Die drei !!!, 14, Spuk am See
Zwillinge unterschätzt. Sie hörten erst auf zu grölen und peinliche Knutschgeräusche vonsich zu geben, als die Mühle in Sicht kam und Herr Jülich den Wagen auf einem unbefestigten Schotterplatz neben der Straße parkte. Bis auf den Van war der Parkplatz völlig leer. Die Zwillinge rissen sofort die hinteren Türen auf, schnappten sich ihren heiß geliebten Fußball und sprangen mit lautem Indianergeheul aus dem Auto. Kim atmete auf.
»Puh!« Franzi sah ebenfalls ziemlich geschafft aus. »Mir ist fast das Trommelfell geplatzt von dem Geschrei. Ein Wunder, dass wir nach dieser Fahrt nicht alle taub sind.«
»Manchmal bin ich echt froh, Einzelkind zu sein«, stellte Marie fest. Sie klang so erleichtert, dass Kim grinsen musste.
»Jetzt wisst ihr wenigstens, was ich jeden Tag mitmache.«
»Hier geht’s lang!«, rief Frau Jülich und zeigte auf einen schmalen Feldweg, der vom Parkplatz zur Mühle führte. »Beeilt euch, Frau Schmidt wartet bestimmt schon auf uns.«
Der Weg war von Birken und Obstbäumen gesäumt, deren hellgrüne Blätter sich vom blauen Himmel abhoben. Die Zwillinge stießen ein ohrenbetäubendes Kriegsgeschrei aus und stürzten sich ins Unterholz.
Der Wetterbericht hatte ausnahmsweise einmal recht gehabt. Nach einer längeren Regenperiode schien nun endlich wieder die Sonne. Es war ein herrlicher Frühlingstag. Kim seufzte, als sie daran dachte, was sie an so einem Tag alles hätte machen können: Eine Fahrradtour mit Michi, in der Sonne liegen und einen guten Krimi lesen oder mit Franzi und Marie Eis essen gehen. Stattdessen lief sie hier über einen unebenen Feldweg auf eine alte Mühle zu, die selbst im hellen Sonnenschein irgendwie düster wirkte. Kim ging unwillkürlich langsamer. Die Mühle hatte eindeutig schon bessere Tage gesehen. Das dunkle Holz war von der Sonne ausgebleicht, die Fensterläden hingen schief in den Angeln, und von der grünen Tür blätterte die Farbe ab. Neben dem Feldweg floss ein Bach auf das Gebäudezu, an dessen rechter Seite sich ein großes Mühlrad befand. Die Schaufeln waren mit grünem Moos und Schlick bedeckt und sahen ziemlich eindrucksvoll aus. Im Moment war das Mühlrad allerdings nicht in Betrieb.
»Ob das Mühlrad noch funktioniert?«, überlegte Franzi laut. »Frag das doch gleich Frau Schmidt«, schlug Frau Jülich vor, die ein Stück weiter vorne ging und Franzis Frage gehört hatte. Sie seufzte schwärmerisch. »Ist es nicht traumhaft schön hier? Diese Mühle hat so etwas Wildes und Romantisches …« Kim runzelte die Stirn. Sie fand das dunkle Gebäude eher bedrohlich. Aber wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein. Sie war ein eher ängstlicher Typ und sehr sensibel für Atmosphären und Stimmungen.
Als sie die Mühle erreicht hatten, trat eine Frau aus der grünen Eingangstür. Sie war vielleicht sechzig Jahre alt, klein und drahtig und hatte kurze, dunkle Haare. Sie trug abgewetzte Arbeitskleidung und Gummistiefel und lächelte ihren Besuchern freundlich zu.
»Herzlich willkommen in der Nebelmühle. Ich bin Isolde Schmidt.« Sie streckte Kims Eltern die Hand hin.
»Jülich«, sagte Kims Mutter. »Wir haben telefoniert.«
»Schön, dass Sie gekommen sind.« Frau Schmidt nickte auch den drei !!! lächelnd zu. »Sollen wir gleich mit der Führung beginnen?«
Kims Mutter nickte. »Sehr gerne. Wo stecken denn die Zwillinge?« Sie sah etwas nervös zu dem alten Schuppen hinüber, der neben der Mühle stand und hinter dem lautes Geschrei zu hören war.
»Ich sehe mal nach.« Herr Jülich verschwand um die Ecke. Wenig später kam er zurück. »Ben und Lukas wollen lieber noch etwas Fußball spielen. Ich schlage vor, wir fangen einfach schon mal mit der Führung an.«
Frau Jülich runzelte ärgerlich die Stirn. »So war das aber nicht gedacht! Schließlich sind die beiden heute die Hauptpersonen.«
»Eben.« Herr Jülich blieb ganz ruhig. »Lass sie doch Fußball spielen, wenn sie dazu mehr Lust haben. Schließlich ist heute ihr Geburtstag.«
Frau Jülich schien damit alles andere als einverstanden zu sein, wollte aber offensichtlich vor Frau Schmidt keinen Streit vom Zaun brechen. Kim sah genau, dass sie sich eine scharfe Bemerkung verkniff.
»Na, dann wollen wir mal.« Frau Schmidt machte eine einladende Handbewegung. »Hereinspaziert!«
Kim seufzte. Typisch! Die Zwillinge hatten sich mal wieder geschickt aus der Affäre gezogen. Jetzt hatten die beiden ihren Spaß, während Kim, Franzi und Marie die Führung durch die Mühle
Weitere Kostenlose Bücher