Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Titel: Die Drenai-Saga 3 - Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
und seine Stärke furchterregend.
    Er lehnte seinen breiten Rücken an den Stamm einer Weide und hob seinen großen Kopf, um die Zwillingsmonde zu betrachten, die hoch über den Bäumen standen. Er wußte inzwischen, daß es sich nur um einen Mond handelte, aber die Pupillen seines Riesenauges konnten nie sehen wie richtige Augen. Er hatte gelernt, damit zu leben, so wie er gelernt hatte, mit den anderen wilden Gaben zu leben, die die Natur ihm verliehen hatte.
    Aus irgendeinem Grund war sein Gedächtnis schärfer als das der meisten, wenn er es auch nicht bemerkte. Er konnte sich lebhaft an den Augenblick seiner Geburt erinnern und an das Gesicht der alten Frau, die ihm aus dem schwarzroten Tunnel der LEERE in die Welt geholfen hatte. Sie hatte aufgeschrien und ihn fallengelassen, und er hatte sich weh getan. Sein Arm hatte sich unter seinen Körper gedreht und die Kante eines Holzbettes getroffen.
    Dann trat ein Mann ein und hob ihn vom Boden ab. Er hatte ein Messer genommen, doch der Schrei einer anderen Frau hatte ihn innehalten lassen.
    Er erinnerte sich, daß er danach eine kurze Zeit an der Brust eines dunkelhaarigen jungen Mädchens mit traurigen Augen getrunken hatte. Aber dann wuchsen seine Zähne, spitz und scharf – rotes Blut hatte sich mit der Milch vermischt, und das Mädchen weinte, wenn es ihn nährte.
    Nicht lange danach wurde er in die Nacht hinausgetragen und unter den Sternen liegengelassen, und er hörte, wie das Hufgetrappel von Pferden in der Ferne immer schwächer wurde. Schwächer … bis es nicht mehr zu hören war.
    Immer noch machte ihn das Geräusch von Hufen auf trockener Erde traurig.
    Er hatte keinen Namen und keine Zukunft.
    Doch etwas war von den Bergen gekommen und hatte ihn in die Dunkelheit gezogen …
    Es waren viele, sie rutschten und kreischten, berührten und zwackten, und er war unter ihnen aufgewachsen in den Jahren der Dunkelheit und hatte nur selten das Tageslicht gesehen.
    Und dann, an einem Sonntagmorgen, hatte er einen melodischen Schrei von draußen gehört, der durch die Spalten in den Felsen drang und in den Tunneln des Berginnern widerhallte. Er wurde von dem Klang angelockt und kletterte hinaus ans Licht. Hoch über ihm kreisten große weiße Vögel, und er fühlte in ihren Schreien sein ganzes Leben eingebettet. Von diesem Moment an sah er sich selbst als Kai, und er verbrachte jeden Tag viele Stunden damit, auf den Felsen zu liegen und die weißen Vögel zu beobachten, darauf wartend, daß sie seinen Namen riefen.
    Dann begannen die
Langen Jahre,
als seine Kraft wuchs. Nadirstämme versammelten sich in der Nähe der Berge und zogen weiter zu grüneren Weiden und tieferen Flüssen. Doch während sie lagerten, beobachtete er sie, sah die Kinder spielen und die Frauen Arm in Arm Spazierengehen.
    Manchmal kam er zu nahe, und das Leben wurde zu den vertrauten Schreien, und die Jäger ritten los. Dann rannte Kai, drehte sich um und zerriß und zerfetzte, bis er wieder allein war.
    Wie viele Jahre, überlegte er, hatte er wohl so gelebt?
    Der Wald, in dem er jetzt saß, war ein Wäldchen mit schlanken Bäumen gewesen. War das eine lange Zeit? Er hatte keine Vergleichsmöglichkeiten. Ein Stamm hatte länger sein Lager gehabt als die meisten, und er hatte ein junges Mädchen zur Frau werden sehen, hatte gesehen, wie ihr Haar grau wurde und ihr Rücken krumm. Sie lebten so kurze Leben, diese Nadir.
    Kai betrachtete seine Hände. Es waren besondere Hände, das wußte er. Langsam wickelte er den Verband von seinem Arm und zupfte die Fäden heraus, mit denen Waylander ihn genährt hatte. Blut tropfte erst, dann quoll es aus der Wunde. Kai bedeckte den klaffenden Riß mit der Hand und konzentrierte sich. An der Stelle entwickelte sich ein starkes Hitzegefühl, als ob tausend kleine Nadeln sein Fleisch stachen. Nach einigen Minuten nahm er die Hand weg … und der Riß war verschwunden, die Haut glatt und ohne Spur von Schorf oder Narbe. Nachdem er den Verband und die Naht von seinem Bein entfernt hatte, wiederholte er den Vorgang.
    Nun war er wieder stark. Er stand geschmeidig auf und holte tief Luft. Er hätte die Wölfe letztendlich töten können, aber der Mann hatte ihm geholfen und ihm die Messer gegeben.
    Kai hatte keinen Bedarf an Messern. Er konnte eine Antilope einholen und sie mit seinen Händen töten und ihr warmes Fleisch mit seinen Fangzähnen zerreißen. Wozu das glänzende Metall?
    Aber es waren Geschenke, die ersten, die er je bekommen hatte, und die Griffe

Weitere Kostenlose Bücher