Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Hose.
Clarissa beugte sich hinunter, um ihren Unterrock vom Boden aufzuheben, aber Marldon stieß ihn lässig mit der Fußspitze beiseite.
«Lass ihn», sagte er. «Du wirst ihn doch gleich wieder ausziehen müssen.»
«Aber ich kann doch so nirgendwohin gehen», zischte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
«Es sind doch nur die Bediensteten», schnauzte er. «Und die haben ohnehin schon fast alles von dir gesehen.»
«Nein», sagte Clarissa und zog die Decke hoch, um ihren Körper zu verstecken. «Lass sie nicht zusehen. Das mag ich nicht.»
«Das tust du doch», antwortete er und streifte seinen Rock über. «Aber mach dir darüber keine Gedanken. Heute Nacht, Clarissa, werden wir allein sein.»
Kapitel acht
Im Türrahmen zögerte Clarissa, die Hände über ihren Schoß gelegt, und ließ den Blick durch den kleinen Raum wandern.
Es handelte sich um ein fensterloses, achteckiges Zimmer, in dessen ebenholzverkleidete Wände hohe Spiegel eingelassen waren. Wandleuchter, die aus geschnitzten nackten Figurinen bestanden, hielten violette Kerzen in ihren ausgestreckten Händen, und ein Muster aus toten Tieren, glänzend und schwarz, bedeckte den Boden. Das einzige Möbelstück im Raum war eine niedrige Couch, deren Rahmen aus verschnörkeltem Silber bestand und die mit mitternachtsblauem Satin gepolstert war.
Lord Marldon legte ihr seine Hand ins Kreuz. Von ihr ging ein Beben aus, das sich wie ein kühler Schauer durch ihren Körper zog.
«Geh weiter», sagte er und schob sie vor sich her. «Hier drinnen gibt es viel zu bewundern.»
Ihre nackten Füße tappten fast lautlos über den seidigen Teppich. Durch die durch die Spiegel erzeugte Tiefe schien sich der Raum bis in die Unendlichkeit auszudehnen, und ebenso empfand Clarissa es für sich selbst auch. Sie sah jede kleinste Bewegung, jedes nervöse Zucken ihrer Augen, auch die vergeblichen Versuche, ihrem Spiegelbild zu entfliehen. Irgendwo in der Ferne sah sie sich als ein kleines Wesen, ein flatterndes Insekt, das in einem Gewirr von Kerzenflammen gefangen war.
Marldon schloss die Tür. Im Spiegel sah Clarissa auf die schwarze Vertäfelung daneben. Sie schoss herum, um genauer hinzusehen, hoffte, einer Illusion erlegen zu sein, einer Lichtspiegelung. Aber es war keine.
Von der Wand hingen, an sechs Punkten verankert, stabile Lederriemen, an denen breite Ledermanschetten befestigt waren. Sie baumelten schlaff herab, die untersten davon hingen bis auf die Erde und erwarteten geduldig ihren nächsten Gefangenen. Clarissa schnappte nach Luft und verfluchte sich im Stillen. Sie hätte es wissen müssen. Als Marldon sagte, er wolle ihre Sehnsüchte stillen, da hatte er die Sehnsüchte gemeint, die er in ihr zu erkennen glaubte, nicht etwa diejenigen, die sie bereits kannte.
Sie wandte sich voller Beklommenheit zu ihm um. «Was habt Ihr vor?», flüsterte sie.
Alec begann, seine Hemdärmel aufzukrempeln und lächelte. Die Spiegel zeigten hundert grausame Gesichter, die ihr hundertfach ein kaltes Lächeln zuwarfen.
«Dein Problem ist die Beherrschung», antwortete er gleichförmig. «Nein, lass es mich anders ausdrücken. Du hast zu viel Selbstbeherrschung. Sie verlässt dich nur manchmal, und das ist auch nicht ungewöhnlich. Es geschieht uns allen. Ekstase und Verlangen sind unglaublich gute Gleichmacher. Jeder lässt sich von ihnen überwältigen, jeder lässt sich von ihnen auf pure Fleischeslust reduzieren.»
Er durchschritt den Raum mit auf dem Rücken verschränkten Händen und sprach zu einem imaginären Publikum. «Schau, ich möchte keine Frau haben, die sich beherrscht. Wenn ich so etwas erlebe, reizt es mich immer, diese Person sämtlicher Schutzhüllen zu berauben. Ich möchte sie von allem befreien, was die Menschheit mühselig entwickelt hat, all jene Dinge, von denen wir glauben, dass sie uns über die Tiere erhaben machen: Würde, Selbstbeherrschung, der ach so verehrte Intellekt, die heilige Seele. Ich will sie herabsetzen, sie konzentrieren darauf, nichts anderes zu sein als Fleisch und Verlangen. Ist es nicht seltsam, wie reizvoll manche Dinge immer wieder sein können?»
Er drehte sich zu Clarissa um. «Setz dich dorthin», sagte er. Er machte eine Kopfbewegung in Richtung auf einen der Spiegel, die von der Decke bis zum Boden reichten.
Clarissa kniete davor nieder, während ihre wachsamen Augen den Bewegungen seines Spiegelbildes folgten.
«Auf deinen Arsch, mein Fräulein», befahl er. «Und mach deine Beine
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