Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
unpersönlichen Perfektion gerecht wurde, die er dem Bettelhine-Imperium schuldig war. »Das ist kein Problem. Mr Bettelhine weiß, dass es, wann immer sein Privatleben betroffen ist, nie meine Funktion war, Meinungsbildung zu betreiben ...«
Philip Bettelhine saß auf der Kante des Sofas im vorderen Raum der Suite, die Unterarme auf die Oberschenkel gelegt, sodass seine Hände wie tote Fische über die Knie baumelten. Seine Augen wichen den meinen aus, begegneten meinem Blick gerade lange genug, um zu verdeutlichen, dass jeder Moment dieses Geschehens für künftige Ressentiments katalogisiert würde. Sein Geschöpf Wethers stand dort, wo eigentlich das Panoramafenster den Blick nach draußen gewähren sollte. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und der Blick seiner farblosen Augen ruhte mit einer Konzentration auf seinem Arbeitgeber, die darauf hindeutete, dass er schon seit Jahren ganze Bände aus den mikrofeinen Veränderungen in Philips Mimik herauslas. Solch eine ständige Taxierung hätte ich als ebenso abstoßend wie unheimlich empfunden, aber Philip schien es gewohnt zu sein und den Blick seines Vasallen als dessen gutes Recht anzusehen, so wie er meinen Blick als dreisten Eingriff in seine Privatsphäre ansah.
Paakth-Doy, die sich in seiner Gegenwart offenbar nicht wohlfühlte, saß ein Stück von uns entfernt und war stets bemüht, keinen Augenkontakt herzustellen.
»Mr Bettelhine«, sagte ich. »Sie mögen mich nicht besonders, richtig?«
Er sah müde aus. Schon diese Frage schien ihn an die Grenzen seiner Geduld zu treiben. »Nach allem, was ich in Erfahrung bringen konnte, gibt es nicht so viele Leute, die Sie mögen.«
»Ihr Bruder und ihre Schwester scheinen es zu tun.«
»Geht es in dieser Diskussion darum? Um kindische Aufrechnungen, wer wen mag? Bitte. Ich weiß, dass ich vollends zufrieden damit bin, Sie nicht zu mögen. Ich weiß, dass Sie damit zufrieden sind, mich nicht zu mögen, und ich glaube, Sie und ich haben dringendere Dinge zu besprechen.«
Er wusste es nicht, aber ich ertappte mich dabei, ihm nach dieser kleinen Ansprache mehr Respekt entgegenzubringen als je zuvor seit unserer ersten Begegnung. Ehrliche Abneigung ist stets wie ein frischer Lufthauch. »Sie wissen nicht, warum sie mich eingeladen haben?«
»Sie haben Sie nicht eingeladen. Mein Vater hat Sie eingeladen. Aber, nein, ich weiß es nicht.«
»Meine Anwesenheit stört Sie.«
»Mich stört, dass Sie hier herumstolzieren, als würde der Planet Ihnen gehören, vor allem weil ich einer der Mistkerle bin, denen der Planet gehört. Ihre Anwesenheit als solche kümmert mich in keiner Weise.«
»Was halten Sie davon, dass ich ein Ehrengast Ihres Vaters bin?«
Sein Ton klang plötzlich matt. »Es verblüfft mich.«
»Das Gleiche gilt vermutlich für seine enge Beziehung zu dem Khaajiir.«
»Selbstverständlich.«
»Worum es dabei ging, wissen Sie auch nicht?«
»Wenn mein Vater wollte, dass ich es wüsste, hätte mein Vater es mir erzählt.«
»Haben Sie ihn danach gefragt?«
»Er hat mich wissen lassen, dass er diese Angelegenheit als Geheimsache betrachtet.«
»Ist das typisch für die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Vater?«
Philip rieb sich die Augen, einerseits, so denke ich, um weiter meinem Blick auszuweichen, andererseits, um etwas gegen die Anspannung zu tun, die er ob der Katastrophen des Abends empfunden haben mag. »Mein Vater und ich haben mehr als nur irgendeine Beziehung, Counselor. Als Vater eines respektierten und wohlerzogenen Sohnes war er mir oft sehr nahe. Als Firmenchef und Weisungsberechtigter gegenüber einem seiner leitenden Angestellten war er bisweilen verpflichtet, den Informationsfluss auf den Personenkreis zu beschränken, der die Informationen benötigte. Ich kann das verstehen. Und es ist nicht untypisch.«
»Und doch«, sagte ich und beugte mich näher an ihn heran, »sollten Sie - als eine eigenständige versierte Führungskraft, eine, die häufig als der mutmaßliche Nachfolger Ihres Vaters gehandelt wird, die zumindest hoffen musste, während des Aufstiegs innerhalb des Familienunternehmens immer mehr und mehr Verantwortung übernehmen zu können - doch auch davon ausgehen, dass Sie im Laufe der Jahre, während der Tag der Nachfolge immer näher rückt, auch immer mehr geheime Materialien zu sehen bekommen.«
»Ja, das wäre folgerichtig.«
»Also müsste die Bedeutung der wenigen Geheimsachen, die Ihnen noch vorenthalten werden, im Lauf der Zeit ebenfalls
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