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Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)

Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)

Titel: Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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die vier Beine war sein Körper sehr seltsam, aber Karn sah auch viele Gemeinsamkeiten. Das Gesicht war keinesfalls das eines Tiers, und er hatte zwei Arme mit jeweils einer Hand. Zugegeben, die Augen waren groß und anders als Trollaugen, und seine Haut war glatt und seltsam hell, aber Karn konnte in ihm doch mehr Ähnlichkeiten erkennen, als er gedacht hatte.
    »Hast du Hunger?«
    Der Keibos rührte sich nicht. Auch nicht, als Karn sich neben ihn hockte und ihn vorsichtig berührte. Hinter ihm begann Ruk noch einmal, die Geschichte ihrer Erkundung zu erzählen, aber Karn hörte nur mit einem Ohr zu.
    Der Atem des Keibos ging flach, sein Blick war auf den Boden gerichtet.
    »Willst du was trinken?«
    Hinter Karn lachte Breg dreckig auf, als Ruk von irgendwelchen Tieren der Ebenen erzählte. Der Keibos reagierte immer noch nicht.
    »Verstehst du mich nicht?«
    Karn wusste, dass die Frage wenig sinnvoll war, falls der Keibos ihn tatsächlich nicht verstand, aber er hatte keine Ahnung, was er sonst zu dem rätselhaften Wesen sagen sollte.
    Diesmal richtete sich der Blick des Keibos auf ihn. Es waren fremdartige Augen, aber jetzt spürte Karn, dass in ihnen etwas lag, was er verstand: Angst.
    »Ich bin Karn. Der Dicke da hinten, Ruk, ist mein Bruder.«
    Der Blick wich nicht von seinem Gesicht.
    »Wie ist dein Name?«
    Schweigen antwortete ihm.
    »Das haben wir alles schon versucht«, erklärte Ksisa und legte Karn die Hand auf die Schulter. »Er redet nicht. Das sind seltsame Wesen.«
    Karn stand auf und brummte unbestimmt. Der Keibos mochte seltsam aussehen, aber Karn war sich sicher, dass er sie verstand und ihnen absichtlich nicht antwortete. Er konnte den Grund dafür nur mutmaßen, doch glaubte er nicht, dass es pure Angst war.
    Ein lauter Ruf ließ ihn aufsehen. Israks dreisteste Jägerin stapfte durch den Schnee auf sie zu.
    »He! Israk will den Keibos befragen! Ihr sollt ihn zu uns schaffen!«
    »Der redet nicht«, erklärte Ruk gelassen, trat ihr aber aus dem Weg.
    Sie hielt neben ihm inne, verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf den Gefangenen hinab. »Der wird schon reden«, stellte sie ebenso ruhig fest. Dann warf sie Karn ein Grinsen zu. »Und wie der reden wird.«

20
    W ie selbstverständlich hatte sich Israks Stamm auf dem Platz zwischen den Hütten niedergelassen. Seine Jäger hatten getrocknetes Holz aus den Vorräten der Eleitam geholt und ein Feuer auf dem Platz entzündet. Das flackernde Licht warf lange Schatten auf den aufgewühlten Schnee und ließ die Mienen der anwesenden Trolle unruhig und wild wirken.
    Der Keibos war schweigend mitgekommen. Er schien sich in sein Schicksal ergeben zu haben. Ksisa brachte ihn in den Kreis, in dem sich Israks Trolle versammelt hatten. Als sie ihn an der Schulter packte und zum Anhalten zwang, spannte er seine Muskeln an, aber dann senkte er das Haupt und kam ihrem Befehl nach.
    Niemand sagte etwas. Ruk ahnte, dass Israks Jäger ihrem Anführer das erste Wort lassen würden. Ihr Verhalten war ungewöhnlich, vor allem, da die meisten von ihnen jung waren, so jung wie Karn oder noch jünger. Ruk hätte Rufe erwartet, derbe Scherze, doch sie alle starrten den Keibos nur an. Ihm gefiel die Stimmung nicht. Es war, als hätte Israk sogar über ihre urtümlichsten Gefühle Macht.
    Auch Karn war offensichtlich nicht ganz wohl, auch wenn er sein Bestes gab, es sich nicht anmerken zu lassen. Aber Ruk kannte seinen kleinen Bruder nur zu gut. Der ruhige Gang, die betonte Gelassenheit, sie verbargen nur eine innere Anspannung.
    »Jetzt haben wir endlich Zeit für dich«, begrüßte Israk den Keibos und erhob sich. Diejenigen seines Stammes, die gesessen oder gelegen hatten, taten es ihm gleich. Ruk hatte schon erlebt, dass Anführer besonderen Respekt genossen. Bevor Akken ihn besiegt hatte, war Nork ihr Anführer gewesen, und zu seinen besten Zeiten war er nicht nur ihr größter Jäger und Krieger gewesen, sondern hatte sie auch mit Weitsicht geführt. Doch die Verehrung, die diese Trolle Israk entgegenbrachten, war anders. Ruk hätte es nicht genauer benennen können, aber er spürte es einfach.
    Der Keibos antwortete nicht, doch Ruk hatte nichts anderes erwartet. Ksisa überließ den Gefangenen seinem Schicksal und kehrte zu Akken, Karn und Ruk zurück, die am Rand des Kreises haltgemacht hatten.
    »Er hat kein Wort gesagt«, rief Akken, was alle Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. »Könnte meinen, der kann nicht sprechen.«
    Israk schritt langsam auf den Keibos zu.

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