Die drei Musketiere
tun sei. »Warten,« entgegnete Athos.
Bald darauf ließ die Äbtissin des Klosters den drei Musketieren melden, daß das Begräbnis des Opfers von Mylady um die Mittagsstunde stattfinde. Was die Giftmischerin betrifft, so hörte man nichts von ihr; man wußte nur, daß sie durch den Garten entschlüpft war, erkannte am Boden die Spuren ihrer Tritte, und fand die Tür, von welcher der Schlüssel verschwunden war, wieder zugeschlossen. Lord Winter und die vier Freunde verfügten sich zur angegebenen Stunde in das Kloster; alle Glocken wurden geläutet, die Kapelle stand offen, und nur das Chorgitter war geschlossen. Mitten im Chor war der Leichnam des Opfers in Novizenkleidung ausgesetzt. Auf jeder Seite des Chores und hinter dem Gitter waren alle Karmeliterinnen versammelt, hörten von hier aus den Gottesdienst an und vereinigten ihren Gesang mit dem Gesang der Priester, ohne daß sie die Laien sahen, oder von ihnen gesehen wurden. Am Eingang der Kapelle fühlte sich d'Artagnan abermals mutlos; er wandte sich um, Athos aufzusuchen, doch dieser war verschwunden. Athos ließ sich, seiner Rachesendung getreu, in den Garten führen, verfolgte im Sande die leichten Fußstapfen der Frau, von der überall, wo sie nur erschien, eine blutige Spur zurückblieb, kam bis zu der Pforte, schloß sie auf und vertiefte sich in den Wald. Alle Vermutungen bestärkten sich;der Weg, auf dem der Wagen fortgefahren war, ging um den Wald herum. Athos ging auf demselben eine Strecke fort, die Augen auf den Boden geheftet; leichte Blutspuren, die entweder von der Verwundung des Mannes herrührten, der den Wagen als Kurier begleitete, oder von einem verletzten Pferde, besprengten den Pfad. Etwa nach dreiviertel Meilen, fünfzig Schritte von Festubert entfernt, zeigte sich ein größerer Blutfleck; der Boden war von Pferden zerstampft. Zwischen dem Wald und dieser verräterischen Stelle, eine kleine Strecke hinter dem zerstampften Boden, traf man dieselbe Spur von kleinen Tritten; hier hatte der Wagen angehalten. An dieser Stelle hatte Mylady den Wald verlassen, und war in den Wagen gestiegen. Athos war mit dieser Entdeckung zufrieden, wodurch sich alle seine Vermutungen bestärkten, und kehrte in das Gasthaus zurück, wo er Planchet fand, der schon sehnlichst auf ihn wartete. Alles war so, wie es Athos vorausgesehen hatte. Planchet bemerkte auf dem Wege, den er genommen, ebenso wie Athos die Blutspuren, und erkannte die Stelle, wo die Pferde anhielten; er ging jedoch weiter als Athos. denn er hatte im Wirtshaus des Dorfes Festubert, wo er einsprach, erfahren, daß um halb neun Uhr tags zuvor ein verwundeter Mann, der in einer Postchaise eine reisende Dame begleitete, einzukehren gezwungen war, weil es ihm die Schmerzen nicht erlaubten, weiterzureisen. Man setzte diesen Unfall auf Rechnung von Räubern, die den Wagen in jenem Wald angegriffen haben sollten. Der Mann war im Dorfe zurückgeblieben, aber die Frau nahm frische Pferde und setzte ihre Reise fort. Planchet suchte den Postillon auf, und fand ihn auch. Er hatte die Dame bis Fromelles geführt, von wo sie weiter nach Armentières reiste. Planchet kam auf einem Seitenpfad um acht Uhr nach Armentières. Hier war nur ein Gasthaus, das »Zur Post«. Planchet gab sich für einen dienstlosen Lakai aus, der einen Herrn suchte. Er unterhielt sich noch nicht zehn Minuten lang mit den Leuten dieses Hauses, als er schon in Erfahrung gebracht hatte, um elf Uhr abends sei eine Frau ganz allein angekommen, habe ein Zimmer genommen, den Wirt gerufen und ihm gesagt, daß sie sich einige Zeit in dieser Gegend aufhalten wolle. Planchet hatte nicht mehr zu wissen nötig. Er eilte an den bestimmten Ort der Zusammenkunft, traf da die Lakaien pünktlich an ihrem Posten, stellte sie als Schildwachen vor alle Ausgänge des Wirtshauses und kehrte zu Athos zurück, der eben die letzte Kunde von Planchet vernommen hatte, als seine Freunde wieder zu ihm kamen. Auf den Gesichtern aller hatten sich düstere Wolken gelagert, selbst auf Aramis' Antlitz. »Was soll nun geschehen?« fragte d'Artagnan. »Warten,« entgegnete Athos. Um acht Uhr abends gab Athos Befehl, die Pferde zu satteln, und Lord Winter und seinen Freunden zu melden, da sie sich zu demZuge bereithalten mögen. Alle fünf waren im Augenblick bereit. Jeder suchte seine Waffen und setzte sie in gehörigen Stand. Athos kam zuletzt hinab, und traf d'Artagnan schon ungeduldig zu Pferde. »Geduld, d'Artagnan!« rief Athos, »es fehlt noch einer.« Die vier
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