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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Kopf. Ich sah, was sie taten, wie sie sich bewegten, ich tippte, hob den Kopf und sagte: ,Und jetzt knallt Joe die Tür hinter sich zu, peng!’ Bei einer Figur wußte ich erst, daß sie ein Kind hatte, als ich ein Dreirad in der Garagenauffahrt stehen sah.‹« 6
    Zitat: »Worauf es mir ankommt, ist das Schreiben des Romans, der eigentliche Herstellungsprozeß, weil ich mich dabei in der Welt befinde, über die ich schreibe. Für mich ist sie in diesem Moment ganz und gar real.« (Philip K. Dick, aus einem Fanzine-Artikel, 1968) 7
    Zitat: »Ich könnte mir durchaus vorstellen, Runciter oder Leo Bulero in kritischen Situationen um Rat zu fragen – auf Romanebene, wohlgemerkt. Ich würde mich einfach in das Buch hineinschreiben, in der dritten Person: ›Er betrat das Büro.‹ Der Witz ist, daß Runciter dann etwas sagen würde, worauf ich selbst nie käme.« (Philip K. Dick, im Gespräch mit dem Autor, Tonbandmitschnitt 1974)
    Für Dick sind diese Menschen und Situationen real, und zwar in solchem Maße, daß er den Fortgang der Geschichte sehr oft dadurch festlegt, daß er die Szene beobachtet und sie geschehen »sieht« oder sich in die entsprechende Figur hineinversetzt und den nächsten Satz aus seinem eigenen Munde kommen hört. Er wird zu Barney und reagiert wie Barney auf das, was Leo gerade gesagt hat; dann wird er zu Leo, Leo reagiert, und auf diese Weise schreibt sich der Roman quasi von selbst, hauptsächlich in Dialogform, wie eine Kettenraktion, die sich, ist sie erst einmal ausgelöst, ohne bewußtes Eingreifen des Autors aus eigenem Antrieb fortsetzt. Dick fragt sich nicht: »Was könnte Leo jetzt sagen?« Er fragt sich: »Was würde Leo jetzt sagen?« Und Leo gibt ihm die Antwort, indem er es ihm eben sagt.
    Ich glaube, das Bild von der kritischen Masse bzw. der Fluchtgeschwindigkeit trifft den Nagel auf den Kopf. In Palmer Eldritch bringt Dick seine Geschichte überaus geschickt und routiniert in Gang, führt Figuren ein, schildert eine ganze Reihe verflochtener Situationen und zeichnet einen hübschen, heinleinesken Hintergrund für seine Zukunft – er beginnt mit einer Schlafzimmerszene, weil es ihn anmacht (was in diesem Stadium wichtiger ist, als das Interesse des Lesers zu entfachen), wechselt erst in die Geschäftsräume von Perky Pat Layouts, dann zu einer Can-D-Sitzung auf dem Mars, streut ein paar Bemerkungen über Palmer Eldritchs Rückkehr von Proxima ein, bringt Leo auf Kollisionskurs mit Eldritch, alles mehr oder weniger durchdacht und geschickt, die Figuren sind real, die verflochtenen Situationen komplex, so daß irgendwann – bumm! (»Die Zelle flog ihm um die Ohren«) – die kritische Masse erreicht ist und aus einer bloßen Exposition eine Geschichte wird, und von da (S. 99) an entwickelt das Buch ein Eigenleben.
    Wenn ihm die Situation real erscheint und er allmählich den Abstand zu seinen Figuren verliert, fangen sie von sich aus an zu reden und zu handeln, ohne daß Dick noch viel dazutun müßte.
    So funktionieren die meisten seiner Bücher, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg in puncto Glaubwürdigkeit, innerer Logik usw. Palmer Eldritch läßt diese Probleme jedoch hinter sich; das liegt unter anderem daran, daß Dick einen raffinierten Dreh (die psychedelische Droge mit unbekannten und dubiosen Eigenschaften) gefunden hat, mit dessen Hilfe er die Realität seiner Figuren in jene Realität verwandelt, in der er als Autor normalerweise arbeitet: eine Welt von Ungewissen Dimensionen, wo alles möglich ist, was scheinbar einen Sinn ergibt, und in der die Tatsache, daß dem vielleicht doch nicht so ist, die Atmosphäre bedrückender Unsicherheit noch verstärkt. Mit anderen Worten, Dicks Figuren und die externe Realität, die er beschreibt, sind letztlich völlig frei, eigene Wege zu gehen; und in dem Maße, wie diese Vorgänge im Widerspruch zu zu unserer Realität stehen, bekräftigen sie eine der Grundvoraussetzungen des Buches – nämlich daß durch die Einführung und Einnahme von Chew-2 nicht nur die individuelle, sondern auch die kollektive Realität bedroht ist.
    Ein Beispiel (S. 101): Auf seinem Chew-Z-Trip spricht Leo mit Dr. Smile; seinem Charakter gemäß zögert er keine Sekunde auszusprechen, was ihm auf den Nägeln brennt – er fragt den Koffer, ob er jemanden kenne, der ihn hier rausholen könne. Der Koffer, kein Spielverderber, sagt: Wie wär’s mit Barney Mayerson? Leo läßt Barney durch den Koffer ausrichten, er solle sich mit Felix Blaus Detektei

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