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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Knaben jesehen.«
    »Wo ist Bossolo?«
    »Neben mir. Ick jeb ihn Ihnen.«
    Bossolo ergriff mit bebender Hand den Hörer. Neben ihm drehte sich leise schnurrend das Tonband. Er schluckte mehrmals, ehe er sagte:
    »Bossolo. Isch konnte nicht eher, Chef. Und isch wußte keinen Rat. Was machen wir jetzt?«
    »Stimmt das mit den Geheimdiensten?«
    »Ja. Zwei Mann. Keine Polizei. Was ist mit Geld?«
    »Ich lege 5.000 Dollar wieder in ein Schließfach im Hauptbahnhof. Den Schlüssel findest du auf der Fensterbank der Schefflerstube, und zwar auf der Bahnsteigseite. Pünktlich um 15 Uhr, heute.«
    »Warum nur die Hälfte, Chef?«
    »Die andere Hälfte bekommst du, wenn ich sehe, ob du auch wirklich Pietro Bossolo bist.«
    »Isch werde nicht selber kommen, Chef. Wegen der Geheimdienste.«
    »Das ist klug. Wen schickst du?«
    Bevor Bossolo antwortete, schaltete Emma Pischke das Tonband ab. Die folgende Personenbeschreibung war keine Information für die Öffentlichkeit.
    »Gut«, sagte der Mann mit der angenehmen, gebildeten Stimme. »Akzeptiert.« Emma schaltete das Tonband wieder ein. »Die Merkmale sind nicht zu übersehen. Ich rufe wieder an …«
    Ein Knacken in der Leitung, dann ein gleichbleibendes Summen. Emma Pischke beendete die Aufnahme. »Er is doch 'n anständiger Gauner«, sagte sie. »Nu zu uns, mein Junge. Jeder Mänätscher kriegt sein Jeld. Ick bejebe mir sojar in Jefahr. Wat zahlste freiwillig?«
    »1.000 Dollar, Mamma«, sagte Bossolo schnell. Auch mit 9.000 Dollar kann man in Kalabrien etwas Großes anfangen. Vor allem aber kann man den Wunsch von Papa erfüllen, damit er ruhig sterben kann: Ein anständiger Mensch werden … endlich. Wer im Staub sitzt, für den bedeutet ein Fußbad schon den Himmel der Reinlichkeit.
    Pünktlich um 15 Uhr walzte Emma Pischke in die Bahnhofshalle und fand auf der Fensterbank der Schefflerstube den Schließfachschlüssel. Nr. 689. Bis zu diesem Griff nach 5.000 Dollar war viel geschehen. Sie hatte sofort nach dem Telefongespräch ein Bad genommen, war dann zum Friseur gegangen und hatte sich frisieren lassen. »Det war 'n jebildeter Mann«, sagte sie zu Bossolo. »Jungchen, wo ick auftrete, hinterlasse ick eenen juten Eindruck! Wenn er mir beobachtet, soll er wissen, die Emma Pischke ist 'ne Dame …«
    Sie hatte ihr bestes Kleid angezogen, fuhr mit der U-Bahn zum Bahnhof, stand mit zittrigen Knien auf der Rolltreppe und war erst frei von aller Angst, als sie im Fach 689 ein Paket liegen sah. Sie befühlte es, es knisterte drinnen, dann sah sie sich um, aber da war niemand, zu dem die vornehme Stimme hätte passen können. Als sei es ein Päckchen mit Wurst, stopfte sie das Geld in eine Einkaufstasche und verließ ruhig, aber schweratmend den Schließfachraum. Ein paarmal blieb sie stehen und beobachtete die Menschen durch die Fensterscheibe. Der Verkehr flutete hinter ihr vorbei, Menschen mit Koffern, Elektrokarren mit Gepäck und Paketen, ein Zeitungswagen, ein Kegelklub, der irgendwohin fuhr, um die Vereinskasse zu versaufen, ein Ehepaar, das sich zum Abschied küßte, eine Zusammenrottung von Würstchenessern an einem Stand.
    Und ein unscheinbarer Mann, der auf dem linken Bein hinkte, nahe an Emma Pischke vorbeihumpelte und in der wogenden Menschenmenge verschwand.
    Der Rückweg nach Schwabing verlief nicht so geradlinig wie der Hinweg. Die ›Dicke Emma‹ fuhr zum Hauptpostamt und warf dort ein flaches Päckchen in den Briefschlitz.
    »An den Herrn Polizeipräsidenten von München oder den, der die großen Dinger aufklären muß …«
    Eine Anschrift, über die man später im Präsidium Tränen lachte.
    Beutels, zu dem dieses Päckchen automatisch kam, sah mit verkniffenen Lippen auf das Tonband, das aus der Umhüllung fiel. Er widerstand der Versuchung, das Band sofort abzuspielen und berief eine Sondersitzung ein. Um 19 Uhr saßen sie alle im großen Besprechungszimmer, sogar Stepan Mironowitsch Lepkin war gekommen.
    »Ich erwarte eine Sensation«, sagte Beutels, als er das Band in das Gerät einlegte. »Ich habe es noch nicht abgehört, ich will mit Ihnen zusammen den ersten Eindruck genießen. Das Band kam mit der Post. Stempel Hauptpostamt. Ein billiges Kuvert, DIN A4, zu einem Drittel umgeschlagen. Eine Handschrift, die gerade analysiert wird … sie wirkt wie die eines Holzhackers. Bitte Ruhe, meine Herren.« Er drückte auf den Abspielknopf und zuckte heftig zusammen, als ihm laut entgegentönte:
    »Ick hier …«

Zimmer 109
    Emma Pischkes große

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