mein Auto gefahren. Falls du Selbstmordgedanken hegst, lass mich bitte aus dem Spiel!“
„Äh nein, tut mir leid, es war keine Absicht. Aber weißt du, dass da ein Drache in deinem Auto sitzt?“
„Wie?“, fragte Kaja mit einem etwas dümmlichen Gesichtsausdruck.
„Ja, ein Drache. Ich konnte einfach den Blick nicht von diesem wundersamen Wesen abwenden und habe gar nicht auf die Straße geachtet.“
„Äh, das musst du dir eingebildet haben“, sagte Kaja hastig, wobei sie einen raschen Blick auf ihr Auto warf, um herauszufinden, ob Lance zu sehen war. Nein, gut, dachte sie, hoffentlich blieb er verschwunden. Sie wandte sich wieder der Frau am Boden zu.
„Hör mal, lass uns ein wenig zur Seite gehen, falls du das schaffst, damit der Verkehr wieder in Gang kommt, okay?“
Stunden später kam sie erschöpft zu Hause an. Sie war noch mit Miri, so hieß die junge Frau, ins Krankenhaus gefahren, war ihr beigestanden, als die Platzwunde am Kopf genäht wurde, hatte mit ihr die restlichen Resultate abgewartet und sie anschließend nach Hause gebracht. Die ganze Aufregung hatte sie Kraft und Nerven gekostet. Vor allem, da Miri an ihrer Behauptung festhielt, sie hätte einen Drachen im Auto neben Kaja sitzen sehen. Kaja war stur geblieben und hatte sich geweigert, auch nur mit einer Silbe auf dieses Thema einzugehen. Was sich als anstrengender erwies als erwartet. In dieser kleinen Person steckte viel Temperament. Sie hatten ihre Adressen ausgetauscht und Kaja hatte ihr versprochen, den Unfall ihrer Haftpflichtversicherung zu melden. Wegen des Fahrrads, das hinüber war und möglichen späteren körperlichen Nachwirkungen. Miri hatte nichts davon hören wollen. Sie behauptete, ja selber schuld gewesen zu sein, aber Kaja bestand darauf. Sie atmete tief ein und wieder aus, während sie ihre Schultern kreisen ließ, um die Anspannung los zu werden. Wenigstens war ihr Auto bis auf einen kleinen Kratzer am Kotflügel heil geblieben.
Lance hatte sich die ganze Zeit über nicht blicken lassen, und das war auch gut so. Kaja kochte nämlich vor Wut. Hatte er nicht versprochen, nur sie könne ihn sehen? Neben dem Schock, den sie heute Nachmittag erlitten hatte, gesellte sich noch ein leises Eifersuchtsgefühl hinzu. Lance war ihr Drache. Den musste niemand sonst sehen!
Jetzt im Haus konnte sie seine Anwesenheit beinahe körperlich spüren. Die Luft summte buchstäblich vor blauer Energie. Wo war er denn bloss? In der Küche und im Wohnzimmer offensichtlich nicht. Sie bewegte sich Richtung Schlafzimmer und kam an der Tür zum Arbeitszimmer vorbei, die einen Spalt offen stand. Sie erblickte Lance, der inmitten eines Berges zerknüllten Papiers saß und auf einem altertümlich anmutenden Federhalter herum kaute. Obwohl der Anblick, den er gerade bot, sie zum Lachen reizte, blitzte sie ihn böse an, als sie eintrat und ihn zur Rede stellte: „Kannst du mir vielleicht erklären, wie das passieren konnte? So was wie heute möchte ich nämlich so bald nicht mehr erleben!“
Lance blickte auf und raufte sich seine inexistenten Haare. „Glaub mir Kaja, ich habe nicht die geringste Ahnung! So etwas ist mir noch nicht passiert, mehr noch, ich wusste gar nicht, dass das möglich ist!“
„Dann hast du also gehört, was sie behauptet hat.“
„Ja, vor Schreck bin ich dann gleich hierher geflüchtet und habe angefangen, Berechnungen zu erstellen.“
Schweigend kniete sich Kaja nieder und strich eines der zerknüllten Blätter glatt. Fremdartige Zeichen bedeckten das Papier, sie starrte es an, ohne einen Sinn darin zu erkennen. „Berechnungen?“
„Ja, zumindest so was ähnliches – ähnlich wie Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Aber es gibt keine passende Formel“, fuhr er fort, unverständliches Zeug vor sich hinmurmelnd. „Hör zu, Kaja, ich muss dringend weg. Ich komme so schnell wie möglich wieder, wenn ich weiß, was hier vor sich geht.“
Kaja nickte nur und verließ das Zimmer.
Ein wenig später tigerte Kaja ruhelos in ihrer Wohnung umher. Sie wusste nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollte. Deutlich konnte sie spüren, dass Lance fort war. Offensichtlich hatte sie sich schon mehr an seine Anwesenheit gewöhnt als sie sich eingestehen wollte. Bei ihren Problemen im Geschäft war sie auch noch nicht wirklich weiter gekommen. Zwar fühlte sie genau, dass die ganze Sache einen bedeutungsvolleren Hintergrund hatte, als es auf den ersten
Weitere Kostenlose Bücher