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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Gefühl, als drücke mir jemand sehr langsam und sehr genussvoll die Kehle zu, als es aus Tante Gertrud geradezu hysterisch herausbrach: »Utz! Utz ist wieder in Berlin!«
    Es griff mir kalt ans Herz.
    All die Jahre seit der Reise in die Karpaten hatte ich mit der dumpfen Bedrohung gelebt, doch ich hatte sie schließlich in den Schrein meines Unterbewusstseins gepackt und ihn mehrfach verschlossen. Ich hatte Utz nahezu vollkommen aus meinem Dasein verbannt, um mich nicht durch die permanente Furcht vor ihm wahnsinnig zu machen. Mir war klar, dass wir noch nicht miteinander abgeschlossen hatten und er weder auf seine Ansprüche auf mich, als seine gesetzliche Tochter, noch auf die Vollendung seiner Rache an Estelles Nachkommen dauerhaft verzichten würde. Aber nichts drängte ihn, er konnte sich Zeit lassen, alle Zeit der Ewigkeit, in die wir beide schicksalhaft geworfen waren.
    Ich hatte mich ins Leben und in die Arbeit gestürzt, um ihn zu vergessen, aber seit wir auf Blankensee wohnten, war er längst wie ein Gespenst wieder aus der Verdrängung aufgestiegen. Kam ich am Kohlenkeller vorbei, quälten mich grausame Bilder meiner von ihm dort gefolterten Mutter … In meinen Albträumen ging er um … trieb mich mit derPeitsche vom Gut … Beladen mit ein paar Habseligkeiten stapften meine Familie und ich durch den eisigen Winter in eine zerstörte Welt hinaus …
    Doch wenn ich aus diesen schrecklichen Träumen erwachte, schienen mir die Karpaten und Blankensee so weit voneinander entfernt zu sein wie der Mond von der Erde, und ich sah keinen Grund, warum er sein Schloss und seine Gespielinnen verlassen sollte. Was konnte ihn an Nazi-Deutschland reizen?
    Mehr, als ich dachte, offenbar, denn sonst wäre er nicht zurückgekommen, und ich hoffte inständig, dass ihn weniger der Gedanke an Rache als der Wunsch nach Einfluss und Macht geleitet hatte.
    Ich lenkte meine Aufmerksamkeit zurück zu Gertrud, die ununterbrochen weiterlamentiert hatte.
    »… er will das Bankhaus wieder selber führen und wirft uns einfach aus der Villa, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wo wir hinsollen.«
    Gertruds Redefluss machte mich zunehmend nervös, und so sprang ich auf und begann im Feuer herumzustochern.
    »Dann müsst ihr euch halt eine Wohnung in Berlin suchen. Das kann ja nicht so schwer sein. Es ist doch all die Jahre ständig gebaut worden.« Sie sollte ja nicht auf die Idee kommen, wir könnten ihr und Hansmann die Wohnung in der Brüderstraße überlassen. Die brauchten wir schließlich für unsere Ausflüge nach Berlin.
    Gertrud führte die Teetasse zum Mund, stellte sie aber wieder ab, ohne getrunken zu haben. Sie wirkte plötzlich sehr alt, und mir wurde bewusst, dass sie ja sehr viel älter als meine Mutter Estelle war, ja sogar älter als Hansmann, und der musste Mitte sechzig sein.
    »Ja, schon«, sagte sie gedehnt, »aber doch überwiegend Repräsentationsbauten oder Mietshäuser für Arbeiter … das ist schließlich nichts für uns, und Utz meint ja auch …«
    Ich wurde hellhörig.
    »Was meint Utz?«, frage ich alarmiert.
    »Er will uns Blankensee überlassen … Er meint, es sei Zeit für Hansmann, in den Ruhestand zu gehen, und ein …«, sie schniefte, »… kontemplatives Leben auf dem Lande sei da doch angemessen.«
    Ich hoffte mich verhört zu haben. Hansmann und Gertrud auf Blankensee? Nur über meine Leiche!
    »Habt ihr ihm denn nicht gesagt, dass ich hier mit meiner Familie lebe? Und habt ihr vergessen, dass das Gut vollkommen heruntergekommen war? Ich habe es mit Conrad erst wieder aufgebaut …«
    Gertrud ging auf meine Worte gar nicht ein, sondern stand auf. Sie wirkte nun sehr viel ruhiger.
    »Ich wollte es dir persönlich sagen, damit ihr euch darauf einrichten könnt. Ende der Woche kommt der Möbelwagen.«
    Nun platzte mir allerdings der Kragen.
    »Da habe ich wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden!«, brauste ich auf. So konnte sie mit mir nicht umspringen. »Ich habe schließlich den Nießbrauch für das Gut. Notariell beglaubigt und mit Brief und Siegel.«
    Ich triumphierte. Da hatte Hansmann Pech gehabt. Wie gut, dass Friedrich und Conrad auf diesem Vertrag bestanden hatten. Aber Gertrud sah mich nur arrogant über ihre Nasenspitze an und meinte hanseatisch unterkühlt:
    »Das war ein Entgegenkommen, gewiss, aber es ist natürlich nun, wo Utz lebt, Makulatur. Das Gut gehört ihm nach wie vor und niemand außer ihm selbst ist berechtigt,solche Verträge abzuschließen, das war euch doch damals

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