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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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genug Zeit haben würde.

Tutzing
    Es ist verblüffend, mit welch einfachen Mitteln man das Aussehen eines Menschen verändern kann. Eine Hornbrille, ein kleiner Schnurrbart, gebleichte Haare, dazu dunkle Augenbrauen und eine etwas gebückte Haltung beim Gehen und Stehen … und schon ist das Originalbild verwischt, ja kaum noch erkennbar.
    Maurizio Cortone entschloß sich, diese einfache, aber wirksame Veränderung mit sich vorzunehmen. Mit dem neuen Gesicht ließ er sich in Mexico City fotografieren, stattete mit dem neuen Paßbild einen der zahlreichen Pässe aus, die ein Mann wie er immer zur Verfügung hatte, nannte sich ab sofort Steven Olbridge. Architekt aus Birmingham, Großbritannien, legte sich eine Mustermappe mit Fotos und Grundrißentwürfen exklusiver Landhäuser und Hotelbauten zu und fand, als er in den Spiegel schaute, daß er so für München bestens gerüstet sei. Auch Lucretia Borghi, die jetzt Anne Simpson hieß, hatte sich verändert. Ihr Haar war weißblond gebleicht, und Cortone fand, daß sie jetzt noch einmal so attraktiv aussehe wie vorher in ihrer südländischen Schönheit … zum erstenmal nach sechs Wochen raffte sich Cortone wieder auf, stand eine Liebesnacht nach altem Muster durch und war anschließend selbst verblüfft, daß diese Leidenschaft ohne Atemnot oder einen Herzanfall ausgekostet werden konnte.
    »Du bist wirklich der Größte!« sagte Lucretia gegen Morgen, satt und faul wie eine mit Milch überfressene Katze. »Gegen dich ist Ted ein Schwächling.«
    Es sollte ein Kompliment sein … für Cortone war der Gedanke, daß dieses Wunderwerk der Natur auch sein Schulfreund in den Armen gehalten hatte, ein Anlaß für Wut und Haß.
    Auch Dulcan verwandelte sich … er erblondete, ließ sich einen Kinnbart wachsen und trug hochmoderne, popfarbene Twenanzüge mit schreienden Krawatten und breitgestreiften Hemden. Bertie Housman legte keinen Wert auf Umstellung … ihn kannte keiner. Schatten sind immer gleichbleibend dunkel, und an Schatten erinnert man sich nicht.
    Mit dem Schiff ›France‹ fuhren sie gemütlich hinüber nach Europa, früher, als Cortone zunächst geplant hatte. Aber er war in den letzten Tagen unruhig geworden. Die dauernden Belästigungen durch Berringer, der zwei seiner Leute in die Sportschule gesetzt hatte, alarmierten Cortone. Wenn sich der CIA so stark engagierte, mußte in München nicht alles so ablaufen, wie dieser unbekannte Idiot Dr. Hassler ihm vorgerechnet hatte.
    »Wir müssen nachsehen«, sagte Cortone so plötzlich, daß alle ihn entgeistert anstarrten. Es war beim Nachtisch am Rand des Swimmingpools … geeister Fruchtsalat mit Maraschino. »In fünf Tagen läuft die ›France‹ aus nach Cherbourg … ich habe gerade telegrafisch Plätze gebucht.«
    Noch einmal erneuerte Cortone sein Alibi. Der Spezialist für innere Medizin Dr. Miguel Anjurez verlängerte die strenge Diätkur um weitere 8 Wochen und schrieb einen langen Bericht über die Diabeteserkrankung des Señor Cortone, die einer genauen Beobachtung bedürfe.
    Dieses Gutachten hinterlegte Cortone im Tresor des Hotels ›Imperial‹ in Acapulco, dann verwandelte er sich in Steven Olbridge und flog zurück nach New York. Am Morgen kam er auf dem Idlewild-Flugplatz an, eine Stunde später war er schon an Bord der ›France‹, räkelte sich in einem Liegestuhl auf dem Promenadendeck der ersten Klasse und war voll Bewunderung dafür, wie schön das dreckige New York an einem Junitag von Bord eines Schiffes aussah.
    Die Paßkontrolle hatte er mit lässigem Charme durchschritten. Als er seine Papiere aus der Aktenmappe holte – die Koffer waren schon auf dem Schiff – stellte er sich ungeschickt an, die Planungsmappe fiel heraus und klappte auf. Der Beamte bückte sich höflich und gab sie Cortone zurück, ehe dieser etwas mühsam den Rücken krümmte.
    »Ein höflicher Beamter, das ist selten!« sagte Cortone. »Herzlichen Dank. Das Rheuma, wissen Sie. Im Rücken sitzt es. Diese New Yorker Herbste mit den Windböen in den Straßen. Ich werde in Italien, in den warmen Quellen von Montecatini, heiße Bäder nehmen.«
    »Sie bauen Häuser?« fragte der Paßbeamte.
    »Ja. Ich soll in England und in Frankreich zwei große Hotels entwerfen. Und in Spanien eine Kirche! Stellen Sie sich vor … man holt sich aus New York einen Architekten, um in Spanien eine Kirche zu bauen! Ich habe es zuerst selbst nicht geglaubt.«
    »Viel Erfolg, Sir.« Der Beamte legte die Hand grüßend an die Mütze.

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