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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Antwort an, aber da fiel mir etwas ins Auge. Ich wandte mich nach links und ging darauf zu. Sam rief, dass das die falsche Richtung sei, aber ich hörte nicht drauf.
    Er trabte mir hinterher. »Bobby? Was zur Hölle …?«
    »Die Hölle ist nicht das, was mich im Moment interessiert.«
    »Wovon redest du?«, sagte er, aber seine Stimme klang merkwürdig. »Was …?«
    Weiter kam er nicht, weil das ferne Geräusch, das sich schon während der letzten paar Sekunden verstärkt hatte, jetzt endgültig zu laut war, um es zu ignorieren. »Hubschrauber!«, sagte er, so wie Käpt’n Hook »Krokodil« gesagt haben musste. Ich knipste die Taschenlampe aus, und wir kauerten uns auf den Boden, das Gesicht ins spärliche Gras gepresst, und hofften wohl, dass wir aussehen würden wie die großen Steine auf dem Friedhof. Das ratternde Geräusch wurde noch lauter, bis der Hubschrauber genau über uns zu sein schien. Ein Scheinwerferstrahl stach herab und schwenkte über den Friedhof, einmal hin, einmal her, aber ohne uns zu erfassen – ich wusste es, weil ich vorsichtig aufschaute. Der Hubschrauber flog weiter, und ich sah den Lichtstrahl da und dort herabschießen, aber jedes Mal ein Stück weiter weg.
    Als ich das Geräusch der Rotoren nicht mehr hörte, stand ich auf, machte die Taschenlampe wieder an und fand, was mir vorhin ins Auge gefallen war. Als ich schon eine ganze Weile dastand und stumm daraufstarrte, rappelte Sam sich hoch und humpelte zu mir herüber. »Was ist, Bobby?«, fragte er, aber es klang, als wüsste er es. Er sagte es wie jemand, der fragt, »Wie lange noch, Doc?«, in dem Wissen, dass die Antwort »Nicht mehr lang« lauten wird.
    Ich ließ den Lichtstrahl auf dem Grabstein spielen. Es bestand keine Notwendigkeit, irgendwas zu sagen. Die Inschrift war alt und verwittert, aber immer noch lesbar, selbst in dem funzeligen Licht der Taschenlampe.

    Moses Isaac Habari
    Geboren am 14 . Januar 1982 –
    aus dieser Welt gegangen am 20 . Mai 2004
    Vater, Bruder, Seelsorger, Mann des Friedens
    Ich drehte mich um und sah Sam an, aber er starrte nur auf den Grabstein. »Woher wusstest du das?«, war alles, was er sagte.
    Es war nur ein leises Rascheln, aber da es in die Stille nach Sams Worten fiel, eine Stille, in der hundert Dinge durch meinen Kopf wirbelten, war es laut genug, um mich herumfahren zu lassen. Ich sah ein halbes Dutzend Gestalten aus etwa hundert Meter Entfernung über den Friedhof auf uns zustürmen.
    Diskussionszeit um.
    Wir rannten los, aber wir waren erschöpft, nass, zerschlagen und zerschunden; noch ehe wir zehn Schritte weit gekommen waren, krachten Schüsse. Unsere Verfolger hatten diesmal Ziellampen auf ihren Waffen, und bei jedem Haken, den ich schlug, folgten mir mindestens zwei davon. Ich rannte hinter Sam her, in der Hoffnung, dass er sich hier gut genug auskannte, um einen Fluchtweg zu finden oder wenigstens einen Ort, an dem wir uns verschanzen konnten, aber als wir eine Erhebung erreichten und sahen, dass wir fast am Ende des Friedhofs waren, stellte sich gleichzeitig heraus, dass dieser Teil keinen Eisenzaun hatte, sondern eine hohe Gedenkmauer. Sie wirkte zwar stabil genug, um allen Angriffen unterhalb eines Granatwerfers standzuhalten, aber wir waren eben auf der falschen Seite, um davon zu profitieren. Sie sah eher aus wie die Art Hintergrund, vor die einen ein Erschießungskommando stellt, bevor einem eine letzte Zigarette angeboten wird.
    »Was zum Teufel …?«, keuchte ich.
    »Sorry«, war alles, was Sam sagte, aber wir stolperten schon bergab, und die Mauer ragte vor uns auf, und ich musste jäh abbremsen, um nicht gegen die Tafeln mit eingravierten Namen zu prallen – Dutzende, wahrscheinlich alles Soldaten, deren letzte Augenblicke so ähnlich gewesen sein mussten wie dieser hier. Ich drehte mich um und schoss – noch fünf Schuss übrig –, aber die Männer, die uns jagten, waren schon hinter Grabsteinen in Deckung gegangen, und meine trotzige Kugel ging fehl. Keinerder Verfolger war weiter als zehn, zwölf Meter weg, und vier oder fünf Lichtstrahlen erfassten uns.
    »Das war’s, Dollar!«
    »Am Arsch, Howley!«, rief ich. »Das haben Sie vermutlich letztes Mal auch gesagt.« Aber es war schwer, die rechte Verächtlichkeit aufzubringen, während wir ein so leichtes Ziel darstellten.
    »Waffe wegwerfen, oder ich blase Ihrem Freund Sammariel das Licht aus, und Sie sitzen allein in der Scheiße.«
    »Tu’s nicht«, sagte Sam leise.
    »Gibt nicht viele Alternativen,

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