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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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sie waren in Weltis Wagen zu einem Lokal in einem Außenquartier gefahren. Als sie es betraten, schlug ihnen der Geruch von heißem Käse entgegen. »Ich hoffe, du magst Raclette.«
    Blaser konnte nicht gut nein sagen. Man servierte hier nichts anderes.
    Welti war ein passionierter Raclette-Esser. Er baute kunstvolle Arrangements aus Kartoffeln, geschmolzenem Käse, Salzgurken und Silberzwiebeln, würzte sie mit Pfeffer und Paprika und balancierte sie routiniert in den Mund.
    Blaser erzählte unterdessen von seinem Besuch bei Wenger.
    »Und weshalb spielt Ott den Ahnungslosen, wenn er die Notiz ›Pius Otts Scherzpilz‹ sieht?« mampfte Welti.
    »Vielleicht ist ihm die Sache peinlich.«
    »Hast du ihn schon einmal getroffen?«
    Blaser schüttelte den Kopf.
    »Dem ist nichts peinlich. Schmeckt es dir nicht?« Welti schaute auf Blasers Teller. Der geschmolzene Käse hatte sich abgekühlt und mit einem speckigen Glanz überzogen.
    »Doch.«
    »Dann iß. Es ist à discrétion. «
    Blaser bastelte sich folgsam ein mundgerechtes Stück. » MAOH ist etwas, das die Wirkung der Drogenpilze erhöht. Weiß ich auch von Wenger.« Er schob den Happen in den Mund und kaute. Der Käse war bereits etwas gummig geworden.
    Welti hatte einen weiteren Teller geleert. Er winkte dem Kellner. »Könnte das Mord sein, der Fall Gasser?«
    »Das Opfer hatte einen Schädelbruch. Wir gingen davon aus, daß Gasser die Treppe hinunterstürzte und seine Zigarette oder sein Joint die Brandursache war.« Er spülte den zähen Käse mit etwas Tee runter. »Rein theoretisch könnte ihn aber auch jemand hinuntergestoßen und das Haus angezündet haben. Warum?«
    »Die Fingerabdrücke am Buch und ein Mordverdacht könnten etwas Leben in die Fahndung bringen. Bei uns nennen sie die Sache intern schon ›Fall Pascha‹.«
    Blaser hörte auf zu grinsen, als der Kellner mit zwei frischen Portionen kam. Welti hatte seinen Teller längst leer und erzählte von Kempf und dessen Rechthaberei mit den Abdrücken. Ein guter Vorwand für Blaser, seinen Kampf mit dem erkaltenden Käse aufzugeben. Er schob den Teller beiseite. »Vielleicht hatte der Mann recht. Aber Blank ist seither wieder im Büro gewesen.«
    Weltis Stärke lag mehr in seinem Umgang mit Hunden als in seiner Kombinationsgabe. »Daran habe ich nicht gedacht«, gab er zu.
    »Vielleicht haben wir doch einen Fall Blank«, murmelte Blaser.
    Als sie das Lokal verließen, sagte Welti: »Wahrscheinlich hättest du lieber in etwas weniger Ländliches gehen wollen, wenn du schon einmal in der Stadt bist.«
    »Das nächste Mal«, antwortete Blaser.
    »Magst du Pilze?« fragte Welti.
    Blaser schaute ihn von der Seite an, ob die Frage ernst gemeint war.
    Der nächste Kontakt zwischen Geiger, von Berg, Minder & Blank und der OTT FINANCING war informell. Er bestand darin, daß sich Geiger und Ott in der Lobby des Imperial trafen. Die Krise hatte sich verschärft.
    Am Vortag hatte ein Polizist bei Petra Decarli angerufen und ganz harmlos gefragt, wann der Drucker in Blanks ehemaligem Büro angeschafft worden war. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, die Unterlagen herausgesucht und ihm die korrekte Antwort gegeben: Vor gut sechs Wochen.
    Erst als der Polizist festhielt: »Also lange nach Doktor Blanks Verschwinden«, schaltete sie. Sie versuchte ihre Aussage zu korrigieren, aber der Polizist sagte: »Nein, nein, lassen Sie nur, das stimmt mit den Angaben von Doktor Gerber überein.«
    »Scheiße«, stieß Pius Ott hervor. Lauter als beabsichtigt. Aber Geiger hatte die abgelegenste Ohrensessel-Gruppe ausgesucht, und das Gershwin-Potpurri des Pianisten schluckte den Ausruf wie ein hochfloriger Teppich.
    »Heute vormittag tauchten zwei Beamte der Stadtpolizei auf. Sie fragten Gerber direkt, warum er nicht gesagt habe, daß Blank seit seinem Verschwinden im Büro war.«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Falls das so sei, müsse er sich heimlich Zugang verschafft haben.«
    Ott lehnte sich zurück und schaute zur Stuckdecke hinauf. Ein zweites Mal ging Blank ihm nicht durch die Lappen. »Jetzt fahnden sie natürlich nach ihm.«
    »Es hat den Anschein.«
    »Unter diesen Umständen wäre es besser, du würdest mit Gubler reden.«
    »Das hatte ich vor.«
    Leiser als nötig sagte Ott: »Ich brauche etwas Zeit.«
    Geiger nickte. Er fragte nicht, wozu.

18
     
    Die Sonne ließ die Buchenkronen in unpassendem Gelb auflodern. Nur da und dort wahrten ein paar Tannen immergrün die Würde des Waldes. Von allen Ästen schwirrte und

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