Die dunklen Engel (German Edition)
Schüssel warmes Wasser und heiße Handtücher brachte.
Es war Heiligabend, der Tag, an dem traditionellerweise gefeiert wurde, an dem die Ortschaft ins Schloss kam und dort Wannen voll Frumenty , Teller voller Pasteten und Fässer voll Punsch serviert bekam. Es war der Tag, an dem in der Galerie Musik erklang und in den großen Kaminen Feuer angezündet wurde. Der Tag, an dem Fässer voll Ale und Pudding serviert wurden, dessen Duft das gesamte Gebäude von einem Ende zum anderen erfüllte, und wenn Mitternacht näherrückte, würden große Platten mit gebratenen Gänsen den Menschen in der großen Halle begeisterte Jubelrufe entlocken.
Menschen, die erwarteten, dass Lady Campion heiratete. Das Gespräch darüber schien durchs Schloss zu geistern wie ein Flüstern in allen Zimmern, in allen Korridoren, in allen lächelnden Gesichtern, die sie begrüßten. Lord Culloden war erst ein paar Wochen in Lazen, und schon erwarteten alle im Schloss, das ganze Gut, dass es eine Hochzeit geben würde.
Lord Culloden hatte nichts gesagt. Er war korrekt, höflich und charmant, doch allein seine Anwesenheit nährte das Gerücht, dass Lady Campion verheiratet sein würde, bevor das Laub wieder fiel.
Sie kleidete sich mit mehr Sorgfalt als normalerweise.
Mrs. Hutchinson schlich um sie herum, strich ihr Kleid glatt, wo es nichts zu richten gab, und zupfte an ihrem Haar, das wie blasses, schimmerndes Gold war. «Sie sind bildschön!»
«Ich bin erschöpft, Mary.» Wie gewöhnlich hatte Campion sämtliche Festvorbereitungen überwacht.
Mrs. Hutchinson lächelte. «Sie sehen entzückend aus, meine Liebe, ganz entzückend.» Was sie meinte, war, wie Campion wusste, dass sie für ihn entzückend aussah.
Doch für wen?
Denn auch der Zigeuner war da.
Sie hatte ihn gesehen, und bei seinem Anblick nach so langer Zeit war ihr, als durchbohrte ein Pfeil ihr Herz. Sie hatte geglaubt, ihn vergessen zu haben, gemeint, das schlanke, dunkle Gesicht mit den seltsam blauen Augen sei bloß eine Erinnerung. Sie hatte sich eingeredet, ihre Gedanken an den Zigeuner gälten nicht einem realen Mann, sondern dem Idealbild eines Mannes, einem Traum, und dann hatte sie sein lächelndes, starkes, kluges Gesicht gesehen, und es war ihr vorgekommen, als hätte ihr Herz einen Augenblick ausgesetzt. Sie hatte eine unerklärliche, verzauberte Freude empfunden und sich dann abrupt abgewandt.
Er hatte einen Brief von Toby gebracht, der immer noch in Frankreich war, wo er für den geheimnisvollen Lord Paunceley arbeitete. In seinem Brief bat er sie um Verzeihung, dass er an Weihnachten nicht in Lazen sein konnte. Stattdessen war der Zigeuner nach Lazen gekommen, und an diesem Heiligabend, genau wie bei dem alten römischen Fest der Saturnalien, auf welches das Weihnachtsfest ursprünglich zurückging, feierten die Dienstboten in Lazen zusammen mit denen, denen sie dienten. Heute Abend war der Zigeuner ihr gleichgestellt.
Die blauen Bänder hingen aus ihren Ärmeln und würden beim Tanzen herumwirbeln.
Am Hals trug sie Saphire.
In ihrem Haar steckten Perlen.
Sie betrachtete ihr Spiegelbild. C. L. und L. C.
Lord Culloden war als Held in ihr Leben getreten, wie ein Sir Galahad oder Sir Lanzelot. Er war groß, er war begierig zu gefallen, und er war glücklich, sie glücklich zu machen.
Es wollte ihr nichts einfallen, was ihr an Lord Culloden missfiel. Vielleicht seine leicht herablassende Art gegenüber seinen Untergebenen. Vermutlich stammte diese Herablassung daher, dass seine Familie kein Geld hatte, und kam aus der Angst, mit noch ein bisschen mehr Pech zu denen hinabzusinken, auf die er herabblickte. Auf der anderen Seite legte er, je vertrauter er mit dem Wohlstand und den Privilegien von Lazen wurde, einen trockenen und zuweilen recht kultivierten Witz an den Tag. Campion verschmierte den roten Pfeil mit den Fingern. C. L. war L. C. durchaus zugetan. Vielleicht mochte sie ihn sogar sehr, doch es führte kein Weg an der unbehaglichen Tatsache vorbei, dass sie, wenn sie ihn sah, nichts empfand. Zumindest empfand sie nicht die köstliche, heimliche Erregung, die sie beim Anblick des Zigeuners durchfuhr.
Sie wünschte, der Zigeuner wäre nicht gekommen. Einen Augenblick starrte sie auf die grauen, finsteren Wolken draußen vor ihrem Fenster. Kalt standen die Hügel jenseits des Tals, ihre Kämme krümmten sich unter dem Winterhimmel, als litten sie Schmerzen. Oben auf dem Two Gallows Hill hing wie ein schwarzer Sack der Mann, der sie
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