Die drei Schmiede ihres Schicksals
Schneefelder und von da wieder zurük gewandert war, geschah es eines Tages, da er eben mit seinen Zeichenbüchern und mit dem grauen Roke auf dem Pfade schlenderte, daß Maria leibhaftig gegen ihn daher ging. Ob sie gekleidet war, wie im vergangenen Jahre, ob anders, das wußte er nicht, denn er hatte es sich nicht gemerkt - daß er selber ganz und gar der nehmliche war, wußte er auch nicht, weil er nie daran dachte.
Als sie ganz nahe gekommen war, blieb er stehen, und sah sie an. Sie blieb gleichfalls vor ihm stehen, richtete ihre Augen auf ihn und sagte: »Nun, seid ihr schon wieder da?«
»Ja,« sagte er, »ich bin schon seit längerer Zeit in dem Bade, ich bin auch schon oft hier heraus gekommen, habe dich aber nie gesehen, natürlich, weil noch gar keine Erdbeeren sind.«
»Das thut nichts, ich komme doch öfter heraus,« antwortete Maria, »denn es wachsen verschiedene heilsame und wohlschmekende Kräuter, die im Frühlinge sehr gut sind.«
Nach diesen Worten richtete sie ihre hellen Augen erst noch
recht klar gegen die seinen und sagte: »Warum seid ihr denn
damals falsch gewesen?«
»Ich bin ja gar nicht falsch gewesen, Maria,« antwortete er.
»Ja ihr seid falsch gewesen,« sagte sie. »Welchen Namen man von Geburt an hat, der ist von Gott gekommen, und den muß man behalten wie seine Eltern, sie mögen arm oder reich sein. Ihr heißet nicht Theodor, ihr heißet Tiburius.«
»Nein, nein, Maria,« antwortete er, »ich heiße Theodor, ich heiße wirklich Theodor Kneigt. Die Leute haben mir den Namen Tiburius aufgebracht, er kam mir schon ein paar Male zu Ohren, und ein Freund zu Hause nennt mich unaufhörlich so - wenn du meinen Worten nicht glaubst, so kann ich es dir beweisen - warte, ich habe einige Briefe bei mir, auf welchen die Aufschrift auf meinen Namen gemacht ist - und wenn du dann auch noch zweifelst, so kann ich dir morgen mein Taufzeugniß weisen, in welchem mein Name unwiderleglich steht.«
Bei diesen Worten griff er in die Brusttasche seines grauen Rokes, in der er mehrere Papiere hatte. Maria aber faßte ihn an dem Arme, hielt ihn zurük und sagte: »Lasset das, ihr braucht es nicht. Weil ihr es gesagt habt, so glaube ich es schon.«
Er ließ mit einigem Zögern die Papiere in der Tasche, zog die leere Hand heraus, und Maria ließ dann mit der ihrigen seinen Arm los.
Nach einer Weile fragte Herr Tiburius: »Also hast du mir in dem Bade nachgeforscht?«
Maria schwieg ein wenig auf die Frage, dann sagte sie: »Freilich hab ich euch nachgeforscht. Die Leute sagen auch noch andere Dinge - sie sagen, daß ihr ein sonderbarer und närrischer Mensch seid - aber das thut nichts.«
Nach diesen Worten richtete sie sich zum Gehen. Herr Tiburius ging mit ihr. Sie sprachen von dem Frühlinge, von der schönen Zeit; und wo der Weg die Gabel bildet, trennten sie sich - ihr Pfad ging links in die Waldestiefe hinunter, der seinige rechts gegen die Wand.
Herr Tiburius ging nun auch einmal auf den Muldenhügel hinauf, wo das Häuschen ihres Vaters stand, und nach diesem ersten Besuche kam er öfter, indem er die Pferde und die Leute auf dem gewöhnlichen Plaze der Straße auf sich warten ließ. Er saß bei dem Vater und redete von verschiedenen Dingen mit ihm, wie sie dem Manne eben einfielen, - und er redete auch mit Maria, wie sie in dem Hause so herumarbeitete, oder, wenn sie in der Stube waren, zu ihnen an den Tisch trat und zuhorchte - oder, wenn sie auf der Gassenbank saßen, daneben stand, die Hand an das Angesicht hielt, und auf die fernen Berge oder auf die Wolken hinaus schaute. Der Vater verzärtelte das Mädchen, er ließ sie arbeiten, was sie wollte, oder er ließ sie auch, wenn es ihr gefiel, fort wandern und müssig in dem Walde herum gehen. Zuweilen begleitete sie den Herrn Tiburius ein Stükchen auf dem Hügel, und machte sich gar nichts daraus, ihm zu sagen, wann sie wieder in den Wald käme, damit sie dort zusammen träfen.
Herr Tiburius versäumte diese Gelegenheiten nicht, sie gingen mit einander herum, sie pflükte die Kräuter in ihr Körbchen, zeigte ihm manche von ihnen auf ihrem Standorte und nannte ihm die Namen derselben, wie sie nehmlich in ihrer ländlichen Sprache gebräuchlich waren.
Endlich zeigte ihr Tiburius seine Zeichenbücher. Er hatte erst spät vermocht, dieses zu thun. Er schlug die Blätter auf, und wies ihr, wie er manche Gegenstände des Waldes und der Wand mit feinen spizigen Stiften nachbilde. Sie nahm den lebhaftesten Antheil an der Sache, und
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