Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
tun kann«, erklärte er mit fester Stimme. Er blickte hinab zu der Stadt. »Ich muss Israk davon abhalten, die Trolle für seine Zwecke zu benutzen.« Entschlossen erhob er sich wieder und sah Deilava an.
Sie nickte. »Der Weiße Bär hat dir einen Pfad eröffnet, den du gehen solltest«, befand sie. »Es ist eine große Ehre. Ich weiß nicht, warum er einen Troll auserwählt hat. Dein Volk ist im Umgang mit den Geistern unerfahren, hasst und fürchtet ihre Macht sogar. Aber ich weiß, dass er den richtigen Troll gewählt hat.«
Karn musste lachen. Wie der richtige Troll fühlte er sich keineswegs.
»Und was wirst du tun? Kehrst du in deine Heimat zurück?«
Deilava drehte den Kopf nach links, blickte zum dunklen Wald, in dem ihr Volk lebte. Lange schwieg sie.
»Nein«, erklärte sie schließlich. »Es gibt Dinge, die ich erledigen muss.«
Karn sah die Elfe an. Sie war eine unwahrscheinliche Verbündete. Niemals hätte er gedacht, dass er sein Leben für eine Nicht-Trollin riskieren würde. Oder dass er den Rat einer Elfe höher als den von Trollen schätzen würde. Sie war so verschieden von ihm, und dennoch vertraute er ihren Worten.
»Folge dem Weg der Geister, und dein Schritt wird sicher sein«, sagte Deilava zum Abschied.
Karn nickte.
Dann machte er sich auf zu den Trollen, um sie vor dem Schicksal zu bewahren, das Israk ihnen zugedacht hatte.
50
D ie Mauern sind dick, und es gibt nur wenige Tore«, knurrte Ruk, während er langsam seinen Blick über die Elfenstadt wandern ließ. Es war das erste Mal, dass er eine Stadt der Spitzohren aus der Nähe sah, und Ruk fühlte sich einen Moment lang seltsam berührt von der Schönheit des Anblicks.
Hinter der Befestigungsanlage aus hellem Stein erhoben sich verschnörkelte Gebäude mit gewölbten Dächern und reich verzierten Außenwänden. In der Mitte der Stadt befand sich ein künstlicher Baum, der anscheinend aus makellosem weißem Stein gehauen war. Er stand inmitten eines funkelnden Sees, der von einem Fluss gespeist wurde, der durch ein mächtiges Schleusentor in die Stadt floss. Die Zweige des Baumes, an denen steinerne Blätter hingen, breiteten sich über der Stadt aus und spendeten ihr Schatten. Die Abendsonne färbte die Spitzen des Baumes und die Kuppeldächer golden.
»Pah!«, erwiderte Israk, den der Anblick offenbar kaltließ. »Ich glaube nicht, dass die Spitzohren irgendetwas bauen können, was der Macht eines Trolls lange widerstehen kann.«
»Mag sein«, schaltete sich Trohm ein, einer der Späher, die diese Elfensiedlung beobachtet hatten. »Aber wenn wir einfach so versuchen, durch die Mauer zu brechen, werden die Elfen viele von uns mit ihren silbernen Klingen töten. Sie können es da drin vermutlich eine ganze Weile aushalten, und vor den Mauern sind wir leichte Beute für sie.«
»Wir könnten auch dafür sorgen, dass sie nicht mehr rauskommen«, grübelte Ruk laut. »Wenn wir ihre Tore bewachen, brauchen wir nur noch zu warten, bis sie vor Hunger aus ihren steinernen Bäumen fallen und sich ergeben.«
»Machst du Witze?«, grunzte Zega. »Das sind Spitzohren. Jeder von denen isst pro Woche bloß eine Handvoll Gras.«
Trohm lachte. Seine lehmfarbene Haut und die dunklen Hörner hoben sich kaum von den Farben des Waldes ab, was dafür sorgte, dass er trotz seiner Größe schwer zu entdecken war, wenn er flach im Unterholz lag. Die vier Trolle hatten sich eine erhöhte Position am Waldrand gesucht, um die Elfenstadt zu beobachten und einen Plan für den Angriff zu schmieden.
Ruk legte nachdenklich den Kopf schräg. Er glaubte nicht, dass die Elfen nur von Gras lebten, aber es war gut möglich, dass sie im Inneren ihrer Stadt genug Vorräte hatten, um eine lange Belagerung zu überstehen. Wer in der Lage war, solche Wunder aus Stein zu schaffen, musste vermutlich nicht von der Hand in den Mund leben.
Es hatte für die Späher keine Möglichkeit gegeben, ins Innere zu gelangen. Alle Tore wurden streng bewacht, und obgleich Elfen in der Stadt ein und aus gingen, hätte ein Troll natürlich sofort Aufmerksamkeit erregt.
»Was ist mit ihrem Wasser?«, wollte Ruk schließlich wissen. » Wir könnten den Fluss vor der Stadt stauen. Durst ist noch viel schlimmer als Hunger.«
»Bist du ein Biber, oder was?«, gab Trohm spöttisch zurück. »Im Lehm zu graben und Holz in den Fluss zu werfen ist pajei.«
Niemand warf ihm ungestraft vor, ein Feigling zu sein. Mit einem Brüllen richtete sich Ruk halb auf, warf sich gegen Trohm und
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