Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)
Garde-Regimenter wurden aus den Kantonen Solothurn, Freiburg und Luzern gestellt, und unter ihren höchsten Offizieren finden sich die Namen Pfyffer von Heidegg und von Althofen, Comte d’Affry von St. Barthélemy und de Besenval, die alle im Dienste der Bourbonen gestanden hatten und für den persönlichen Schutz Louis’ XVI. und seiner Familie zuständig gewesen waren. Und alle waren Freimaurer, die meisten in einer der Logen in Paris.
Da war zum Beispiel die katholische Adelsfamilie d’Affry, beheimatet nördlich von Lausanne am Plateau St. Barthélemy, seit Jahrhunderten in den Schweizer Garden tätig. Louis Augustin Comte d’Affry war bei Ausbruch der Revolution Oberbefehlshaber der Schweizer Soldaten in Frankreich und zeitweise Militärgouverneur von Paris gewesen. Er nahm zwar wegen einer schweren Erkrankung mit seinen über 70 Jahren nicht mehr an den Kämpfen in der Hauptstadt teil, sorgte aber nach dem 10. August 1792 für eine geordnete Rückführung der Schweizer Truppen in die Heimat, wo er 1793 in St. Barthélemy starb.
Sein Sohn Louis Auguste Philippe d’Affry war Bacher gut bekannt. Er war 1791/92 Oberbefehlshaber der französischen Truppen im Elsass mit Sitz in Hüningen gewesen. Er hatte bei den königlichen Schweizer Garden Karriere gemacht und begleitete mit seinem Vater nach der Ausweisung die Rückkehr in die Schweiz. 1795 leitete er in Freiburg, seiner Geburtsstadt, den »Rat der Sechzig«, die Versammlung der führenden Bürgerfamilien der Stadt.
Hilfe konnte Bacher auch von der Familie de Besenval erwarten, denn sie besaß die Herrschaft Brünnstatt, nur 30 Kilometer nördlich von Hüningen gelegen. Pierre Victor de Besenval (1721 – 1791) hatte dem engeren Zirkel um Marie Antoinette angehört. Er war Mitglied der Großloge »Le Grand Orient« in Paris und jahrelang Befehlshaber der Garden in Versailles. Sein Neffe Joseph de Besenval hatte sich als ehemaliger Hauptmann der Garden 1792 auf das heimatliche Gut zurückgezogen. Nach der Rückkehr der Bourbonen trat er 1815 als Oberstleutnant erneut in die Schweizer Garden ein.
Auch die weitverzweigte Familie Pfyffer gehörte zu denen, auf die Bacher sich stützen konnte; sie hatte jahrhundertelang auf Schloss Heidegg gesessen, das zwischen Basel und Luzern hoch über dem Baldeggersee gelegen ist. Ihre männlichen Mitglieder hatten – wie viele andere Adlige des Kantons Luzern – meist in den Schweizer Garden in Paris gedient. So auch Alfons Pfyffer von Heidegg um 1770 als Leutnant, nun war er Stadtschreiber von Luzern und Mitglied des dortigen »Großen Rates«. Sein Neffe Carl Pfyffer von Altishofen – die Baronie lag 25 Kilometer westlich von Schloss Heidegg – war unter Louis XVI. Leutnant in den Pariser Garden und nur durch einen Zufall wegen eines Kommandos in der Normandie nicht bei der Verteidigung der Tuilerien dabei gewesen, bei der 750 Mann der Leibwache starben. Er errichtete seinen toten Kameraden das »Löwendenkmal« in Luzern und war ab 1815 als Kapitän wieder in Versailles tätig.
Schloss Heidegg ist einer der Orte, an denen sich die mündliche Überlieferung erhalten hat, dass Madame Royale sich hier für einige Zeit aufgehalten habe. 7 In einem Raum hängt noch heute ein Bild von Kaiser Karl VI. und seiner Gemahlin Elisabeth, den Urgroßeltern der Prinzessin. In der Familie Pfyffer hat sich das Wissen um den Aufenthalt der Madame Royale als Familiengeheimnis erhalten. Und hier finden wir auch zum ersten Mal den Eid, der zur Erhaltung des Geheimnisses geschworen wurde. Erst die letzte Nachfahrin Marie Louise de Chambrier, geborene Pfyffer von Heidegg, die sich nicht mehr an den Eid ihrer Vorfahren gebunden fühlte, hat dies vor ihrem Tod 1953 dem Historiker Gottfried Boesch mitgeteilt 8 , der ab 1951 als Konservator Schloss Heidegg betreute, das Marie Louise de Chambrier und Mathilde von Glutz dem Kanton Luzern geschenkt hatten.
Die Dunkelgräfin in Hildburghausen (1807 – 1837)
Bildteil
Abb. 1: Marie Antoinette und ihre Kinder: Marie Thérèse, Louis Charles und Louis Joseph (rechts, † 1789). Gemälde von Marie Louise Élisabeth Vigée-Lebrun, 1787.
Abb. 2: Marie Thérèse, Madame Royale, im Alter von neun Jahren. Gemälde eines unbekannten Malers.
Abb. 3: Sturm auf die Tuilerien am 10. August 1792. Zeitgenössische Radierung, koloriert.
Abb. 4: Louis XVI. wird in den Temple gebracht. Zeitgenössischer Kupferstich.
Abb. 5: Madame Royale um 1793 im Temple. Zeichnung von einem Mitglied der
Weitere Kostenlose Bücher