Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
ungewöhnlichsten Schuhfabrik der Welt. Die Segeltuch- oder Baumwollschuhe mit ihrer Sohle aus Flachs oder Hanf basieren auf dem Alpargata, einem traditionellen spanischen Schuh, den wir eher unter seinem französischen Namen Espadrille kennen. Das Unternehmen ist das Kind von Blake Mycoskie, einem jungen Social Entrepreneur aus dem texanischen Arlington, der das Geschäft 2006 gegründet hat. TOMS-Schuhe werden in über 500 Geschäften in den Vereinigten Staaten und im Ausland verkauft, darunter Neiman Marcus, Nordstrom und Whole Foods.
Mykoscies profitorientiertes Geschäft, das vom kalifornischen Santa Monica aus operiert, hat bereits über eine Million Paar Schuhe verkauft. Und ab hier beginnt es interessant zu werden. Für jedes Paar verkaufter Schuhe verschenkt seine Non-Profit-Tochter Friends of TOMS ein Paar Schuhe an ein bedürftiges Kind irgendwo auf der Welt. So gingen über sein One-to-one-Movement über eine Million Paar Schuhe an Kinder |158| in den Vereinigten Staaten, Haiti, Guatemala, Argentinien, Äthiopien, Ruanda und Südafrika.
Warum sollte man für jedes Paar verkaufter Schuhe eines verschenken? Mycoskie erklärt, dass Kinder in vielen der ärmsten Regionen der Welt barfuß nicht in die Schule dürfen. Barfußlaufen setzt Kinder einer schlimmen Krankheit namens Podoconiosis (»Elefantenfußkrankheit«) aus, die vor allem durch die Übertragung von Silikatpartikeln aus vulkanischen Lehmböden hervorgerufen wird und zur Zerstörung des Lymphsystems führt, was eine Schwellung der Füße und Unterschenkel zur Folge hat. Berichten zufolge sind fast eine Milliarde Menschen solchen und ähnlichen Gefahren ausgesetzt. Und es gibt eine simple Lösung dafür: Schuhe.
Und was passiert mit den Millionen von Schuhen, wenn sie abgetragen sind? Eine Community Wall auf TOMS’ Website fordert Kunden auf, kreative Ideen für das Recycling der Schuhe zu neuen Produkten zu posten, sodass es zu Armbändern, Fußbällen, Untersetzern und hängenden Pflanztöpfen kam. TOMS ist ein glänzendes Beispiel für die neuen Geschäftsmodelle im Sinne eines sozialen Unternehmertums, die in der Ära der Dritten Industriellen Revolution entstehen.
Wie ökonomische Revolutionen wirklich gemacht werden
Eine müßige Feststellung: Der Übergang in die neue Ära eines dezentralisierten Kapitalismus wird alles andere als ein einfaches Unterfangen werden. Das Problem zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht der Mangel an einem Konzept, wie wir dorthin kommen; das haben wir. Die große Unbekannte ist vielmehr die Aufnahme dieses Konzepts in der Öffentlichkeit. Und hier laufen wir gegen die Wand einer sturen Auffassung von der Funktionsweise ökonomischer Revolutionen, die an eine Wahnidee grenzt.
Viele Amerikaner glauben, große ökonomische Fortschritte kämen dadurch zustande, dass der Staat sich aus der Wirtschaft heraushält und die unsichtbaren Kräfte des Kapitalismus einen freien Markt regieren |159| lässt. Vor allem die Europäer sind hingegen weniger überzeugt von den Tugenden eines ungezügelten Kapitalismus und haben im Lauf der Geschichte gern mal in die ökonomischen Prozesse zugunsten eines ausgewogeneren marktwirtschaftlichen Modells eingegriffen. Dennoch ist selbst in sozialen Marktwirtschaften eine – nach wie vor eher kleine – populistische Bewegung gegen die traditionelle Einmischung des Staats in der Wirtschaft zu spüren, zu einem Zeitpunkt, wo wir die aktivere Beteiligung des Staats am privaten Sektor mehr brauchen denn je, wenn wir Wirtschaft und Handel wieder zu Wachstum verhelfen wollen.
Angesichts von Rekorddefiziten im Staatshaushalt und hohen Steuern machen Millionen missmutiger Wähler sich zu Recht Sorgen darüber, eine Hypothek auf ihre Zukunft in Form unbezahlbarer Schulden aufzunehmen und ihren Kindern die Bürde einer bankrotten Gesellschaft anzutun. Aber wer die Ansicht vertritt, staatliche Zurückhaltung würde den Unternehmergeist wecken, neue ökonomische Möglichkeiten im Überfluss schaffen und das Wohlergehen der Menschheit allgemein in hohem Maße verbessern, hat aus der Geschichte nichts gelernt.
Die Realität sieht anders aus. Sicher ist der Markt seit jeher ungeschlagen als Motor für Erfindergeist und Unternehmertum, aber eine industrielle Revolution hat er von sich aus nie hervorgebracht. Dies ist ein Mythos, der aus der amerikanischen Psyche einfach nicht wegzubekommen ist. In guten Zeiten ist dieser Schwindel erträglich. Aber in diesem kritischen Augenblick der
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