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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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du es heute Abend tragen?»
    Kitty bestätigte, dass sie das vorhatte, wenn sich denn die Falten bis dahin gestreckt hätten und wenn Laura in Rot erschiene. Laura hatte dicke sandfarbene Locken und überall Sommersprossen, die annähernd die gleiche Farbe wie ihr Haar hatten, und eine kleine Stupsnase. Sie war eines der hübschesten Mädchen des Hauses, und zusammen gaben sie ein beeindruckendes Paar ab. Wenn sie gemeinsam in Rot und Grün durch den Tanzsaal schlenderten, könnten sie gewiss sein, den Blick so manches Gentlemans auf sich zu ziehen.
    «Nun gut, also werde ich in Scharlachrot erscheinen», sagte Laura. Sie nahm ein paar kleine, vornehme Schlucke von ihrem Negus und setzte dann das leere Glas ab. «Wir sollten wohl bald zurück sein. Trink aus.»
    Heute Abend waren sie dran mit Ausgehen, was bedeutete, dass sie rechtzeitig anfangen müssten mit dem Zurechtmachen. Manchmal blieben sie einfach nur im Jane’s und unterhielten, wer immer hereinschneite; an anderen Abenden schlenderten sie durchs West End, besuchten die Casinos und Tanzlokale, um diejenigen anzulocken und mitzunehmen, die genug Geld hatten und in der Stimmung waren, es für sie auszugeben.
    Kitty leerte ihr Glas und brachte die Verpackung ihres neuen Kleides wieder in Ordnung. Draußen wirkte die bereits tiefstehende Sonne noch leuchtend hell nach dem holzgetäfelten Schummerlicht im Royal. Die beiden Frauen schlenderten über den belebten Haymarket, wobei Kitty das sperrige Paket fest umschlungen hielt. Eine Horde rotznasiger Straßenkinder tanzte um sie herum und bot der Lady Hilfe mit ihrer Last an. Laura scheuchte sie fort und warf ihnen schließlich ein paar Viertelpencestücke auf die Erde, als sie sich nicht abschütteln ließen.
    «Es sollte mich nicht wundern, wenn Lord Marldon uns bald einen Besuch abstatten würde», sagte Laura. «Lass uns hoffen, dass das heute Abend sein wird oder an einem der anderen Tage, wenn wir in der Stadt sind.»
    «Ach so?», antwortete Kitty. «Warum denn das?» Sie vertraute Laura zwar, hatte jedoch strikte Anweisung, nicht einer einzigen Seele etwas über ihren Grund zu erzählen, weshalb sie bei Madame Jane’s arbeitete. Also tat sie ihr Bestes, um möglichst locker und beiläufig nachzufragen.
    «Weil ich mit dem Mann einfach nicht kann», erklärte Laura und erhob ihre Stimme über den Lärm der Droschken und der Straßenhändler hinweg. «Ach, er ist einfach ein schrecklicher Kerl, wirklich. Er schneit rein, steckt seine Nase hier rein, verändert dort etwas und guckt uns Mädchen in einer Art und Weise an, die einem das Blut zum Kochen bringt. Und er macht auf jeden Fall Jane das Leben schwer. Ich kann dir sagen, das letzte Mal, als er da war, da hat er …»
    «Nein», unterbrach Kitty sie. «Ich meine, warum denkst du, dass er uns besuchen wird?»
    Sie kamen an eine Ecke, wo sich wie üblich eine Horde von Männern um einen der berüchtigten Taschenspieler scharte, und sie drängelten, um einen Blick darauf zu erhaschen, was er diesmal auf den Kisten vor sich vorführte. Kitty und Laura zwängten sich an ihnen vorbei, ignorierten dabei ein oder zwei spöttische Bemerkungen und bogen dann in die Panton Street ein.
    «Die Sommersaison ist bald zu Ende», antwortete Laura, als sie den Lärm hinter sich gelassen hatten. «Er stattet uns immer einen Besuch ab, bis er dann wieder auf dem Land verschwindet. Das Geschäft im Herbst ist längst nicht so gut, weißt du. Weil doch die betuchten Leute dann alle auf die Jagd gehen. Aber dann nervt uns Seine Lordschaft wenigstens nicht mehr, und man soll ja auch für die kleinen Wohltaten dankbar sein.»
    Kitty fühlte, wie die Panik sie packte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Marldon verschwinden würde. Hatte er wohl vor, Clarissa mitzunehmen?
    «Sie sagen, er hat vor zu heiraten», fuhr Laura fort. «Das kann ich aber gar nicht glauben. Da genügt doch ein Blick, um zu erkennen, dass der Kerl ein richtiger alter Perverser ist. Wer würde zu dem wohl ‹Ja, ich will› sagen? Ich jedenfalls nicht, das ist schon mal klar.»
    «Kann ja sein, dass die Braut gar keine andere Chance hat», mutmaßte Kitty und versuchte, so noch ein bisschen mehr Informationen herauszukitzeln. «Er könnte ja irgendeine Form von Macht oder Gewalt über sie haben.»
    Laura lachte kurz. «Ach du lieber Gott! Meinst du, er hat sie in Familienmanier rangeschafft? Nun, selbst wenn das so wäre – ich würde eher einem Bastard einen blasen, als dass ich ihn heiraten würde.

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