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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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mit brusthohen Geländern, der sich über das Marschland zog wie ein auf Insel und Ufer aufliegender Zollstock und jetzt unter unseren Schritten dröhnte und bebte. Da heulte plötzlich etwas irgendwo hinter uns, laut genug, um den Mond vom Himmel zu rütteln. Vermutlichhatte mein Verfolger soeben entdeckt, dass ihm seine Beute wieder durch die Lappen gegangen war. Der Ghallu brüllte noch einmal ohrenbetäubend, dann kam ich beinah ins Straucheln, als die Brücke auf einmal anfing zu ächzen und zu wackeln wie bei einem Erdbeben der Stärke sieben. Das heiße, gehörnte Etwas kam hinter uns die Fußgängerbrücke entlanggedonnert wie ein echter Güterzug auf einem Modelleisenbahngleis. Die einzige Frage war, wie weit wir es hinüber schaffen würden.

37
GLAUBEN

    E rst die Hälfte der Brücke hinter uns, und ich fühlte schon die Hitze des Monsters in meinem Rücken, trotz des kalten Bay-Winds. Sam war ein paar Schritte vor mir, aber er spürte es garantiert auch. Der Ghallu war vielleicht noch fünfzehn Meter hinter uns und holte rasch auf, auch durch die Enge der Brücke nur unwesentlich behindert. Er würde uns kriegen, lange bevor wir die Insel erreichten. Zeit für Plan B. Das Problem war nur, dass ich keinen solchen hatte.
    Aber er konnte Wasser doch nicht leiden? Und jetzt jagten wir dicht über der San Francisco Bay dahin. Ich überlegte ernsthaft, einfach übers Geländer zu springen, in der Hoffnung, dass uns das retten konnte, aber ich hatte keine Ahnung, wie tief das Wasser war – vielleicht nicht mal einen Meter – und wie sehr die Kreatur wirklich H 2 O verabscheute, und ich war nicht scharf darauf, beides erst dann herauszufinden, wenn es zu spät wäre, etwas anderes zu probieren.
    Ich legte einen Zwischenspurt ein und kam mit Sam gleichauf. »Ich will was probieren«, sagte ich oder versuchte es zumindest zwischen meinen keuchenden Atemzügen. »Was auch immer du tust, renn auf jeden Fall weiter.«
    Es sprach für Sam (oder zumindest für unsere verzweifelte Lage), dass er gar nicht erst widersprach, sondern nur den Kopfsenkte und noch ein paar Stundenmeilen mehr aus seinen Beinen herauszuholen versuchte. Ich warf einen Blick zurück und sah, das Monster nah genug hinter uns um mich umzudrehen und in die Hocke fallen zu lassen, was ich auch tat. Die Five-Seven ist eine leichte Pistole, aber ich nahm eine stabile Schussposition ein und stützte meine Schusshand mit der anderen Hand ab, weil ich so verdammt heftig zitterte, und tat dann mein Bestes, eine Kugel genau in eins dieser beiden glutroten Augen zu jagen, die auf mich zukamen wie die Scheinwerfer eines Höllentrucks. Silber mochte den Ghallu zwar nicht töten, aber ich fragte mich, was er davon halten würde, ein projektilgroßes Stück von dem Zeug direkt ins Auge zu kriegen – und, wenn ich Glück hatte, vielleicht von da geradewegs in das, was bei ihm als Gehirn fungierte.
    Aber ich hatte kein Glück. Das Monster stutzte nicht mal, und die Brücke unter mir hüpfte und wackelte von seinen Trampelschritten, als ich abdrückte. Der Ghallu richtete sich just in dem Moment auf, meine Pistole zielte zu tief, und statt ihn ins Auge zu treffen, sah ich einen feurigen Klumpen von irgendetwas dicht über seinem Knie wegspritzen.
    Der Ghallu kam jetzt aus dem Rhythmus, warf den Kopf zurück und stieß ein grollendes Wut- und, wie ich demütig hoffte, auch Schmerzgebrüll aus, so laut wie eine Lawine aus Schrottmetall. Ich schoss wieder und traf ihn diesmal in die Brust. Er schlug nach der schmelzflüssigen Wunde, nicht tödlich verletzt, aber von Schmerz abgelenkt, und kam dann ins Stolpern, krachte gegen das Geländer, zertrümmerte die Redwood-Kanthölzer wie Balsaholzlatten und fiel, mit den Armen rudernd, ins Wasser. Zischender Dampf stieg auf und vernebelte die Sicht.
    Eine lange Sekunde starrte ich nur hin und fragte mich, ob ich ihn wirklich getötet hatte, aber dann richtete sich das mächtige Ungeheuer schwankend wieder auf; brodelndes Wasser lief an ihm herab und verdampfte. Die brackige Brühe reichte demGhallu kaum bis an die Knie, und er kam schon wieder auf die Fußgängerbrücke zu wie eine bodennahe Wolke. Erneut brüllte er. Diesmal klang es, als spuckte er Bay-Wasser, was das Geräusch aber nicht netter machte.
    Ich spurtete bereits hinter Sam her, als die gehörnte Wolke die fragile Brücke an der Stelle wieder zu erklimmen suchte, an der das Geländer gebrochen war. Als ich zurückblickte, schwelte das Holz unter den

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