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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Zeit war, hielt ich einfach auf seine dunkle Mitte und drückte ab, jagte dann ergänzungshalber noch einen zweiten Schuss hinterher. Ich sah beide Kugeln treffen, und dasMonster erschauerte, als das Silber eindrang, und verlangsamte seine Riesensätze zu einem Stolpern. Tropfen von schmelzflüssigem Orange schossen aus seinem Leib wie Sonneneruptionen, aber die Kugeln töteten es so wenig, wie Meteoriten die Sonne töten könnten. Alles, was es mir brachte, war Zeit, meine Füße wieder unter mich zu bekommen und auf das dunkle Becken zuzurennen.
    Noch etwas hatte Sam richtig vorhergesagt: Im Becken war Salzwasser aus der Bay – aber nicht nur. Ungeschützt den Elementen und weiß der Höchste was sonst noch für unappetitlichen Einflüssen ausgesetzt, stank das Wasser wie eine Kloake und klebte wie Öl. Meine Arme verfingen sich in herumschwimmenden Ästen und sonstigem Zeug. Ich ließ mich davon nicht stören, sondern paddelte so schnell wie möglich ans tiefe Ende, wo auf den angeschlagenen Fliesen noch schwach eine »12« erkennbar war – zwölf Fuß Wassertiefe, hoffte ich, nicht »Bahn 12« oder etwas ähnlich Unnützes. Dort angekommen, drehte ich mich, Wasser tretend, um und wartete, bemüht, meine Pistole über der Dreckbrühe zu halten.
    Ich brauchte nicht lange zu warten. Grollend und knurrend krabbelte das riesige Biest ein Stück den Beckenrand entlang, wie um zu taxieren, ob es mich von da aus erreichen konnte, und sprang dann ins trübe Wasser. Ein Dampfgeysir schoss empor.
    Auch im Wasser war der Ghallu schnell. Wie ein Hai kam er auf mich zu, nur ein dunkler Buckel unter der Wasseroberfläche. Gerade hatte ich zu meinem Schrecken gelernt, dass etwas, das kein Wasser mag, deswegen noch lange kein Nichtschwimmer ist. Ich tauchte ab und fühlte das Monster in einem Schwall von sengender Hitze und wildem Brodeln direkt über mich hinweggleiten; seine Flammen waren zwar für den Moment gelöscht, seine Haut aber immer noch so heiß wie ein Brandeisen.
    Der Ghallu wendete und pflügte wieder auf mich zu. Ich tatmein Bestes, das Brennen der Dreckbrühe in meinen Augen zu ignorieren, während ich mich mit Beinschlägen aus der Reichweite des Ghallus zu bringen suchte, aber ich war nicht schnell genug, und im nächsten Moment war er direkt über mir.
    Ich bin kein Olympiaschwimmer. Meine Vorgesetzten haben mir einen guten Körper gegeben, aber nicht den von Superman. Die Schnelligkeit und Kraft des Ghallu überstiegen die Möglichkeiten der menschlichen Physis, auch dann, wenn ein Engel darin steckte. Als ich mich ein weiteres Mal davonzuschnellen versuchte, reckte er den Arm und packte mich – ich fühlte, wie die Haut an meinem Fußgelenk Brandblasen warf. Ich drehte mich um und wollte schießen, in der Hoffnung, dass ich noch eine Kugel hatte und die Five-Seven auch unter Wasser funktionierte, aber irgendwelches umhertreibende Zeug hatte sich um meinen Abzugsfinger gewickelt, und ehe ich es abschütteln konnte, riss mich das Monster zu sich.
    Mich an einem Bein mitschleifend, tauchte es auf und arbeitete sich spritzend und platschend zum flachen Beckenende hinüber, wo es sich aufrichtete. Die Haut des Dämon-Ungeheuers war schwarz und so glatt wie die eines Delphins, und sie roch nach geschmolzenem Gummi und nach Schwefel. Auch in klatschnassem Zustand war das Monstrum noch unerträglich heiß, und als es da stand, bis zum Bauch im Wasser, liefen schon wieder kleine Flämmchen über seinen Kopf und seine Schultern und die restliche Feuchtigkeit verdampfte. Ich kämpfte mit aller mir noch verbliebenen Kraft, konnte mich aber nicht loswinden. Der Schmerz in meinem Fußgelenk war so heftig, dass ich nur beten konnte, es möge wirklich noch eine Kugel übrig sein, um sie mir selbst in den Kopf zu jagen und der Qual ein Ende zu machen. Der Ghallu war in ein volles Schwimmbecken gesprungen und hatte ein Pfund Silber weggesteckt und war bei alldem kaum aus dem Tritt geraten. Ich war am Ende meiner Möglichkeiten.
    Hilflos . Das ist das Wort.
    Doch statt mir den Kopf abzureißen oder mich zu Asche zu verbrennen, hob mich der Ghallu hoch und öffnete sein Maul, öffnete es immer weiter und weiter, bis es ein klaffendes Loch war und der ausgehängte Unterkiefer fast auf seiner Brust auflag. Und diesmal sah ich darin statt Flammen nichts – nichts . Nicht die Leere eines aufgerissenen Rachens, sondern das Nichts selbst, das trotz der Hitze des Ghallukörpers leere, eisige Kälte emporrülpste – ein bodenloser

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