Die Drenai-Saga 3 - Waylander
küßte langsam und ehrfürchtig beide Klingen.
Die Vagrier kamen um die Ecke – und wurde von einem ohrenbetäubenden Schrei und einer zuckenden Axt aus Silberstahl begrüßt, die die Rippen des ersten Kriegers zerschmetterte. Fackeln wurden fallengelassen, als Männer nach ihren Schwertern tasteten, weitere Schreie erfüllten den Tunnel, als die Axt niedersauste und die umherirrenden Männer niedermähte. Gestiefelte Füße trampelten die Fackeln aus, und in der Dunkelheit wuchs die Angst. Für Karnak war es einfach – er hatte sich allein seinen Weg zwischen den Feind erkämpft, und alles, was er traf, war vermutlich feindliches Fleisch. Für die Vagrier war es ein Alptraum, in dem Männer ihre Kameraden erstachen oder spürten, wie ihr Schwert von Steinwänden abprallte. Aus der Verwirrung wurde Chaos, und die Eindringlinge flohen.
Plötzlich stach eine kurze Klinge in Karnaks Gesicht, prallte an seinem linken Wangenknochen ab und stieß in sein Auge. Er taumelte zurück. Das Wurfmesser, das ihn getroffen hatte, fiel zu Boden, er griff mit seiner Hand an sein Gesicht, Blut quoll aus der Augenhöhle. Fluchend stolperte er hinter den Vagriern her, schrie und brüllte, daß der Lärm ihm wie das Zornesgebrüll eines wütenden Riesen voraneilte.
Der Schmerz in seinem zerstörten Auge war ungeheuer, die Dunkelheit fast vollkommen, doch trotzdem lief er mit erhobener Axt weiter. Vor ihm wurde der Tunnel weiter, und es wurde etwas heller.
Drei Vagrier, die als Nachhut zurückgelassen worden waren, rannten auf ihn zu. Der erste starb mit gespaltenem Schädel, der zweite folgte, als die Axt seine Rippen eindrückte. Der dritte stürzte sich auf den General, der auswich und dem Mann sein Knie ins Gesicht rammte. Sein Kopf fuhr zurück, und er fiel bewußtlos zu Boden. Karnak hämmerte ihm die Axt in den Rücken.
Er lief weiter, suchte die Felsen nach den Halteseilen ab und betete, daß die Vagrier sie nicht entdeckt hatten. An der breitesten Stelle des Tunnels sah er sie, aufgerollt und teilweise verborgen hinter vorspringenden schwarzen Felsen. Er ging nach links und nahm das lose Ende. Er begann das Seil abzurollen, als er sich wieder in den Tunnel zurückzog, doch die Vagrier hatten endlich erkannt, daß sie nur einem einzigen Mann gegenüberstanden, und stürmten auf ihn los.
Karnak wußte, daß er am Ende war, und eine furchtlose Wut stieg in ihm auf. Er ließ die Axt fallen, nahm das Seil in beide Hände und zog mit aller Kraft. Ein Knirschen über ihm zeigte, daß die Flaschenzüge und Winschen die Kraft übertrugen.
Die Vagrier waren jetzt nur noch zwanzig Schritt von der Gestalt entfernt, die an dem Seil zerrte, ihr Wutgeheul war in dem engen Tunnel ohrenbetäubend. Karnak stützte seinen rechten Fuß an der Tunnelwand ab und zog, so fest er konnte. Von der Tunneldecke kam ein gequältes Stöhnen, und ein riesiger Felsbrocken geriet über den rennenden Soldaten ins Wanken. Dann gab die gesamte Decke nach, und ein großer Spalt erschien in der Granitwand.
Karnak sah, wie die Vagrier unter Tonnen von Steinen und Erde begraben wurden. Dann machte er kehrt und begann zu laufen.
Steine und Felsblöcke stürzten auf ihn herab, als er in die Dunkelheit lief, dann stolperte er, fiel, und etwas Scharfes, Schweres traf seine Rippen. Er rollte sich zur Seite und mußte husten, weil aufgewirbelter Staub in seine Kehle drang. Es schien merkwürdig und dumm, in die Dunkelheit und den Tod zu rennen, aber er zwang sich trotzdem weiter. Die Felsen über ihm explodierten, und er wurde von den Füßen gerissen, seine Beine teilweise von Geröll begraben. Er machte sich frei, taumelte weiter, bis der Boden unter ihm nachgab und er nach vorn fiel.
»Gellan!« brüllte er, als die Wände näherrückten und ihn verschlangen. Ein Stein traf ihn am Kopf … andere bedeckten seine Arme und seinen Rumpf. Er warf die Arme vor sein Gesicht und versuchte, sich weiter vorwärtszukämpfen. Dann krachte etwas gegen seine Stirn, und er hörte auf, sich zu bewegen.
Seit mehr als einem Tag und einer Nacht ließ Gellan die Männer sich mit den Steinen abplagen und sich zentimeterweise gefahrlos vorarbeiten, während auf den Mauern draußen ununterbrochen die Schlacht tobte. Viele der Offiziere waren inzwischen tot, und Gellan hatte Sarvaj und Jonat befördert und ihnen je fünfhundert Mann unterstellt. Die Anzahl der Verwundeten hatte erschreckende Ausmaße angenommen, und nicht einmal mehr zweitausend Mann hielten die gesamte
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