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Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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geschehen war. Vielleicht war sie tatsächlich den Grauen Rittern in die Hände gefallen und getötet worden.
    »Wenn sie tot ist, müssen wir den Schmerz ertragen«, wisperte Sancha mit bebender Stimme. »Lasst uns beten, dass dem nicht so ist.«
    Cordelia stieg die Treppe hinauf, gefolgt von Titania, die nur mit Mühe ihre Angst verbergen konnte. Tania und Edric gingen als Nächste, dann Sancha und Zara. Die Falltür zum Dach war aufgebrochen und zertrümmert, und Tania stellte sich schaudernd vor, wie die Grauen Ritter die Elfenprinzessinnen bis in den Bonwyn Tyr verfolgt hatten.
    Mit angehaltenem Atem näherte sie sich der Falltür, doch als sie über die Luke spähte, sah sie, dass die flachen Steinplatten auf dem Dach leer waren. Nur ein Ring von hässlichen, geschwärzten Brandspuren deutete darauf hin, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte.
    »Eden ist hier nicht gestorben«, stellte Cordelia fest, während sie nacheinander auf das Dach kletterten.
    »Und wenn sie gefangen genommen wurde?«, sagte Sancha. »Wäre es möglich, dass Eden eine Gefangene der Grauen Ritter ist?«
    »Vielleicht ist sie ihnen ganz entkommen«, warf Zara ein. »Eden ist sehr mächtig.«
    Edric berührte sanft Tanias Arm, und als sie sich umdrehte, starrte er mit schreckensbleichem Gesicht nach Süden. Titania war zur Südseite der hüfthohen Steinbalustrade gegangen, und dort stand sie wie vom Donner gerührt, die Hände zu Fäusten geballt, und starrte auf den Elfenpalast hinunter.
    Tania schlug sich die Hand vor den Mund, als sie die Verwüstung erblickte. Die Schlossgärten, die sich zwischen dem Parkgelände und dem Palast erstreckten, waren völlig zerstört. Es war, als habe eine schreckliche Krankheit die kunstvoll angelegten Blumenbeete und Büsche dahingerafft, sodass nur ein paar vertrocknete Hülsen und die nackte braune Erde übrig geblieben waren. Die Brunnen waren versiegt, die meisten Marmorstatuen an den Wegen und Plätzen zertrümmert oder umgestürzt.
    Jenseits der verwüsteten Gärten hing ein schmutzig grauer Dunst über dem Palast, und hier und da quollen dunklere Rauchschwaden aus rußgeschwärzten Fenstern und eingestürzten Dächern hervor. Die Palastanlage war riesig, vieles war unversehrt geblieben: Die hohen Backsteinmauern zahlreicher Türme und Gebäude ragten noch stolz am Flussufer auf, aber die königlichen Privatgemächer, die Tania von ihren Besuchen am besten kannte, waren vollkommen zerstört.
    »Wie ist das nur möglich?«, murmelte Zara, die neben Tania trat. »Wie konnte der Hexenkönig in so kurzer Zeit eine solche Verwüstung anrichten? Es waren doch nur wenige Tag e …«
    »Ich wusste, dass er ein Meister der bösen Künste ist und uns mit dem größten Vergnügen vernichten würde«, sagte Sancha. »Aber das hie r …«
    »Die Menagerie ist verlassen«, stellte Cordelia fest, die ihre Augen beschirmte und in den betreffenden Teil des Gartens hinunterspähte. »Wenn er den Tieren etwas angetan hat, schneide ich ihm das Herz aus dem Leib, das schwöre ich.«
    »Vielleicht sind sie entkommen«, sagte Tania. »Ich sehe keine toten Tier e …«
    »Ich bete, dass du Recht hast.« Cordelia wandte sich ab. »Aber nun rasch ans Werk.« Sie ging zum anderen Ende des Dachs und stieß eine Reihe hoher melodischer Pfiffe aus.
    Sofort flatterten zwei Krähen von den Bäumen auf und landeten auf Cordelias ausgestrecktem Arm. Cordelia redete kurz mit den Vögeln, die einmal zustimmend krächzten und dann eilig davonflogen.
    »Es ist vollbracht!«, verkündete Cordelia. »Die Vögel werden für Ablenkung sorgen, sodass wir unbemerkt von hier fortkommen. Lasst uns zur Tür hinuntergehen und dort warten.«
    Tania war froh, dass sie den traurigen Anblick des Elfenpalasts nicht länger ertragen musste. Als sie die Treppe hinunterstieg, sah sie im Geist die prächtigen Säle und Wohnräume und die Schlafgemächer der Prinzessinnen vor sich. All das sollte jetzt nicht mehr da sein? Diese ganze Schönheit, die sie gerade erst wiederentdeckt hatte, in wenigen Tagen sinnlos zerstör t …
    Sobald sie unten versammelt waren, öffnete Cordelia die Tür einen Spaltbreit. Tania stand neben ihr und spähte zu den Espen hinaus, wo zwei Graue Ritter auf ihren ausgemergelten Pferden Wache hielten. Edric trat neben Tania und ihre Blicke begegneten sich. Sie hatten nicht vergessen, dass sie diesen Kreaturen nur um Haaresbreite entkommen waren.
    Plötzlich kreischten draußen Vögel und lautes Flügelschlagen war zu hören.

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