Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
Knirschen nach. Die Ramme schob sich durch das zerstörte Holz und riss den Trollen dabei beinahe die Seilenden aus den Pranken. Holzsplitter flogen um sie herum, trafen Ruk in Stirn und Wangen, aber das machte ihm nichts aus. Die entsetzten Rufe über ihm und das Ausbleiben des nächsten Pfeilhagels erfüllten ihn mit grimmiger Zufriedenheit.
»Runter mit dem Ding«, brüllte er, und die Trolle ließen die Ramme fallen. Ruk stürzte zu dem Loch im Tor. Es war groß genug, um beide Pranken hindurchzustecken, und dahinter konnte er die Angst seiner Feinde sehen und riechen.
»Hilf mir«, schrie er zu Korr hinüber, und der große Troll eilte zu ihm. Ruks Pranken bekamen lose Holzstücke zu fassen, zerrten und rissen an ihnen. Nur Augenblicke später war ein Loch entstanden, durch das sich ein Troll mühelos in die Stadt schieben konnte.
Anscheinend hatten ihre Feinde ihren Mut wiedergefunden. Eine silberne Klinge kam durch die Öffnung auf ihn zu, doch Ruk wich blitzschnell aus, und die Waffe zischte an ihm vorüber, ohne Schaden anzurichten.
»Ich gehe als Erster«, knurrte er und stieg durch das Loch. Für Karn!
Auf der anderen Seite standen zwei Handvoll Elfen, die Schwerter vorgestreckt. Aber Ruk konnte sehen, dass ihr Kampfeswille gebrochen war. Ihr Anführer hob die Klinge, doch er zögerte einen Augenblick zu lang mit seinem Angriff.
Ruk stürmte auf ihn zu und griff in seine Waffe. Die Klinge schnitt ihm in die Pranke, aber er beachtete es nicht. Mit einem Ruck drehte er dem Spitzohr das Schwert aus der Hand, das wie ein Spielzeug zu Boden fiel. Ein Faustschlag schickte den Elfen gleich daneben zu Boden.
Der Fall ihres Anführers brachte Leben in die Elfen, und sie griffen geschlossen an. Aber mittlerweile waren auch Korr, Ksisa und Zega durch das zerstörte Tor geklettert, und ihre Klauen hielten unter den Verteidigern blutige Ernte. Korr ging unter Hieben der Klingen in die Knie, brüllte vor Wut und Schmerz, aber noch immer packte er Elfen mit seinen Pranken, zerfetzte ihre Leiber und rammte ihnen seine Hauer ins Fleisch.
Als die zweite Reihe der elfischen Krieger sah, was mit den Verteidigern geschah, erhob einer von ihnen die Stimme. »Rückzug«, keuchte er panisch. »Wir müssen uns zurückziehen.«
Die Elfen folgten ihm, ohne zu zögern, als er sich umdrehte und davonrannte.
Ruk lachte laut auf. »Ja, lauft nur, ihr Hasen«, schrie er. »Das wird euch nichts nutzen.«
Er hob den Arm.
Lediglich Zega und Ksisa standen noch. Korr war in sich zusammengesunken. Blut floss aus zahllosen Wunden in seinem mächtigen Leib.
»Helft mir!«
Gemeinsam mit den verbliebenen Trollen ergriff Ruk den schweren Balken, der das Tor von innen verschlossen hielt. Dann schoben sie die zersplitterten Torflügel weit auf.
Aus dem Regen schälten sich langsam Umrisse heraus, und dann kam Israk auf Ruk zugelaufen, gefolgt von allen Kriegern und Jägern der Horde. Gemeinsam stürmten sie die Elfenstadt und jagten ihre Bewohner durch die Straßen wie eine Naturgewalt, die nichts aufhalten konnte.
51
D eilava sah Karn nach, bis der Troll von der Dunkelheit verschluckt wurde. Erst als sie seinen massigen Leib nicht mehr sehen konnte, fühlte sie sich allein. Es kam ihr wie ein Wunder vor, dass die Nähe des Trolls ihr Trost gespendet hatte.
Wieder wurde ihr Blick vom dunklen Schatten des Waldes angezogen. Sie sehnte sich danach, in ihn zurückzukehren, wieder unter und in den Bäumen zu wandeln. Narems Tod hatte etwas in ihr verändert. Sie verspürte stärker als je zuvor den Wunsch, das Leben zu genießen. Inmitten ihrer Sippe. Sich an ihrer Gegenwart zu erfreuen. Das alles war für sie noch kostbarer geworden. Aber noch konnte sie nicht heimkehren.
Narems Tod band sie. Also drehte sie sich um und starrte in die Finsternis des Höhleneingangs. Es war nicht ihre Welt, fast sogar das Gegenteil. Es war die Heimat des Kleinen Volkes, unbekannt und Furcht einflößend, ein Ort von totem Fels und Stein, weit entfernt vom allgegenwärtigen Leben des Waldes. Hart und grausam.
Obwohl jede Faser ihres Seins sich dagegen wehrte, tat sie den ersten Schritt. Jetzt durfte sie nicht zögern– wenn sie es tat, mochte der Moment vergehen und ihre Entschlusskraft wanken und sie niemals mehr den Mut aufbringen.
Die Finsternis verschlang sie.
Der Gang war einfach, ein gerader Weg mit flachem Boden. Erst glitt ihre Hand über die Wand, kühler Stein unter ihren Fingern, glatt und hart. Dann jedoch zog sie sie zurück und folgte
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