Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
finanziellen Garantien gab, ganz zu schweigen von den industriefreundlichen Gesetzen, Normen und Verordnungen, um einen Markterfolg zu garantieren. Der Aufbau eines auf fossilen Brennstoffen basierenden Energieregimes, die Einrichtung eines integrierten Fernmeldenetzes, eines nationalen Stromversorgungsnetzes, der Ausbau der Vorstädte – alles, was da den größten Teil des 20. Jahrhunderts über auf dem Kamm der Ölwelle geschwommen kam, wäre unmöglich gewesen ohne die großzügige, aber oft verschleierte oder gar versteckte Hilfe des Staates.
Nirgendwo war die Hilfestellung der Bundesregierung für den Markt ausgeprägter und doch weniger anerkannt als bei dem durch die Entstehung der Vorstädte ausgelösten Bauboom. Die 1934 von der Bundesregierung |164| ins Leben gerufene Federal Housing Administration (FHA) bürgte praktisch für die gesamte Bauindustrie, Amerikas größten gewerblichen Sektor, und das für den Rest des Jahrhunderts. Kreditbürgschaften mit Rückendeckung des Finanzministeriums im Verein mit einem Steuergesetz, das es Hausbesitzern erlaubte, Zinsen für die Hypotheken von der Steuer abzusetzen, führten zum größten Bauboom der Geschichte. In den 1960er Jahren bürgte die FHA bei der Finanzierung von viereinhalb Millionen vorstädtischen Eigenheimen im Jahr, also fast einem Drittel des gesamten finanzierten Hausbaus im Land.
Gewerbliche Bauträger genossen eine ähnlich großzügige Unterstützung durch den Staat. Der Kongress änderte das Steuergesetz dahingehend, dass Bauträger die Kosten für einen Neubau in sieben Jahren abschreiben konnten statt dem bis dahin für die Abschreibung üblichen Zeitraum von vierzig Jahren. Diese milliardenschwere Förderung führte entlang der neuen Highways und neben den vorstädtischen Siedlungen zum Bau Tausender neuer Einkaufszentren.
Der Staat half praktisch bei der Finanzierung jeder einzelnen Phase des Aufbaus der für die Zweite Industrielle Revolution kritischen Infrastruktur. Und er unterstützte die vielen gewerblichen Möglichkeiten, die sich aus ihr ergaben. Die öffentlichen Mittel für Aktivierung, Entfaltung und Unterhalt des industriellen Systems beliefen sich auf Billionen von Dollar – es war die größte Investition öffentlicher Gelder in die Märkte seit Beginn der Geschichtsschreibung. Und es waren nicht zuletzt diese staatlichen Eingriffe, die die Vereinigten Staaten zu einer unerreichten wirtschaftlichen Supermacht werden ließen.
Wir müssen das große Ganze sehen
Die Macher der Zweiten Industriellen Revolution verstanden sehr schnell, wenigstens intuitiv, dass ein neues Kommunikationsmedium im Verein mit einer neuen Energieordnung ein vereintes, untrennbares ökonomisches Paradigma schuf. Das eine konnte sich nicht ohne Bezug zum anderen entwickeln. Sie erkannten darüber hinaus, dass |165| die Infrastruktur, die durch dieses Aufeinandertreffen zustande kam, die zeitliche und räumliche Ausrichtung der Gesellschaft grundlegend verändern würde. Das wiederum erforderte neue Mittel und Wege, geschäftliche Aktivitäten und Lebensweisen zu verwalten und zu organisieren.
Es dauerte nicht lange, dann waren die im Entstehen begriffenen Öl-, Auto-, Telefon-, Bau-, Immobilien-, Strom- und Versorgungskonzerne der Zweiten Industriellen Revolution dahinter gekommen, dass jede ihre Aktivitäten die geschäftlichen Möglichkeiten des anderen verstärkte und sie sich die Vorteile von Geschwindigkeit und Massenproduktion, die sie ihr volles Potenzial erst entfalten ließ, nie im Alleingang würden verschaffen können. Die Verarbeitung von Öl, der Bau von Autos, Straßen, Überlandleitungen und Vorstädten, die Institutionalisierung moderner Geschäftspraktiken, das alles sind keine voneinander zu trennenden Unterfangen, sondern Komponenten einer einzigen Unternehmung – eben der Zweiten Industriellen Revolution.
Die Unternehmer verstanden das von Anfang an und legten ihre gegenseitigen Interessen zusammen, was in den USA wie in Europa und dann überall auf der Welt eine mächtige Lobby entstehen ließ, die diese Interessen vertrat. So räuberisch und zwielichtig die Tätigkeit dieser neuen, von Eigeninteresse getriebenen, am Gemeinwohl nicht interessierten Kraft oft auch sein mochte, sie leistete der Öffentlichkeit einen Dienst, der oft nicht erkannt wird. Die Lobbyisten sorgten für die Zusammenhänge. Das heißt, sie brachten all die disparaten gewerblichen Kräfte zusammen und verschmolzen sie zu einem Set von Beziehungen, das
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