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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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über das Schiff, das sich angeblich auf dem Rückflug von Proxima befunden hatte und in den Eiswüsten des Pluto – welch eine Untertreibung! – abgestürzt war. Nach ersten Vermutungen handelte es sich um den berühmten Interplan-Industriellen Palmer Eldritch, der vor zehn Jahren auf Einladung des Prox-Rates für humanoide Typen ins Prox-System aufgebrochen war; er sollte die dortigen Autofabs nach terranischem Vorbild modernisieren. Seither hatte man nichts mehr von Eldritch gehört. Und nun das.
    Terra wäre vermutlich besser dran, wenn es sich nicht um Palmer Eldritch handelte, überlegte Hnatt. Eldritch war ein brillanter, kaum zu bändigender Solo-Profi; bei der Ansiedlung der Autofab-Produktion auf den Kolonialplaneten hatte er wahre Wunder vollbracht, doch war er wie immer zu weit gegangen, hatte zu weit vorausgeplant. An den unmöglichsten Orten hatten sich Konsumgüter gestapelt, obwohl es dort keine Kolonisten gab, die sie hätten gebrauchen können. Wind und Wetter hatten sie in Schuttberge verwandelt – sie unaufhaltsam, unerbittlich korrodiert. Schneestürme, wenngleich sich kaum jemand vorstellen konnte, daß es so etwas noch gab ... an manchen Orten war es wahrhaftig kalt. Zu kalt, um genau zu sein.
    »Euer Fahrtziel, Eminenz«, verkündete das autonome Taxi und hielt vor einem großen, hauptsächlich unterirdischen Gebäude: P. P. Layouts mit seinen zahlreichen thermogeschützten Rampen, über die die Angestellten bequem ins Innere gelangten.
    Er bezahlte das Taxi, sprang hinaus und eilte, die Kiste mit beiden Händen fest umklammernd, ungeschützt auf eine Rampe zu; einen Moment lang war er der prallen Sonne ausgesetzt, und er spürte – oder glaubte zu spüren –, wie seine Haut zu schmoren anfing. Gebacken wie eine Kröte, ausgedorrt und ohne einen Tropfen Lebenssaft, dachte er, dann erreichte er sicher die Rampe.
    Im Nu war er unter der Erde und wurde von einer Empfangsdame in Mayersons Büro geleitet. Die Räume, kühl und dunkel, luden dazu ein, sich zu entspannen, doch statt dessen umklammerte er den Schaukasten ein wenig fester, versteifte sich, und obgleich er kein Neo-Christ war, murmelte er ein umständliches Gebet.
    »Mr. Mayerson ...« Die Empfangsdame, die etwas größer war als Hnatt und in ihrem offenen Miederkostüm und den Freizeitpumps eine hervorragende Figur abgab, wandte sich nicht an Hnatt, sondern an den Mann hinter dem Schreibtisch. »... das ist Mr. Hnatt. Mr. Hnatt, das ist Mr. Mayerson.« Hinter Mayerson stand eine junge Frau in hellgrünem Pullover mit schneeweißem Haar. Das Haar war zu lang und der Pullover zu eng. »Mr. Hnatt, das ist Miss Fugate, Mr. Mayersons Assistentin. Miss Fugate, das ist Mr. Richard Hnatt.«
    Barney Mayerson saß hinter seinem Schreibtisch und las in einer Akte, ohne sein Eintreten zur Kenntnis zu nehmen, und Richard Hnatt wartete schweigend; Zorn stieg in ihm auf, schnürte ihm Brust und Kehle zu, und obwohl er Angst hatte, plagte ihn die Neugier. Das war also Emilys Exmann, der, wenn man dem Lebendkrawatten-Vertreter Glauben schenken durfte, noch immer voller Kummer und Verzweiflung seiner geschiedenen Frau nachtrauerte. Mayerson war ein recht stämmiger Mann von Ende dreißig mit ungewöhnlich vollem und nicht besonders modischem, gewelltem Haar. Er wirkte gelangweilt, machte jedoch keinen feindseligen Eindruck. Vielleicht wußte er ja gar nicht, daß ...
    »Na, dann lassen Sie Ihre Pötte mal sehen«, sagte Mayerson plötzlich.
    Richard Hnatt stellte den Schaukasten auf den Schreibtisch, öffnete ihn, holte einen Keramikartikel nach dem anderen heraus, baute sie in einer Reihe auf und trat dann einen Schritt zurück.
    Nach kurzem Zögern sagte Barney Mayerson: »Nein.«
    »›Nein?‹ Was heißt hier ›nein‹?«
    »Die Dinger werden ein Reinfall«, sagte Mayerson. Er nahm seine Akte und las weiter.
    »Wollen Sie damit sagen, Sie haben das einfach so entschieden?« fragte Hnatt. Er konnte es nicht fassen, daß es schon vorbei sein sollte.
    »Genau, einfach so«, bestätigte Mayerson. Sein Interesse an der Keramikkollektion war erschöpft; was ihn betraf, so hatte Hnatt seine Töpferwaren bereits wieder eingepackt und war gegangen.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Mayerson«, sagte Miss Fugate.
    Barney Mayerson warf ihr einen flüchtigen Blick zu und fragte: »Was ist?«
    »Es tut mir leid, Mr. Mayerson«, sagte Miss Fugate; sie trat an den Schreibtisch, nahm eine der Keramiken, wog sie in der Hand und strich über ihre glasierte Oberfläche.

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