Die dunklen Engel (German Edition)
schien so schnell verschwunden zu sein, wie er aufgetaucht war. Als wären die Berührung seiner Hand und der kurze Blick aus seinen blauen Augen ein Traumgespinst gewesen. Die Musik spielte wieder schneller, sie trat vor, hielt mit den Händen ihr Kleid hoch, sodass man ihre Fesseln sehen konnte, dann wurde sie von Sir George heftig herumgewirbelt, trat rückwärts wieder neben die Frau des Gastwirts, und die Musik endete. Tosender Jubel erhob sich. Die Musiker leiteten auffordernd zu «Up Tails All» über, doch Campion fand, die herrschaftlichen Pflichten müssten ihre Grenzen haben, und schüttelte lächelnd den Kopf.
Sie verließ mit Sir George die Tanzfläche, der ihr, ermächtigt durch hohes Alter und alte Freundschaft, einen Arm um die Taille legte. «Allmählich sind die meisten ziemlich betrunken, meine Liebe.»
«Sie hören sich schon an wie Mrs. Mounter, Sir George.»
Er lachte. «Gott behüte. Wo ist die Dame?»
«Wahrscheinlich im Gartenzimmer auf der Suche nach Staub», antwortete Campion lachend. Die Pfarrersfrau hielt die ganze Gemeinde mit ihren Besuchen in Schrecken, selbst Lazen Castle hatte wegen schlampiger Haushaltsführung schon den einen oder anderen Tadel einstecken müssen. Campion lenkte Sir George nach links und blieb mit ihm unter dem Mistelzweig stehen.
Er sah sie an. «Meine Liebe?»
Sie gab ihm einen Kuss auf beide Wangen. «Fröhliche Weihnachten, Sir George.»
Er lachte. «Das wird es jetzt, wenn die Aufregung mir nicht den Rest gibt. Kommen Sie, meine Liebe, ich muss Sie zu Ihrem stattlichen jungen Offizier zurückbringen.»
Selbst Sir George betrachtete Lord Culloden schon als ihren Mann. Seine Lordschaft lächelte, als sie die Stufen hinaufstieg, und applaudierte ihr leise, indem er mit den Fingerspitzen der einen Hand die Handfläche der anderen berührte. «Etwas zu essen?»
Ihre Augen funkelten, ihr ganzes Gesicht war von Glück durchflutet. Auch ohne die Diamanten und Perlen hätte sie an diesem Abend gestrahlt. Sie lächelte Culloden an und ließ sich von ihm ins Gartenzimmer des Alten Hauses führen, wo warme Speisen auf die vornehmen Gäste warteten.
Die Diener, die bei der Lotterie die kurzen Strohhalme gezogen hatten und deshalb an diesem Abend arbeiten mussten, begrüßten sie im Gartenzimmer, rückten ihnen die Stühle zurecht und brachten dann Teller mit Essen und einen Kühler mit Champagner. Lord Culloden hatte sie zu einem etwas abgelegenen Tisch in einer Fensternische geführt, die durch Vorhänge von der rauen Nacht draußen getrennt war. Die Musik war nur noch von ferne zu hören. Er lächelte sie an. «Ein herrliches Weihnachtsfest.»
«Finden Sie wirklich?»
«Weihnachten sollte immer so sein.»
Sie lachte, erfreut über das Kompliment. Weihnachten auf Lazen war für sie etwas Besonderes. «Als meine Mutter noch lebte, war es noch schöner. Sie hat sie alle müde getanzt, alle miteinander!» Sie lächelte. «Ich war noch klein und habe von der Treppe aus zugeschaut. Toby und ich haben so gerne die Betrunkenen beobachtet.»
«Und es schert sich niemand darum, dass sie sich betrinken?»
Sie lachte. «Es ist Weihnachten! Einige müssen in Schubkarren nach Hause geschafft werden. In der Kirche morgen werden alle vor Reue stöhnen.» Sie trank ihren Champagner. «Und Sie genießen es auch ganz bestimmt, Mylord? Unsere ländlichen Vergnügungen sind Ihnen nicht zu grob?»
«Sind ländliche Vergnügungen nicht die besten?»
Eine geschickte Antwort. Ländliche Vergnügungen waren Freuden des Fleisches, etwa, wenn zwei sich im Heu tummelten, und doch hatte er nur ihre Worte aufgegriffen, sie geneckt, und sie konnte nichts anderes tun als lächeln.
«Apropos», fuhr Lord Culloden fort, «reiten Sie am Dienstag aus?»
Sie nickte, denn sie hatte den Mund voll Pastete.
«Ihr Vater», sagte er behutsam, «möchte, dass ich zur Jagd bleibe.»
Sie vermutete, dass er ihre Zustimmung suchte. Stattdessen gab sie ihm eine unverbindliche Antwort. «Die Royal Horse Guards halten Sie so beschäftigt, Mylord?»
Er lächelte. «Ich muss für ein oder zwei Wochen zum Regiment, damit sie mich nicht ganz vergessen, doch ich würde gerne bleiben. Sie sollen die schnellsten Hunde in ganz England haben!»
«Das hoffen wir.» Trotz seines folgenreichen Jagdunfalls hatte ihr Vater immer noch eine Leidenschaft für die Jagd. Er hatte einen Rüdemeister angestellt, um leichtere Jagdhunde zu züchten. Auch wenn der Graf der Meute nicht mehr folgen konnte, wünschte er
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