Die drei Ausrufezeichen 45 - Tatort Geisterhaus
überstehen.
»Achtung, Planschkuh auf zwölf Uhr«, raunte Ben seinem Bruder zu, als Kim die Küche betrat. Kim ignorierte die Beleidigung. Seit Marie den Zwillingen den Floh mit James Bond ins Ohr gesetzt hatte, unterhielten sie sich nur noch in einer merkwürdig verschlüsselten Agentensprache.
Kim ließ sich auf ihren Platz fallen. Beim Anblick ihrer Brüder musste sie trotz ihres Schlafmangels grinsen. Obwohl es draußen noch nicht richtig hell war, saßen Ben und Lukas mit dunklen Sonnenbrillen am Frühstückstisch wie zwei zu klein geratene James-Bond-Doppelgänger und schlürften lautstark ihren Kakao.
»Geht das auch etwas leiser?«, fragte Frau Jülich vorwurfsvoll. Kims Vater war hinter der Zeitung verschwunden, wie jeden Morgen.
Kim griff nach einer Scheibe Brot, die sie dick mit Nutella bestrich. Sie brauchte jetzt unbedingt eine extra Portion Zucker, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen.
»Habt ihr den Vokabeltest schon zurückbekommen?«, erkundigte sich Frau Jülich.
Kim biss von ihrem Brot ab und schüttelte stumm den Kopf. Sie hasste es, ihrer Mutter schon beim Frühstück Rede und Antwort stehen zu müssen. Frau Jülich war eine sehr engagierte Grundschullehrerin und legte großen Wert darauf, dass ihre Kinder gute Noten schrieben. Für Kim war das kein Problem, sie gehörte sowieso immer zu den Klassenbesten. Bei Ben und Lukas sah das schon etwas anders aus. Sie interessierten sich mehr für Fußball und Geheimagenten als fürs Lernen.
Herr Jülich ließ die Zeitung sinken, um einen Schluck Kaffee zu trinken. Er lächelte Kim zu. »Guten Morgen, meine Große. Alles klar bei dir? Du siehst etwas müde aus.«
»Alles bestens«, murmelte Kim. Ihre Eltern brauchten nicht zu wissen, dass sie gestern viel zu spät das Licht ausgemacht hatte. Während sie noch einen Bissen von ihrem Nutellabrot nahm, fiel ihr Blick auf die Zeitung, die neben ihrem Vater auf dem Tisch lag. Vor Schreck fiel Kim fast das Brot aus der Hand. Mit einem Schlag war sie hellwach. »Darf ich mal?«, nuschelte sie mit vollem Mund und schnappte sich die Zeitung. Es war der Lokalteil und auf der ersten Seite prangte ein großes Foto. Kim starrte es entsetzt an.
»Was ist denn?«, fragte ihr Vater. »Du bist plötzlich ganz blass.«
Kim konnte den Blick nicht von der Zeitung abwenden. »Das … das ist Oma Lottis Haus«, murmelte sie fassungslos.
Das Geisterfoto war der Aufmacher des Tages. Es handelte sich ohne jeden Zweifel um genau dasselbe Bild, das seit Tagen im Mittelpunkt der Detektivclub-Ermittlungen stand. Es war stark vergrößert und deshalb etwas grobkörnig, aber derSchatten am Fenster war deutlich zu erkennen. Darüber prangte in fetten Lettern eine reißerische Überschrift.
SPUKT ES IN BILLERSHAUSEN?
Kim schnappte nach Luft. Sie zog die Zeitung näher zu sich heran, um den ganzen Artikel lesen zu können.
Billershausen im Oktober. Der Herbst hat die Region fest im Griff. Trübes Wetter, Dunkelheit und Nebel sind an der Tagesordnung. Die perfekten Bedingungen für Geister und übersinnliche Erscheinungen. Sie glauben nicht an Gespenster? Dann schauen Sie sich dieses Foto einmal ganz genau an. Es zeigt ein Haus in dem kleinen und idyllischen Dorf Billershausen, das ein aufmerksamer Leser unserer Zeitung zur Verfügung gestellt hat. Sieht die Gestalt am Fenster nicht wie ein echter Geist aus? In unserer Redaktion hat das Bild jedenfalls für ordentlich Gänsehaut-Feeling gesorgt. Vielleicht ist es ja auch für Sie eine willkommene Ablenkung vom ungemütlichen Oktoberwetter. Haben Sie auch übersinnliche Untermieter? Schicken Sie uns Ihre Geisterfotos! Das beste Bild wird prämiert und der Einsender erhält zwei Freikarten für den Freizeitpark Sugarland in Billershausen. Viel Erfolg und viel Spaß beim Gruseln! KL
Kim sprang auf. »Ich muss los!«
»Jetzt schon?«, fragte ihre Mutter überrascht.
Kim dachte blitzschnell nach. »Ja, ich … äh … ich muss noch was besprechen. Wegen einer Gruppenarbeit, die wir gerade in Deutsch machen.«
Zum Glück hakte Frau Jülich nicht weiter nach. Kim spurtete in den Flur, schlüpfte in ihre Jacke, griff nach ihrem Schulrucksack und dem Sportbeutel und verließ im Eiltempo das Haus.
»Hast du das gesehen?«
Kaum hatte Kim ihr Fahrrad auf dem Schulhof abgestellt, stürmte Franzi auf sie zu und wedelte mit dem Zeitungsartikel vor ihrer Nase herum. Sie musste schon in aller Herrgottsfrühe von zu Hause aufgebrochen sein.
Kim nickte. »Ich konnte es kaum
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