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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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fest. Sie war völlig aufgelöst und tat mir leid und so fragte ich: »Geht es um Ihre Tochter?« Schluchzend brach sie in Friedrichs Armen zusammen.
    »Bring sie ins Haus«, sagte ich, und an die aufgebrachte Meute gewandt rief ich: »Geht nach Hause, Leute, wir werden die Sache aufklären, es hat keinen Zweck, wilde Anschuldigungen zu erheben.«
    Aber sie hörten nicht auf mich. Riekes Vater, der Wortführer, stürmte nun ebenfalls auf die Treppe, und da Friedrich mit der Mutter des Mädchens im Haus verschwunden war, bedrängte er mich und schrie: »Diesmal könnt ihr es nicht mehr mit Geld gutmachen! Wir lassen uns nicht länger bestechen. Das Gut ist verflucht und ihr seid eine Bande von Verbrechern!« Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn mit Gewalt von der Treppe zu stoßen, was dazu führte, dass nun alle versuchten mich zu ergreifen. Ich rettete mich ins Haus, und weil es dem aufgebrachten Mob nicht gelang, die massive und mehrfach verriegelte Tür einzurennen, warfen sie wenig später Steine gegen die Fenster, sodass sie zerbarsten. Ganz besonders taten sich ein paar Braunhemden dabei hervor, und als ich die inneren Fensterläden schloss, richteten sie ihren Zorn gegen die Scheune, schleuderten ihre Fackeln hinein und sie brannte weithin lodernd zum zweiten Mal.
     
    Nachdem nun ihr Zorn ein Ventil gefunden hatte, war wohl einigen allmählich bewusst, dass sie mit der Brandstiftung über das Ziel hinausgeschossen waren. Das hatten sie nicht gewollt, und so zogen sie schließlich ab, als Friedrich mit der Mutter des Mädchens, der wir jede Unterstürzung zugesagthatten, wieder vor das Haus trat und sie offenbar wegen der freundlichen Behandlung, die sie bei uns erfahren hatte, die Leute ebenfalls aufforderte, nach Hause zu gehen.
    Friedrich führte sie zum Auto und fuhr sie hinunter ins Dorf.
    Als er zurückkam, zeigten wir ihm die Leiche und erklärten ihm, was geschehen war. Er sah grau aus, und ich merkte ihm an, dass es ihn schmerzte, das kleine Mädchen nun doch tot zu wissen, wo er seiner Mutter gerade noch Hoffnung gemacht hatte. Aber es half nichts, wir alle trugen große Verzweiflung in uns, weil sich wieder einmal die Grausamkeit des auf uns lastenden Fluches brutal bemerkbar gemacht hatte. Sosehr wir uns auch immer wieder bemühten, uns der menschlichen Gesellschaft anzupassen, wir waren keine Menschen, und darum würden wir immer wieder mit ihren Normen, Werten und Gesetzen in Konflikt kommen.
    So gingen wir nach oben, standen stumm an den Fenstern und sahen durch die zersplitterten Scheiben die Scheune in Schutt und Asche fallen.
     
    Ich kümmerte mich dann wieder um Lysette und versuchte ihr zu erklären, was mit ihr geschehen war. Sie wollte es nicht wahrhaben, dass sie in sich eine blutrünstige Bestie trug, die von nun an regelmäßig nach Blut verlangen würde.
    »Es ist unsere unselige Natur, der Blutdurst ist unabänderlich mit unserer Existenz verbunden. Ohne menschliches Blut altern wir und müssen, uns selbst ein Gräuel, dennoch als Untote rastlos bis in alle Ewigkeit unser Dasein fristen.«
    »Und es gibt keine Erlösung?« Lysette sah mich verzweifeltan, und ich hatte das Gefühl, dass sie eher sterben wollte, als noch einmal einen Menschen zu töten. So war es mir ebenfalls gegangen, nachdem ich den kleinen blonden Jungen im See versenkt hatte. Aber die archaische Macht unserer mystischen Natur war stärker gewesen als meine Skrupel und mein Wille. So schüttelte ich auf ihre Frage hin nur den Kopf.
    »Man kann sich arrangieren …«
    »Das sagst du ?«, brauste sie jedoch auf. »Du, die den Nazis Menschenverachtung vorwirft? Du kannst hingehen und Menschen das Blut aussaugen?«
    Ihre Verachtung stach wie ein Messer in mein Herz, und das Schlimmste war, dass sie ja recht hatte, und alle Diskussionen, die ich mit Friedrich über diese Frage geführt hatte, waren stets unbefriedigend geblieben. So führte ich das letzte und einzig gültige Argument an, das mir noch blieb.
    »Wir haben uns dieses Schicksal nicht ausgesucht, Amanda, darum können wir auch nicht schuldig sein. Wir haben wie jedes Tier das Recht auf Leben, und um leben zu können, müssen wir töten. Niemand von uns ist glücklich darüber, aber wir haben keine Wahl. Das ist der Unterschied zu den Menschen – sie haben eine und töten aus reiner Mordlust doch!«
    Ich stand auf, um mit Friedrich noch in der Nacht die Leiche fortzuschaffen.
    »Keiner verlangt, dass du das alles sofort verstehst und akzeptierst. Ich

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