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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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wie der Überfall auf der Straße durch die Heide, hatte sie es nie vergessen. Er hatte sie ins Stroh gestoßen und begrapscht, und es war nur dem Einschreiten von Simon Burroughs zu verdanken, des obersten Kutschers von Lazen, dass das, was, wie Julius wimmerte, nur «vetterlicher Spaß» war, ein Ende gefunden hatte. Burroughs hatte Julius die Nase gebrochen, was offiziell einem Sturz vom Pferd zugeschrieben werden musste. Auf Campions Beharren hin erfuhr der Graf nichts von dem Vorfall.
    Als die Musik abrupt endete, verbeugte sich Lord Culloden vor ihr und applaudierte dann höflich den Musikern. Er bot ihr seinen Arm. «Ihr Vater ist der Meinung, man sollte ihm kein Geld mehr schicken.»
    «Ich hoffe, Sie haben ihm beigepflichtet, Mylord.»
    «Es steht mir wohl nicht zu, dem zuzustimmen oder zu widersprechen, oder?» Lächelnd schaute er sie an. «Ich möchte nicht, dass Sie mich für anmaßend halten.»
    «Wenn mein Vater Sie um Ihre Meinung gebeten hat, Mylord, würde ich Sie nicht für anmaßend halten.»
    Campion ging mit ihm auf das Podium hinauf, wo eine Tafel üppig mit Wein und Punsch bestückt war. Sie nahm ein Glas Rotwein und trank. Obwohl sie sich um Lazen kümmerte, gab es immer noch einiges, was ihr Vater ihr vorenthielt. Die Zuwendungen für seine englischen Verwandten gehörten dazu, und Campion war weder zurate gezogen worden, noch hatte sie je versucht, in dieser Sache Einfluss auf ihn zu nehmen. Sie sah Lord Culloden an. «Sie müssen das sagen, was Sie für das Beste halten, Mylord.»
    Er hielt sie die ganze Zeit am Arm, wie um zu demonstrieren, dass er bereits zur Familie gehörte. Ob er schon an ihren Vater herangetreten war und ihn um seine Erlaubnis gebeten hatte, um ihre Hand anzuhalten? Was würde sie antworten, wenn der Augenblick käme – falls er kam? Der Gedanke ließ sie den großen, fröhlichen Saal nach dem Zigeuner absuchen. Jetzt wurde zu dem Tanz «Old Man in a Bed of Bones» aufgespielt, äußerst urwüchsig in seiner derben Ausgelassenheit, und da sie keine Spur des Zigeuners sah, grübelte sie, ob er ferngeblieben war, weil er einem so durch und durch englischen Fest nicht traute. Sie lächelte, als sie Onkel Achilles entdeckte, der keine solchen Hemmungen hatte und fröhlich mit zwei jungen Frauen aus der Ortschaft herumtollte.
    Am hinteren Ende des Raums krachte es, und Campion wusste, dass jemand betrunken umgekippt war. Es würde nicht der Letzte sein. Ohne einen Takt auszusetzen, ging das Orchester zu «The Friar and the Nun» über, was Gelächter hervorrief, und sie schaute in Lord Cullodens zusammengekniffene Augen. «Kennen Sie diesen Tanz?»
    «Nein, leider nicht, Mylady. Meine Erziehung war auf traurige Weise unvollständig.» Er lachte. «Wollen Sie ihn mir beibringen?»
    Sie grinste glücklich. «Nein, Mylord, aber Sie dürfen mir zusehen. Sir George?»
    Sir George Perrott hatte schon zu dieser Musik getanzt, bevor Campions Mutter auf der Welt war. Spöttischer, fröhlicher Beifall erhob sich, als die beiden das Tanzparkett betraten, denn es wurde erwartet, dass die Herrschaften von Lazen sich an diesem lärmenden Spaß beteiligten. Lord Culloden, der vom Podium aus lächelnd zuschaute, hatte noch nie so glückliche und so lebendige Gesichter gesehen. Er lachte, als sie die alte Geschichte mimten, die Reverend Horne Mounter und seine beleibte, sittenstrenge Frau jedes Jahr aufs Neue schockierte.
    Culloden schloss sich dem Applaus an. Simon Stepper winkte mit seiner Flöte, rief etwas, und das Orchester spielte ausgelassen eine neue Melodie. Die Halle jubelte, Sir George lachte, und Campion reichte dem alten Mann die Hand zum «Cuckolds All in a Row».
    Die Musik erfüllte die Halle, das Klatschen der zahllosen Menschen, die um die Tanzfläche herumstanden, schien den Boden zu erschüttern und die Luft von der Fröhlichkeit des Tages vibrieren zu lassen. Hier zeigte sich das kleine Königreich von seiner besten Seite, vereint und herrlich. Campions Gesicht strahlte vor Freude. Sie löste sich von Sir Georges Hand und wurde lachend von einem Mann zum nächsten gereicht, vom Diener zum Müller, vom Müller zum Brauer, vom Brauer zum Squire, vom Squire zum Bauern, und vom Bauern zum Zigeuner.
    Sein Anblick überrumpelte sie vollkommen. Die Berührung seiner Hand ließ sie erstarren, sie verpasste den nächsten Schritt und musste sich beeilen, um ihn nachzuholen. Der Patzer löste in der Halle Gejohle aus.
    Am Ende drehte sie sich um und schaute nach ihm, doch er

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