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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich sieht, ist Rücksichtnahme irgendwelcher Art nicht mehr angebracht, ja sogar tödlich – aber noch sind wir nicht am Ende mit unserer Weisheit. Außerdem bezweifle ich, ob die ›intensive‹ Befragung – um es vornehm so zu nennen –, die Sie im Sinn haben, einen Erfolg bringt. Es ist nicht erwiesen, daß irgendein Kamerad Bossolos von dieser Berlinerin weiß.«
    »Das eben können wir feststellen.« Lepkin schlug die Beine übereinander. »Sie hielten vorhin einen Vortrag darüber, daß die ausländischen Arbeiter sich ihr eigenes Getto geschaffen hätten. Was in dieser abgeschlossenen Welt geschieht, weiß jeder von jedem. Seien wir keine humanitären Idioten: Reißen wir diese Gettomauer ein!«
    »Bravo! Es ist das erstemal, daß ich mit meinem sowjetischen Kollegen völlig einig bin!« rief Holden. »Das sollten wir feiern.«
    »Was Sie vorhaben, meine Herren, ist mindestens schwere Körperverletzung im Amt.«
    »Wer weiß das?« Lepkin lächelte charmant. »Wir sollten uns einfach an diese Unterredung nicht mehr erinnern. Was ist einfacher? Alle Probleme werden nur dann zu Problemen, wenn der Mensch sie zu Problemen macht. Das ist ein irrer Lehrsatz, aber es lebt sich bei seiner Anwendung erfreulich leichter.«
    »Gut. Die russische Lebensphilosophie hat mich von jeher fasziniert. Nur fragt es sich, ob wir in diesem speziellen Fall damit weiterkommen?« Beutels blickte in sehr abweisende Gesichter. Ihm war klar, daß sowohl Lepkin als auch Holden alles unternehmen würden, um die blamable Niederlage auszuwetzen. Dabei spielten moralische Bedenken keine Rolle mehr. Wer sein Leben lang nur im politischen Untergrund gearbeitet hat, kennt das Wort Moral nur aus dem Märchen grauer Vorschulkinderzeit. »Sie halten mich jetzt für einen Trottel, nicht wahr?« fragte Beutels.
    »Ich würde es nicht so hart formulieren«, antwortete Holden. Lepkin betrachtete seine manikürten Nägel. Diskussionen über Menschenrechte sah er als Zeitverschwendung an. Das russische System intensiver Befragung hatte seit Jahrhunderten mit gleichbleibenden Erfolgen funktioniert – man erfuhr sogar Dinge, die man gar nicht wissen wollte.
    »Was versprechen Sie sich davon, wenn Sie Pietro Bossolo aufspüren?«
    »Er weiß mehr, als er aussagte.«
    »Nein! Der kleine, arme Kerl aus Kalabrien weiß gar nichts. Er ist ein Spielzeug, allerdings ein teures. 10.000 Dollar ist eine Menge Geld, daß er im Chiemsee herumschwimmt, sich gefangennehmen läßt, bei uns im Keller hockt, traurige Lieder singt und sich wundert, was man eigentlich von ihm will. Er hat einen Auftrag ausgeführt, der ihm selbst völlig blödsinnig erscheint. Aber für ein Vermögen fragt man nicht lange … es sind schon größere Wahnsinnstaten für weniger verübt worden. Bossolo hat den Mann, den ich das ›Hirn‹ nenne, nicht gesehen, sondern nur gesprochen – das wissen wir. Er hat den Auftrag ausgeführt, dafür gebrummt und jetzt die erste Hälfte seines Lohns erhalten. Das alles ist strafrechtlich nicht einmal verfolgbar, denn jeder darf als Froschmann im Chiemsee tauchen – es ist ein öffentlicher See. Ob am Tag oder in der Nacht, das bleibt ganz dem Geschmack des Sportlers überlassen. Bossolo ist nicht die geringste strafbare Handlung nachzuweisen … wenn er einen guten Anwalt hätte, könnte dieser uns jetzt den Hintern bis zum Zäpfchen aufreißen! Was uns Bossolo geliefert hat – vielmehr die Baßdame aus Berlin –, ist die Stimme des ›Hirns‹ und ein Einblick in seine Arbeitsmethode. Ich zweifle bei der Korrektheit des Mannes – seine Stimme beweist, er ist ein Preuße! – nicht daran, daß auch die zweite Hälfte des Geldes übergeben wird. Das allein ist wichtig. Verbieten können wir nicht, daß ein Mann Geld annimmt, aber wir können uns dafür interessieren, wo und wie er es bekommt. Finden wir also Bossolo, wäre es ein ganz grober Fehler, ihn durch die Mangel zu drehen … den Mann im Hintergrund verscheuchen wir nur damit. Er weiß: Geheimdienste sind eingeschaltet. Die Polizei mag er als Idioten betrachten, aber den Geheimdiensten weht immer das Odeur des Bedingungslosen voraus. Ehrlich gesagt: Ich erwarte jetzt eine massive Aktion unseres Unbekannten mit dem nachschleifenden Bein. Mein Vorschlag: Bossolo aufspüren und in aller Stille überwachen. Ihn wie ein rohes Ei behandeln. Bis jetzt ist er der einzige Kontakt ins Dunkel, genauso dumm wie wir, aber mit offenen Händen, in die es Dollars regnet.« Beutels blieb vor Holden

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