Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
schnell. Können Sie mir helfen? Sie wirken so reif, klug und erfahren. Die Verwandlung bringt mir nichts. Und mit Chew-Z wird es mir wahrscheinlich ebenso ergehen, denn irgend etwas in mir wehrt sich mit aller Macht dagegen, verstehen Sie? Ja, Sie verstehen mich; das sehe ich Ihnen an. Um Himmels willen, Sie wollten das Zeug ja nicht einmal probieren, Sie müssen mich verstehen.« Sie drückte seinen Arm und schmiegte sich im Dunkeln an ihn. »Aber das ist noch nicht alles, Barney. Die anderen haben es genauso satt; sie haben sich in einem fort gestritten, als sie – wir – in den Puppen waren. Es hat ihnen nicht den geringsten Spaß gemacht.«
    »O Gott«, sagte er.
    Anne leuchtete mit ihrer Laterne den Weg und fuhr fort: »Es ist ein Jammer; ich wünschte, es wäre anders. Sie tun mir wirklich leid, sie sind ja noch viel schlimmer dran als ...« Sie verstummte, ging eine Zeitlang schweigend neben ihm her und sagte plötzlich: »Ich habe mich verändert, Barney. Das spüre ich ganz deutlich. Kommen Sie, wir setzen uns irgendwo hin. Sie und ich allein im Dunkeln. Und dann, Sie wissen schon ... Ich brauche es Ihnen doch nicht extra zu sagen, oder?«
    »Nein«, gestand er. »Aber hinterher werden Sie es bestimmt bereuen.«
    »Vielleicht sollte ich versuchen zu beten«, sagte Anne. »Beten ist nicht leicht; man muß sich genau an die Regeln halten. Man betet nicht für sich; man spricht ein sogenanntes Bittgebet: für andere. Man betet nicht zu dem Gott dort draußen irgendwo im Himmel ... sondern zu dem Heiligen Geist, der in jedem von uns steckt; zum Paraklet, das ist ein großer Unterschied. Haben Sie Paulus gelesen?«
    »Paulus?«
    »Im Neuen Testament. Zum Beispiel seine Briefe an die Römer und Korinther. Kennen Sie die nicht? Bei Paulus steht, daß unser Feind der Tod ist; er ist der letzte Feind, der ›aufgehoben‹ wird, und demnach vermutlich auch der größte. Paulus zufolge sind wir alle verdorben, und zwar sowohl am Körper als auch an der Seele; beide müssen sterben, erst dann können wir wiedergeboren werden, in einem neuen Leib, der jedoch nicht irdisch, sondern geistlich und unsterblich ist. Verstehen Sie? Als ich vorhin in Perky Pat war ... da hatte ich das komische Gefühl ... Eigentlich verbietet es sich, so etwas zu sagen oder auch nur zu denken, aber ...«
    »... aber«, beendete Barney ihren Satz, »es war wie ein Vorgeschmack darauf. Aber genau das haben Sie doch erwartet; Sie wußten, wie sehr sich die beiden Erfahrungen gleichen. Sie haben doch selbst davon gesprochen, auf dem Flug hierher.« Eine Menge anderer Leute, überlegte er, hatten es ebenso empfunden.
    »Ja«, gestand Anne. »Aber mir war nicht klar, daß ...« Sie sah ihn an; im Dunkeln konnte er sie kaum erkennen. »Daß die Verwandlung der einzige Hinweis darauf ist, den wir diesseits des Todes erhalten. Die Versuchung ist groß. Und wenn diese fürchterliche Puppe, diese Perky Pat, nicht wäre ...«
    »Chew-Z«, sagte Barney.
    »Genau. Wenn es stimmt, was Paulus über den sterblichen Menschen schreibt, der Unsterblichkeit annimmt – kann ich gar nicht anders, Barney; dann muß ich Chew-Z kauen. Ich kann unmöglich bis an mein Lebensende warten. Stellen Sie sich vor, fünfzig Jahre auf dem Mars – ein halbes Jahrhundert!« Sie schauderte. »Warum so lange warten, wenn ich es sofort haben kann?«
    »Ein Bekannter, der mir von seinen Erfahrungen mit Chew-Z erzählt hat«, sagte Barney, »meinte, es sei der reinste Albtraum gewesen.«
    Sie war verblüfft. »Inwiefern?«
    »Er geriet in den Bann eines Menschen oder Wesens, das er für abgrundtief böse hielt, vor dem er sich schrecklich fürchtete. Und er kann von Glück sagen, daß er mit heiler Haut davongekommen ist.«
    »Barney«, sagte sie, »warum sind Sie eigentlich auf dem Mars? Die Sache mit der Einberufung kaufe ich Ihnen nicht ab; ein intelligenter Mensch wie Sie hätte doch zu einem Psychiater gehen können.«
    »Ich bin auf dem Mars«, antwortete er, »weil ich einen Fehler gemacht habe.« Du würdest es wahrscheinlich eine Sünde nennen, überlegte er. Ich auch.
    »Sie haben etwas ausgefressen, stimmt’s?« fragte Anne.
    Er zuckte die Achseln.
    »Und jetzt müssen Sie den Rest Ihres Lebens auf dem Mars verbringen«, fuhr sie fort. »Barney, können Sie mir etwas Chew-Z besorgen?«
    »Demnächst.« Es würde nicht mehr lange dauern, bis er einem von Palmer Eldritchs Pushern über den Weg lief; soviel stand fest. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte:

Weitere Kostenlose Bücher