Die drei Ausrufezeichen 45 - Tatort Geisterhaus
Grevenbroich lebte in einer großen alten Villa im schicken Ostviertel. Im Gegensatz zu Oma Lottis Garten wirkte hier alles ausgesprochen gepflegt. Ein Gärtner sorgte dafür, dass der mit Kies bestreute Vorplatz immer ordentlich geharkt, die Beete frei von Unkraut und der Rasen gemäht war. In der Mitte des kreisrunden Vorplatzes stand ein alter Springbrunnen mit einer steinernen Statue in Form eines lächelnden, pausbackigen Engels, aus dessen Füllhorn sich plätschernd Wasser in die Brunnenschale ergoss. Bei einem ihrer letzten Fälle hatte dieser Engel eine Schlüsselrolle gespielt, seitdem hatte er eine ganz besondere Bedeutung für die Detektivinnen.
Im Inneren der Villa ertönten Schritte, dann wurde die Tür geöffnet.
»Hallo, ihr zwei!« Tessa, die Lebensgefährtin von Maries Vater, begrüßte die Mädchen mit einem müden Lächeln. Unter ihrem weiten Shirt wölbte sich ein großer, kugelrunder Bauch. Tessa war hochschwanger, bald würde Marie ein Geschwisterchen bekommen. »Ihr wollt bestimmt zu Marie, oder?«
Kim und Franzi nickten.
»Wie geht es dem Baby?«, erkundigte sich Franzi, als sie die große, repräsentative Eingangshalle betraten. »Ist denn inzwischen klar, was es wird?«
Tessa schüttelte den Kopf. »Das Baby macht es wirklich spannend. Was soll’s, wir lassen uns einfach überraschen. Ich habe alle Sachen für die Erstausstattung vorsichtshalber in neutralen Farben gestrickt.« Sie verzog das Gesicht und rieb sich mit beiden Händen das Kreuz. »Ich hoffe nur, das Baby lässt nicht mehr allzu lange auf sich warten. Mein Rücken bringt mich noch um! Außerdem hopst der kleine Frechdachs ständig auf meiner Blase herum, sodass ich alle fünf Minuten aufs Klo muss.«
Franzi und Kim wechselten einen peinlich berührten Blick. So genau hatten sie es eigentlich gar nicht wissen wollen. Zum Glück kam in diesem Moment Marie die Treppe hinunter. Sie trug ein graues Wollkleid und hatte ihre langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz frisiert. In ihren Ohren funkelten Perlenohrringe. Kim sah von Marie zu Tessa. Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Gegen die unförmige Tessa in ihrer schlabberigen Jogginghose, dem ausgeleierten Shirt und den alten Gesundheitslatschen wirkte Marie richtig seriös. Als wäre sie die Hausherrin und nicht Tessa.
»Da seid ihr ja!«, begrüßte Marie ihre Freundinnen. »Dann kann das Clubtreffen ja losgehen.«
Kim und Franzi folgten Marie die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Sie ließen sich in der gemütlichen Sitzecke im Erker nieder, die Marie mit einem flauschigen Teppich und bequemen Kissen ausgestattet hatte. Auf der Fensterbank brannten Kerzen und erhellten mit ihren flackernden Flammen den trüben Herbstnachmittag.
Kims Blick fiel auf das Wandtattoo, das Marie vor einiger Zeit über ihrem Bett angebracht hatte. Dort stand zwischen pinkfarbenen Rosen und glitzernden Sternen in fließender, hellblauer Schrift: Freunde sind wie Sterne. Du kannst sie nicht immer sehen, aber du weißt, sie sind immer für dich da! Kim lächelte. Diesen Spruch konnte sie nur unterschreiben. Er passte hundertprozentig auf die drei !!!. Auch Kim, Marie und Franzi waren immer füreinander da.
»Tee?«, fragte Marie und schenkte dampfenden Erdbeer-Vanille-Tee in drei Becher.
»Danke!« Kim nahm ihren Becher in Empfang und nippte an dem heißen Getränk.
»Tessa sah ganz schön fertig aus.« Franzi zog ihre Turnschuhe aus und machte es sich im Schneidersitz auf einem großen Kissen bequem. »Wann kommt denn das Baby?«
»In ein paar Wochen.« Marie setzte sich zu ihren Freundinnen. Sie seufzte. »Ich bin wirklich froh, wenn es endlich so weit ist. Tessa watschelt nur noch wie eine lahme Ente durchs Haus und stöhnt über Rückenschmerzen, Harndrang und Schlafstörungen. Nicht auszuhalten!«
Kim grinste. »Ja, uns hat sie auch gerade davon erzählt.«
»Ehrlich?« Marie verzog das Gesicht. »Wie peinlich! Warum muss sie das eigentlich jedem auf die Nase binden? Außerdem lässt sie sich total gehen, was ihr Äußeres betrifft. Habt ihr gesehen, wie sie rumläuft?«
Franzi musste lachen. »Also, das finde ich jetzt nicht so schlimm.«
»Ich schon!« Marie sah ehrlich empört aus. »Sie könnte sich wirklich etwas mehr zusammenreißen.«
»Sei nicht so streng mit Tessa«, riet Kim. »Nach der Geburt wird sich schon alles wieder einrenken.« Sie stellte den Teebecher zur Seite und wechselte das Thema. »Und nun zu unserem Fall: Was haltet ihr von der aktuellen
Weitere Kostenlose Bücher