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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unseres Berufes verbreitet. Die großen Verdiener in unserer Branche sind auch diejenigen, die eine artistische Fertigkeit entwickelt haben, Chefredakteuren, Verlegern, Agenten, Managern, Ressortleitern, Verlagsleitern oder wer sonst etwas mitzusprechen hat, in den Hintern zu kriechen und dort, Loblieder singend, zu verweilen wie eine Made im Speck. Ich konnte das nie … ich schrieb, was ich für gut hielt, und meistens war es nicht gut. Dann lieferte ich wieder Arbeiten ab, die zum Erstaunen der Redaktion vom Leserpublikum gefressen wurden, wie etwa die Serie ›Ein kleiner Mensch erzählt‹. Als ich damit zum Chefredakteur kam und er den Titel las, sagte er sofort: »Bergmann, Sie haben wohl 'ne Meise?!« Aber er ließ das Manuskript – aus Erheiterungsgründen – im Verlag kursieren, und als sieben Sekretärinnen beim Lesen weinten, hat er es gedruckt. Seitdem gelte ich als Phänomen, so unbedeutend ich auch bin: sieben idiotische Arbeiten, dann eine gute. Dieser Erfolgsrhythmus weht mir voraus wie Moschusgeruch.
    Aber heute – ab heute, das sag' ich euch, Leute – wird es anders sein. Ich habe, wie man bei uns in der Branche sagt, einen ›dicken Otto‹ aufgerissen.
    Ein Bekannter von mir heißt Gustav. Natürlich ist das ein Deckname, denn keiner kann von mir verlangen, daß ich meinen Informanten nenne. Er wohnt auch nicht wie ich in Harlaching. Sie kennen Harlaching nicht? In jeder Großstadt gibt es Wohnviertel, wo hinter hohen Zäunen und eingebettet in Gärten und Parks ehrwürdige Villen und moderne Bungalows liegen, Häuser, deren Fassaden man vergolden könnte, denn die Besitzer dieser Nobelherbergen drehen eine Mark nicht dreimal um – wie ich –, ehe sie sie ausgeben, sie rechnen mit anderen Größen, ihre Namen haben einen Klang, tauchen in den Gesellschaftsspalten der Zeitungen auf, man erfährt, daß sie in Cortina Ski liefen und in St. Rafael ihre neue Motorjacht einweihten, ihre vierte Frau mit einer fünften vertauschten oder – fett gedruckt – noch immer ihre erste Frau wie am Tag der Hochzeit lieben, was Millionen Lesern Tränen der Rührung entlockt. Die Besitzer dieser Geldburgen bestimmen den Aktienkurs, drehen am Wirtschaftswunderrad, sind die heimlichen Könige in einer Demokratie und die unheimlichen Könige in ihren Betrieben.
    Sollen sie … Erfolg gibt Recht, sagte schon mein Vater. Damals meinte er allerdings den Mann mit dem Bärtchen auf der Oberlippe. Das stellte sich, wie wir alle wissen, als Irrtum heraus, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß der Erfolgreiche sich hinter Zäunen und Mauern, zwischen Bäumen und Büschen verbirgt, um in der Abgeschiedenheit am blauen Swimmingpool auf englischem Rasen sich der Zufriedenheit hinzugeben, ein besonderer Mensch zu sein. Ein Leib gewordener Händedruck Gottes.
    In so einer Villa wohne ich … in Harlaching, in eben solch einem Viertel, wo man sich wundert, daß im Herbst die Bäume bloß Blätter abwerfen und keine Goldstücke. Hier wohnen Bankiers und Großkaufleute, Juweliere und Exportleute, Baulöwen und Generaldirektoren, Südfruchthändler und Verleger. Auch mein Verleger. Und ich.
    Allerdings bewohne ich nur eine kleine Dachwohnung in der Villa des Südfruchthändlers Aloys Prutzler. Ein Prachtstück … die Villa, nicht Prutzler. Mit einem Wildpark bis hinunter zur Isar, für Kinder ein Paradies, in dem sie sich mit etwas Phantasie wie in einem Urwald vorkommen könnten, den sie täglich neu entdecken. Aber Prutzler hat keine Kinder, er ist sogar kinderfeindlich, und als ich mich um die Dachwohnung bewarb (ein Kollege hatte erfahren, daß Prutzler eine Wohnung vermietet, unter der Bedingung, daß der Mieter Sonntags die Wiese schneidet, was ich vom Frühjahr bis zum Herbst gewissenhaft tue, im Sitzen, denn Prutzler hat ein kleines Mähauto, mit dem ich durch den Park kurve wie auf den Bahnhöfen die Elektrokarren mit Gepäck) – also, als ich vor dem dicken, rotgesichtigen Aloys Prutzler stand und sagte: »Sie finden keinen besseren Fachmann für Rasenpflege als mich. Ich liebe geradezu englischen Rasen … ich sage sogar Sie zu ihm«, – da fragte er sofort: »Sind Sie allein?«
    »Ja. Noch.«
    »Was heißt noch? Wollen Sie heiraten?«
    »Wenn ich etwas Passendes finde.«
    »Sie haben Passendes?«
    »Gepaßt hat es bisher immer … aber nicht von Dauer. Ich bin ein Typ, der andere schnell verschleißt. Aber es könnte ja sein, daß irgendwann einmal …«
    »Dann werden Sie Kinder bekommen?«
    »Ich nehme

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