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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein wird …«
    Der Präsident des Olympischen Komitees faltete die Hände über der Tischplatte. Er wollte nicht beten: »Herrgott, laß ein Wunder geschehen«, sondern damit nur seine zitternden Finger unter Kontrolle halten.
    »Das wissen wir ja«, sagte er tonlos. »Im Stadion werden 81.000 Menschen sein, darunter 400 Könige, Königinnen, Ministerpräsidenten mit ihren Gattinnen, Minister und andere Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Und sämtliche Sportler aus 126 Nationen.«
    »Dazu zwei Millionen Münchner und Gäste«, warf der Polizeipräsident leise ein.
    »Das genügt.« Beutels steckte die kalte, halbgerauchte Brasil zwischen die Lippen und umfaßte seinen Bierkrug. »Es wird mit Garantie die größte Katastrophe der Menschheit.«

München-Harlaching
    Ich heiße Hans Bergmann.
    Das ist nichts Besonderes, vielleicht gibt es Tausende, die Hans Bergmann heißen, zehntausend, weiß ich es? Mein Vater zum Beispiel hieß auch Hans Bergmann, und ich habe mich immer gewundert, warum er seinen einzigen Sohn auch so nannte. Zuerst war ich stolz darauf. Aha, dachte ich voll kindlicher Bewunderung, mein Vater will einen Sohn haben, der so wird wie er. Ich soll nach seinem Vorbild leben, und bei Gott, ich werde es. Gibt es einen besseren Vater? Immer einen vollen Teller, immer besohlte Schuhe, eine warme Wohnung mit Sofa, drei Sesseln, Radio, einem riesigen Gemälde an der Wand (Rauhfaser, weiß gestrichen, Binderfarbe, mit Elefantenhaut lackiert, damit man sie abwaschen konnte). Das Bild stellte eine Herbstjagd dar, sieben Reiter im roten Rock und vorweg eine Meute schnaubender, hechelnder, gestreifter Hunde, denen der Blutdurst aus den Augen und den weit aufgerissenen Mäulern flammt, und diese Reiter jagen auf modellschönen Pferden durch den Morgendunst, Tau glitzert auf den Bäumen und Büschen – man sieht es deutlich, der Maler war ein Naturalist –, die Sonne bricht durch die Morgennebel, man riecht den herben Ruch der Erde und des Waldhumus, ein Bild voll Kraft und Tötungssehnsucht, und ich erinnere mich, daß mein Vater mich oft bei der Betrachtung der nach blutigem Fleisch hechelnden Hundemeute umfaßte, genauer: Er legte den Arm um meine Kinderschulter und sagte: »Mein Junge, darin steckt der ganze Sinn des Lebens: Hetzen und gehetzt werden – aber immer der Sieger sein!«
    Also, das Bild hing an der Rauhfaserwand, wir hatten auch ein Bad und ein Extraklosett neben dem Eingang, und eine Küche, in der ich meine Mutter oft weinen sah. Sie erklärte mir auf meine Fragen, es komme vom Zwiebelschneiden. Am Abend dann stand ich, Hans Bergmann junior, vor Hans Bergmann senior und durfte ihn bewundern, ihn, den Helden in der Alltagsschlacht, der uns zu essen und zu trinken, Wärme und Geborgenheit, Kleidung und Schuhe und mir speziell eine elektrische Eisenbahn brachte.
    Verdammt, ich sah zu ihm auf wie zu Gott. Vom anderen Gott, dem sogenannten lieben Gott, erzählte der Pfarrer im Kindergottesdienst. Aber das war alles sehr abstrakt, ich hörte mir das an, dachte an meinen gegenwärtigen Gott, der Hans Bergmann hieß und der nicht aus Wasser Wein zauberte, sondern dafür sorgte, daß die Lesemappe immer gebracht wurde und ich die Fotos in den Illustrierten betrachten konnte. Und dann die Geschichte mit Jesus, der über den See Genezareth wandelte. Oder war's das Tote Meer? Sehen Sie, auch das habe ich bereits vergessen. Wie's auch sei – Jesus wandelte übers Wasser, und ich sagte zu dem Pfarrer, der uns das erzählte: »Kunststück, der konnte Wasserski …«
    Nach sieben ähnlichen Bemerkungen besuchte der Pfarrer meine Eltern, um zu sehen, in welchem Milieu ich aufwuchs. Er fand ein bieder-bürgerliches Elternhaus, wunderte sich eingehend über mich und prophezeite: »Wenn Sie Ihren Sohn nicht streng beobachten, wird er Ihnen aus den Fingern gleiten, Herr Bergmann.«
    Hans Bergmann senior, mein Vater, den ich bewunderte, mein Vorbild, dem ich nachleben wollte, denn ich trug ja akkurat seinen vollen Namen – Hans Bergmann verdrosch mich und sperrte mir die Lesemappen. Dafür entdeckte ich auf dem Speicher unter Gerümpel ein Bild, das einen Mann mit kleinem Schnurrbart, trotzigem Blick und erhobenem rechten Arm darstellte. Ein Gemälde, das mich mehr ansprach als die dumme Hundemeute und die roten Reiter … ich weiß nicht, warum. Ich schleppte es in die Wohnung, nahm die Gelegenheit wahr als meine Mutter zum Friseur ging, holte das Jagdbild vom Haken und hängte den

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