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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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klopfte ihm auf den Rücken. »Schwingen Sie sich zum Grubenführer auf; treiben Sie die Leute zu kreativen und produktiven Höchstleistungen an, soweit das in einer Grube möglich ist. Außerdem werden Sie als Spitzel für Felix Blau arbeiten; das ist doch auch nicht zu verachten.«
    »Ich hätte zu Eldritch überlaufen können«, sagte Barney.
    »Ja, aber das haben Sie nicht getan. Wen interessiert schon, was Sie hätten tun können?«
    »Meinen Sie, es war richtig, sich freiwillig zum Militär zu melden?«
    »Jungchen«, sagte Leo ruhig, »was hätten Sie denn sonst tunsollen?«
    Auf diese Frage gab es keine Antwort. Das wußte er genausogut wie Leo.
    »Wenn Ihnen nach Selbstmitleid zumute ist«, sagte Leo, »denken Sie daran: Palmer Eldritch will mich umbringen ... ich bin weitaus schlimmer dran als Sie.«
    »Wahrscheinlich.« Das klang einleuchtend, aber ein Gedanke ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.
    Wenn er einen Prozeß gegen Palmer Eldritch anstrengte, brachte ihn das in dieselbe Situation wie Leo.
    Und darauf konnte er gut und gern verzichten.

    Noch am selben Abend befand er sich an Bord eines UN-Transporters zum Mars. Neben ihm saß eine hübsche, dunkelhaarige junge Frau mit den scharf geschnittenen Zügen eines Fotomodells, die ihre Furcht nur mühsam verbergen konnte. Als das Schiff Fluchtgeschwindigkeit erreicht hatte, verriet sie ihm – krampfhaft bestrebt, sich abzulenken, indem sie sich mit irgend jemand über irgend etwas unterhielt –, daß sie Anne Hawthorne hieß. Zwar hätte sie der Einberufung ohne weiteres entgehen können, erklärte sie mit einem Anflug von Wehmut, doch habe sie sich letztlich dagegen entschieden; sie halte es für ihre patriotische Pflicht, dem UN-Aufruf (»Willkommen!«) zu folgen.
    »Und wie hätten Sie das angestellt?«
    »Ich leide unter Herzflimmern«, sagte Anne. »Und einer Arrhythmie, paroxysmaler Tachykardie.«
    »Wie steht es mit prämaturen, sprich aurikularen, nodösen und ventrikulären Kontraktionen, aurikularer Tachykardie, aurikularem Flattern, aurikularer Fibrillation, von nächtlichen Krämpfen ganz zu schweigen?« fragte Barney, der sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt hatte – wenn auch ohne Ergebnis.
    »Ich hätte Bescheinigungen von Krankenhäusern, Ärzten und Versicherungen beibringen können.« Sie musterte ihn von oben bis unten und sagte dann, sehr interessiert: »Das hört sich ganz danach an, als ob auch Sie der Einberufung hätten entgehen können, Mr. Payerson.«
    »Mayerson. Ich habe mich freiwillig gemeldet, Miss Hawthorne.« Und ich hätte ihnen nicht entgehen können, überlegte er, jedenfalls nicht auf lange Sicht.
    »Die Kolonisten sollen sehr religiös sein. Welcher Konfession gehören Sie an, Mr. Mayerson?«
    »Ähm.«
    »Ich an Ihrer Stelle würde mir das gründlich überlegen. Man wird Sie bei der Ankunft nämlich danach fragen und von Ihnen erwarten, die entsprechende Messe zu besuchen.« Sie setzte hinzu: »Dabei geht es in erster Linie um den Konsum dieser Droge; Sie wissen schon – Can-D. Sie hat zahlreiche Gläubige dazu bewogen, zu den etablierten Kirchen überzutreten ... obwohl viele Kolonisten die religiöse Erfahrung des Drogenrausches bereits als ausreichend empfinden. Ich habe Verwandte auf dem Mars; sie haben mir davon geschrieben. Ich fliege nach Fineburg Crescent, und Sie?«
    In mein Verderben, dachte er und sagte: »Ich auch.«
    »Vielleicht wohnen wir ja sogar in derselben Grube.« Anne Hawthornes markant geschnittenes Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. »Ich gehöre dem reformierten Flügel der Neo-Amerikanischen Kirche an, der Neuchristlichen Kirche der Vereinigten Staaten und Kanadas. Eigentlich reichen unsere Wurzeln sehr weit zurück: Im Jahre 300 nach Christus entsandten unsere Vorfahren Bischöfe zu einer Konferenz in Frankreich; wir haben uns längst nicht so spät von den anderen Kirchen abgespalten, wie die meisten Leute glauben. Sie sehen, auch wir haben die apostolische Sukzession.« Sie bedachte ihn mit einem wohlwollenden, feierlichen Lächeln.
    »Sehr interessant«, sagte Barney. »Was immer das sein mag.«
    »In Fineburg Crescent gibt es eine Neo-Amerikanische Missionskirche und folglich auch einen Vikar, einen Priester; ich möchte wenigstens einmal im Monat die heilige Kommunion empfangen. Und, wie vorgeschrieben, wie auf Terra, zweimal im Jahr zur Beichte gehen. In unserer Kirche gibt es viele Sakramente ... haben Sie schon einmal eines der beiden Hauptsakramente empfangen,

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