Die drei Stigmata des Palmer Eldritch
Pu-der-Bärs-Hundertsechzig-Morgen-Wald bringen.«
»Und dort bleibe ich dann.«
»Bis Leos Chirurgen Ihnen ein neues Gesicht, neue Finger- und Fußabdrücke, ein neues Hirnstrommuster, kurz: eine runderneuerte Identität verpaßt haben; dann tauchen Sie wieder aus der Versenkung auf und bekommen wahrscheinlich sogar Ihren alten Posten bei P. P. Layouts zurück. Soviel ich weiß, waren Sie dort für New York zuständig. Zwei, zweieinhalb Jahre, und Sie haben es geschafft. Also lassen Sie den Kopf nicht hängen.«
»Und wenn ich das gar nicht möchte?« wandte Barney ein.
»Was? Reden Sie doch keinen Unsinn. Jeder Kolonist will ...«
»Ich lasse mir die Sache durch den Kopf gehen«, sagte Barney, »und gebe Ihnen dann Bescheid. Vielleicht wäre mir etwas anderes lieber.« Er dachte an Anne. Nach Terra zurückkehren und noch einmal von vorn anfangen zu können, vielleicht sogar mit Rom Fugate – in seinem tiefsten Innern erschien ihm dieser Gedanke längst nicht so verlockend, wie er erwartet hatte. Er fragte sich, was ihn so sehr verändert hatte: der Mars – oder das Erlebnis mit Anne Hawthorne? Beides. Außerdem, dachte er, bin ich aus freien Stücken hier – und nicht, weil ich eingezogen wurde. Das darf ich auf keinen Fall vergessen.
»Ich kenne Ihre Geschichte, Mayerson«, sagte Allen Faine. »Sie sind hierhergekommen, um Buße zu tun. Stimmt’s?«
»Sie auch?« gab Barney erstaunt zurück. Religiöse Neigungen waren in dieser Gegend offensichtlich weit verbreitet.
»Das Wort mag Ihnen nicht gefallen«, sagte Faine, »aber es trifft den Kern der Sache. Passen Sie auf, Mayerson; bis wir Sie in Pu-der-Bärs-Hundertsechzig-Morgen-Wald bringen, haben Sie ausreichend Buße getan. Aber das ist noch nicht alles. Schauen Sie sich das an.« Er hielt ihm widerstrebend einen kleinen Behälter hin. Ein Plastikröhrchen.
»Was ist das?« fragte Barney zögernd.
»Ihre Krankheit. Leo ist, nach eingehender Beratung mit Experten, zu dem Schluß gelangt, daß es kaum genügen wird, wenn Sie vor Gericht behaupten, Sie hätten körperliche Schäden davongetragen; die Gegenseite wird auf einer gründlichen Untersuchung bestehen.«
»Ich möchte sofort wissen, was in dem Ding da ist.«
»Das will ich Ihnen sagen, Mayerson. Epilepsie. Die Q-Variante, von der niemand weiß, ob sie auf organische Verletzungen zurückzuführen ist, die sich mit einem EEG nicht nachweisen lassen, oder ob sie psychogene Ursachen hat.«
»Und die Symptome?«
»Grand mal«, antwortete Faine. »So leid es mir tut.«
»Verstehe«, sagte Barney. »Und wie lange soll das dauern?«
»Höchstens ein Jahr. Wir können Ihnen das Gegenmittel leider erst nach dem Prozeß verabreichen. Jetzt wissen Sie, was ich damit meine, daß Sie noch genügend Gelegenheit zur Buße haben werden, weil Sie Leo nicht gerettet haben, als er Ihre Hilfe dringend brauchte. Sie werden sich denken können, wie diese Krankheit, als angebliche Nebenwirkung von Chew-Z, die ...«
»Allerdings«, sagte Barney. »Epilepsie ist heute ein ebenso großes Schreckenswort wie früher Krebs. Die Menschen haben panische Angst davor, weil sie wissen, daß sie jederzeit daran erkranken können, ohne Vorwarnung.«
»Besonders an der neuen Q-Variante. Sie ist noch völlig unerforscht. Die Hauptsache ist, daß die Q-Variante keinerlei organische Veränderungen auslöst, sprich: Wir können Ihre Gesundheit wiederherstellen. In diesem Röhrchen befindet sich ein metabolisches Toxin, das eine ähnliche Wirkung zeigt wie Metrazol, aber im Gegensatz zu Metrazol führt es zu immer neuen Anfällen – mit dem entsprechenden chaotischen EEG-Diagramm –, bis es neutralisiert wird. Und genau das haben wir vor.«
»Lassen sich die Spuren des Giftes im Körper denn nicht nachweisen?«
»Doch, die Spuren eines Giftes lassen sich durchaus nachweisen, und das wollen wir zu unserem Vorteil nutzen. Denn wir werden alle Unterlagen über die physischen und psychischen Eignungstests vorlegen, denen Sie sich neulich unterzogen haben, und somit zweifelsfrei nachweisen, daß Sie bei Ihrer Ankunft auf dem Mars weder an Q-Epilepsie litten noch Toxine im Blut hatten. Leo oder vielmehr Sie werden aussagen, daß diese Toxizität im Blut auf Chew-Z zurückzuführen ist.«
»Das heißt, selbst wenn ich den Prozeß verliere ...«, begann Barney.
»... bricht der Chew-Z-Markt zusammen. Die meisten Kolonisten haben ohnehin das ungute Gefühl, daß die Verwandlungsdrogen auf Dauer schädlich sind.« Faine setzte
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