Die Drenai-Saga 3 - Waylander
des Priesters. Der Mann war tot.
»Wie?« flüsterte Danyal.
»Verdammt, Priester!« rief Waylander. Dardalions Gesicht war weiß und wächsern, seine Haut fühlte sich kalt an. »Er muß ein schwaches Herz gehabt haben«, sagte Waylander bitter.
»Er hat mit dem Mann gekämpft«, sagte Miriel. Waylander wandte sich an das Kind, das hinten in der Höhle saß, Hand in Hand mit seiner Schwester.
»Gekämpft?« fragte er. »Mit wem hat er gekämpft?« Aber Miriel sah weg.
»Komm schon, Miriel«, drängte Danyal. »Mit wem hat er gekämpft?«
»Mit dem Mann mit dem Pfeil im Auge«, sagte sie.
Danyal wandte sich an Waylander. »Es war nur ein Traum, es bedeutet nichts. Was sollen wir tun?«
Waylander erwiderte nichts. Während er mit dem Kind gesprochen hatte, hatte er Dardalions Handgelenk festgehalten, und nun spürte er einen ganz schwachen Puls.
»Er ist nicht tot«, flüsterte er. »Sprich mit dem Kind. Finde alles über diesen Traum heraus. Rasch!«
Einige Minuten lang saß Danyal ruhig mit den Mädchen zusammen, dann kehrte sie zurück. »Sie sagt, daß der Mann, den du getötet hast, sie packte und zum Weinen brachte. Dann kam der Priester, und der Mann schrie ihn an. Er hatte ein Schwert und versuchte, den Priester zu töten. Und sie flogen – höher als die Sterne. Das ist alles.«
»Er fürchtete diesen Mann«, sagte Waylander, »er glaubte, er hätte dämonische Kräfte. Vielleicht wird er gerade jetzt gejagt.«
»Kann er überleben?«
»Wie denn?« fauchte Waylander. »Der Mann kämpft ja nicht.« Danyal beugte sich vor und legte ihre Hand auf Waylanders Arm. Seine Muskeln waren angespannt und zitterten. »Nimm deine Hand von mir, Frau, oder ich schlage sie dir ab. Niemand berührt mich!« Danyal fuhr zurück, ihre grünen Augen sprühten, aber sie beherrschte ihren Zorn und ging zurück zu den Kindern.
»Verdammt ihr alle!« zischte Waylander. Er holte tief Luft, um die in ihm kochende Wut zu zähmen. Danyal und die Kinder verhielten sich leise und beobachteten ihn gespannt. Danyal wußte, was ihn quälte: Der Priester war in Gefahr, und der Krieger war – trotz all seiner tödlichen Fähigkeiten – machtlos. Die Schlacht fand in einer anderen Welt statt, und Waylander war ein nutzloser Zuschauer.
»Wie konntest du nur so dumm sein, Dardalion?« flüsterte der Krieger. »Alles Lebendige will überleben. Du sagst, die QUELLE schuf die Welt? Dann hat sie den Tiger und das Reh, den Adler und das Lamm erschaffen. Glaubst du, sie hat den Adler geschaffen, damit er Gras frißt?«
Einige Minuten lang verfiel er in Schweigen und erinnerte sich an den Priester, wie er nackt neben den Kleidern der Räuber gekniet hatte.
»Ich kann diese hier nicht tragen, Waylander …«
Er ließ den Arm des Priesters los und nahm seine Hand. Als ihre Finger sich berührten, spürte er eine kaum wahrnehmbare Bewegung. Waylanders Augen wurden schmal. Als er die Hand des Priesters etwas fester ergriff, zuckte Dardalions Arm krampfartig, und sein Gesicht verzog sich schmerzhaft.
»Was geschieht mit dir, Priester? Wo zum Teufel bist du?«
Bei Nennung des Teufels zuckte Dardalion wieder zusammen und stöhnte leise.
»Wo immer er auch ist, er leidet«, sagte Danyal und kniete neben dem Priester nieder.
»Es geschah, als sich unsere Hände berührten«, sagte Waylander. »Hol die Armbrust, Frau – dort, am Eingang.« Danyal holte die Waffe und brachte sie Waylander. »Leg sie in seine rechte Hand und schließe seine Finger darum.« Danyal öffnete Dardalions Hand und drückte seine Finger um den Ebenholzgriff. Der Priester schrie auf, seine Faust öffnete sich ruckartig, und die Armbrust polterte zu Boden. »Halt seine Finger darum geschlossen.«
»Aber das verursacht ihm Schmerzen. Warum tust du das?«
»Schmerzen bedeuten Leben, Danyal. Wir müssen ihn zurück in seinen Körper holen – verstehst du? Der Körper-Geist kann ihn dort nicht berühren. Wir müssen ihn zurückholen.«
»Aber er ist ein Priester, ein Mann der Reinheit.«
»Und?«
»Du wirst seine Seele besudeln.«
Waylander lachte. »Ich bin vielleicht kein Mystiker, aber ich glaube an Seelen. Was du da festhältst, ist nichts weiter als Holz und Metall. Dardalion wird davon vielleicht verletzt, aber ich glaube nicht, daß seine Seele so zerbrechlich ist, daß es ihn umbringen wird. Aber sein Feind wird es – also entscheide!«
»Ich glaube, ich hasse dich«, sagte Danyal, öffnete Dardalions Hand und zwang sie erneut, den Ebenholzgriff zu
Weitere Kostenlose Bücher