Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Feldzügen oder Schlachten. Doch sie wird es lernen. Das solltest du auch.«
»Ich würde lieber mehr über dich erfahren, Ravenna«, sagte er und setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.
»Ich sehe schon, es gibt Feldzüge, auf die du dich verstehst«, erwiderte sie und stand auf. »Es war nett, dich kennenzulernen.«
»Warte! Können wir uns wiedersehen? Heute abend, vielleicht?«
»Vielleicht. Wenn du deinem Namen Ehre machst.«
In jener Nacht, als Rayvan in ihrem breiten Bett lag und die Sterne betrachtete, spürte sie ein stärkeres Gefühl des Friedens als je zuvor während der letzten paar hektischen Monate. Sie hatte nicht gewußt, wie mühsam es sein konnte, Anführerin zu sein. Noch hatte sie vorgehabt, eine zu werden. Sie hatte nichts weiter getan als den Mann zu töten, der ihren Gatten erschlagen hatte – aber von da an war es gewesen, als würde sie einen vereisten Berghang hinabschliddern.
Nach wenigen Wochen kontrollierte Rayvans kleiner Trupp bereits den größten Teil Skodas. Das waren jene Tage der Begeisterung gewesen, mit jubelnden Mengen, voller Kameradschaft. Dann verbreiteten sich in den Bergen Gerüchte, daß eine Armee aufgestellt würde, und rasch änderte sich die Stimmung. Rayvan hatte sich in der Stadt belagert gefühlt, ehe der Feind überhaupt erschienen war. Jetzt war ihr leicht ums Herz.
Tenaka Khan war kein gewöhnlicher Mann. Sie lächelte und schloß die Augen, um sich sein Bild ins Gedächtnis zu rufen. Er bewegte sich wie ein Tänzer, hatte seinen Körper vollkommen unter Kontrolle, und er trug sein Selbstvertrauen so deutlich sichtbar wie einen Mantel. Der geborene Krieger!
Ananais war rätselhafter, aber, bei allen Göttern, er hatte etwas von einem Adler an sich. Er war ein Mann, der aus den Bergen kam. Er war es, der sich erboten hatte, die Grünschnäbel auszubilden, und Lake war mit ihm in die Berge zu ihrem Lager gegangen. Die beiden Brüder Galand und Parsal hatten sie begleitet – tapfere Männer, die sich nicht unterkriegen ließen.
Über den Schwarzen war sie sich nicht recht im Klaren. Er sah aus wie ein Bastard, fand sie. Aber trotzdem, er war ein gutaussehender Teufel. Und es gab keinen Zweifel, daß er sich in der Gewalt hatte.
Rayvan drehte sich um und versuchte, das Kissen ein wenig bequemer zu richten.
Schick du nur deine Legion, Ceska! Wir werden ihnen eine bittere Lektion erteilen!
Am anderen Ende des Flurs, in einem Zimmer, das nach Osten blickte, lagen Tenaka und Renya in unbehaglichem Schweigen nebeneinander.
Tenaka stützte sich auf den Ellenbogen und betrachtete sie, doch Renya erwiderte seinen Blick nicht.
»Was ist?« fragte er.
»Nichts.«
»Das ist gelogen. Bitte, Renya, rede mit mir.«
»Es war der Mann, den du getötet hast.«
»Du kanntest ihn?«
»Nein. Aber er war unbewaffnet – es war nicht nötig.«
»Ich verstehe«, sagte er, schwang seine langen Beine aus dem Bett und ging zum Fenster. Sie betrachtete seine nackte Silhouette, die sich im Mondlicht abzeichnete.
»Warum hast du das getan?«
»Es mußte sein.«
»Erklär es mir.«
»Er war Anführer des Mobs und ganz offenkundig Ceskas Mann. Dadurch, daß ich ihn so plötzlich getötet habe, waren sie eingeschüchtert. Du hast sie gesehen – alle bewaffnet, viele davon mit Bögen. Sie hätten sich gegen uns wenden können, aber sein plötzlicher Tod hat sie verschreckt.«
»Mich hat es auf jeden Fall verschreckt. Das war das reinste Abschlachten!«
Er drehte sich zu ihr um. »Das ist kein Spiel, Renya. Viele Menschen werden sterben, noch ehe die Woche vorbei ist.«
»Trotzdem war es nicht richtig.«
»
Richtig? Das hier ist kein Gericht, Weib! Ich bin keiner von jenen Helden in goldener Rüstung, die immer das Rechte tun. Ich habe mir gedacht, daß sein Tod uns ermöglichen würde, eine Krebsgeschwulst aus dieser Stadt zu entfernen, ohne selbst Verluste zu erleiden. Außerdem hatte er den Tod verdient.«
»Es berührt dich nicht, oder? Jemandem das Leben zu nehmen? Es kümmert dich nicht, daß er vielleicht Familie hatte, Kinder, eine Mutter.«
»Du hast recht, es kümmert mich nicht. Es gibt nur zwei Menschen auf der Welt, die ich liebe – du bist der eine und Ananais der andere. Jener Mann hatte seine Entscheidung getroffen. Er hat sich auf eine Seite gestellt und ist dafür gestorben. Ich bedauere es nicht, und in einem Monat habe ich es wahrscheinlich schon vergessen.«
»Wie kannst du nur so etwas Furchtbares sagen?«
»Wäre es dir lieber, ich
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