Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
»der sich entschieden zu haben scheint, die Atomenergie zurückzubringen. Sollten Sie nicht besser mit ihm darüber sprechen?« Worauf sie sagte: »Der hört doch nicht zu! Das hat keinen Sinn!« Später las ich, dass Mrs. Miliband sowohl David als auch seinem jüngeren Bruder Edward die Unterstützung verweigerte, als die beiden im Gefolge von Gordon Browns Niederlage gegen den Chef der Konservativen David Cameron zum Rennen um den Vorsitz der Labour Party antraten. Ed Miliband sollte seinen Bruder dann im September 2010 mit einer hauchdünnen Mehrheit schlagen.
Aber der Nachmittag sollte noch merkwürdiger werden. Als ich das Universitätsgebäude verließ, sprach mich auf der Straße ein junger Mann an, der sich als Angehöriger des Teams vorstellte, das gerade das energiepolitische Programm der Konservativen Partei erarbeitete. Er sagte, David Cameron sei ziemlich angetan vom Gedanken der Dritten Industriellen Revolution, und einer seiner Kollegen in der Programmkommission, Zac Goldsmith, sei in Sachen Energie und Klimawandel das inoffizielle schlechte Gewissen der Partei. Ich sagte dem jungen |171| Mann, ich sei ein alter Freund von Zacs Vater, dem 1997 verstorbenen Sir James Goldsmith, und seinem Onkel Teddy Goldsmith, und bat ihn, Zac herzlich von mir zu grüßen. Sir James war ein exzentrischer Milliardär gewesen und als Politiker ein Enfant terrible, dessen Ansichten regelmäßig wie Bomben in die politische Landschaft Großbritanniens fielen; Teddy war Gründer des Umweltmagazins
Ecologist
, das jetzt von seinem Neffen Zac herausgegeben wird, und auch der britischen Grünen. Er fragte, ob ich nicht ein Exemplar meiner Präsentation entbehren könnte, er wolle es in der Umweltgruppe der Konservativen diskutieren. Ich gab ihm eines – und habe seitdem nichts mehr von ihm gehört.
Ein paar Monate später kontaktierte mich Greg Barker, ein konservativer Abgeordneter des Unterhauses. Er bezeichnete sich als Tory-Schattenminister für Klimawandel. Die Partei habe eben ihr Programm zu Energie und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit formuliert und sich dabei eng an Vision und Strategie der Dritten Industriellen Revolution gehalten. Er frage sich, ob mir an einem Treffen mit David Cameron gelegen sei, wir könnten zusammen bei einer Pressekonferenz die Absicht der Konservativen bekannt geben, im Falle eines Wahlsieges den Plan für die Dritte Industrielle Revolution zu realisieren. Damit war ich sehr einverstanden, unter der Voraussetzung, dass wir vorab die eine oder andere Einzelheit klären könnten, was Durchführung und Zeitplan anging. Im Verlauf der nächsten Monate unterhielten Barker und ich uns mehrere Male telefonisch und hielten E-Mail-Kontakt. Letztendlich wurde dann doch nichts daraus.
Kurz nach Camerons Wahl zum Premierminister im Mai 2010 lief ich Barker in Lissabon über den Weg. Ich hielt dort die Eröffnungsansprache bei einer von der
International Harald Tribune
organisierten Tagung über die Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft, zu der einige der weltweit führenden Akteure im Bereich grüner Finanzierung gekommen waren. Barker war jüngst zum Staatsminister für Klimawandel der Regierung Cameron ernannt worden.
Camerons Tories hatten – wie auch Milibands Labour Party – während des Wahlkampfs die Kernenergie in den künftigen Energiemix mit |172| aufgenommen, aber ihre Partner in der neuen Koalitionsregierung, die Liberaldemokraten, wollten in England kein neues Atomkraftwerk sehen. Das hätte zum Hindernis für eine Koalition werden können. Beide Parteien einigten sich jedoch schließlich darauf, der Atomindustrie keine öffentlichen Gelder dafür zu bewilligen, eine neue Generation von Meilern ans Netz zu bringen – was effektiv das Ende der Aussicht auf eine Renaissance der Atomkraft war. Überdies ernannte Cameron den Liberaldemokraten Chris Huhne, einen erklärten Gegner der Atomkraft, zum Minister für Energie und Klimawandel. Huhne hat sich öffentlich für die Dritte Industrielle Revolution ausgesprochen und sie zum Herzstück einer künftigen wirtschaftlichen Vision für das Land erklärt. 32
Auch die Labour Party war immer schon für grüne Energie gewesen, für Einspeiseprämien, »Pay-as-you-save«-Programme zur Energieeffizienz, ja sogar für intelligente Stromnetze. Der Unterschied ist nur, dass David Miliband und sein Bruder Ed, der letzte Umweltminister der Regierung Brown, den Gedanken einer dezentralen Stromrevolution nie öffentlich umrissen und ihre
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